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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

DOI Artikel:
Rauecker, Bruno: Die Bedeutung des Kunstgewerbes für den Gang und Aufbau des deutschen Handels
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0014

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die Handelsfunktion der vorkapitalisti-
schen Zeit, die in dem Prinzip »Kleiner
Umsatz, großer Nutzen vom Einzel-
produkt» ihre Verkörperung fand, hat
sich verschoben in eine solche, die im
Motto »Großer Umsatz, kleiner Nutzen
an der Einzelware, großer Nutzen am
Massenverkauf: den zeitgemäßen Aus-
druck sieht. Gerade diese geschilderte
Verschiebung aber kommt den allerseits
und unter allen möglichen Motiven ge-
faßten Absichten: dem Kunstgwerbe
möglichst breiten Absatz zu verschaffen,
den Handel mit kunstgewerblichen
Gegenständen zum Großbetrieb zu er-
weitern, auf das wärmste entgegen. □
□ 2. Die Zeiten des geruhsamen Kauf-
manns sind gewichen. Der Käufer will
herbeigeholt werden; auf alle mögliche
Weise, die hier nicht näher zu erläutern
ist und sich in dem Begriff der Reklame
in ihren verschiedensten Farbspielen
zusammenfassen läßt. Innerhalb der
letzten Jahre hat sich eine Art ästhetischer
Konkurrenz der vermöglichen Geschäfte
heraus gebildet. Es gehört zum guten
Ton, seine Drucksachen, Plakate, Re-
klamebücher usw. von »nur erstklassigen
Künstlern» entwerfen zu lassen. Die
Entwürfe dieser Künstler —, mit dem
Siegel der Anerkennung seitens der All-
gemeinheit, wie der besonderen Konsu-
mentenklasse, hier: Händler, versehen —,
erlangen immer mehr Monopolcharakter,
erzielen entsprechende Preise. Ein Vor-
gang, der manchen Händler von ästhe-
tischen Lasten sprechen läßt. Zudem:
viel beschäftigte Plakatkünstler nnd
Zeichner erwerben vordenGelegenheits-
entwerfern den technischen Vorteil des
»Training« in der Ausführung und er-
höhen hierdurch auch bei den Plakat-
instituten und den anderweitigen Liefe-
ranten kaufmännischer Drucksachen ihre
Beliebtheit. Sie wissen sich ihren maschinellen Hilfsmitteln
gewandt anzupassen und vermindern damit die Produktions-
kosten um ein Bedeutendes. Befragt, werden diese Institute
regelmäßig auf diese Künstler- und Zeichnerkategorie hin-
weisen und so auch ihrerseits deren Monopolstellung festi-
gen. Es braucht deshalb kaum gesondert betont zu werden,
daß die — heute immer mehr gangbare künstlerische Reklame
sehr viel Geld kostet, daß dieses Kapital nur im Großbetrieb
in genügender Menge vorhanden ist, daß folgerichtig kunst-
volle Reklame im allgemeinen nur vom Großbetrieb in Szene
gesetzt werden kann. Ein Heroldstoß mehr für die Tendenz:
Kunstgewerbe im großen — ein Schlag mehr gegen die
Innungsfreudigen. n
□ 3. Die Maßnahmen, Bemühungen und Gepflogenheiten,
die wir gewohnt sind in dem Begriffe »Kulanz« und
»Lage« eines Geschäftes zusammenzufassen, verstärken ihre
Bedeutung im Handel mit geschmacklichen Produkten, der
einen —wenigstens einigermaßen — verwöhnten Käuferkreis
durchgehends zur Voraussetzung hat. Hier ist es durch-
aus nicht mehr gleichgültig, ob die »Gnädige« über zwei
Höfe pilgern muß, an Kehrrichttonnen, Teppichausklopfern
und schmutziger Wäsche vorbei, um zu ihrem Handwerker
oder Händler zu gelangen oder ob sie aus dem Wagen
steigen kann, über dessen Schlag — es regnet — ein galo-

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