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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0085

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AUSSTELLUNGEN

Heute begegnen wir fast nach jedem größeren Wett-
bewerb nicht nur in den einschlägigen Fachblättern, sondern
auch in den Tageszeitungen spaltenlangen Polemiken über
angebliche Programmverletzungen seitens der Preisgekrön-
ten oder über schiefe und ungerechte Urteile der Preis-
richter. Das muß endlich aufhören; es schädigt nur die
an sich gewiß besten Absichten, die in den Wettbewerben
zum Ausdruck kommen sollen, und verleidet des weiteren
alle sonst noch Wettbewerblustigen, sich überhaupt noch
zu beteiligen.
Fasse ich die Punkte dieser Ausführungen zusammen,
so ergeben sich folgende knappe Forderungen:
1. Sorgfältige und gewissenhafte Vorbereitung aller
Wettbewerbe in allen für ihre Durchführung nötigen Unter-
lagen an Bestimmungen, Kostengrenzen, Plänen und Bild-
beilagen usw.
2. Sorgfältige Auswahl der für den speziellen Fall be-
sonders geeignet erscheinenden Preisrichter; man sehe
nicht nur auf Namen; man beschränke die Preisrichter auf
die zulässig geringste Zahl, sorge aber für unbedingt ein-
springende Ersatzleute.
3. Man vergewissere sich vor der Veröffentlichung der
Wettbewerbe der rückhaltlosen Anerkennung aller dafür
vorgesehenen Unterlagen seitens der Preisrichter.
4. Man unterziehe alle zu einem Wettbewerb ein-
gehenden Projekte so gewissenhaft und eingehend wie
möglich einer Vorprüfung, ob sie in allen Punkten rein
äußerlich den gestellten Bedingungen und Forderungen
entsprechen.
5. Nötigenfalls lasse man bei Meinungsverschieden-
heiten strittige Punkte durch objektive Sachverständige
klären, bevor der Schiedsspruch gefällt wird; werden die
Preise nicht einstimmig zuerkannt, wenigstens in bezug
auf den ersten Preis, daß etwa ein Drittel der Preisrichter
die Zustimmung versagte, so sind erste Preise nicht zu
verteilen. Unter allen Umständen wäre der erste Preis nur
dann zuzuerkennen, wenn nach einstimmigem Beschluß der
Preisrichter auch die Ausführung des damit bedachten Ent-
wurfes auch mit dem Ansehen der Preisrichter gedeckt
werden könnte.
6. Aber auch die Wettbewerber sollten sich verpflichtet
fühlen, zum mindestens rein äußerlich die gestellten Be-
dingungen voll und ganz zu erfüllen, sich aber nicht mit
dem Gedanken tragen, die Preisrichter durch unlautere Dar-
stellungsmittel und künstlerische Kniffe zu beeinflussen und
von der Bewältigung nüchternster Vorprüfung abzulenken.
Schlußbemerkung: Man schränke die Wettbewerbe
möglichst ein, um damit auch die vielen Unzufriedenen
zu einer Minderheit zusammenschrumpfen zu lassen. Die
ehrenhafte Durchführung aller Wettbewerbe sei aber Ehren-
sache aller Beteiligten! Karl Heinrich Otto.
WETTBEWERBE
Darmstadt. Wettbewerb für Anzeigen-Klischee-Ent-
würfe, ausgeschrieben von der Flügel- und Pianino-Fabrik
Rud. Ibach Sohn-Barmen. Einsendungen bis 15. Februar
1914. Einsendungen sind zu richten an die Verlagsanstalt
Alexander Koch-Darmstadt, die nähere Auskunft erteilt.
Für die Preise ist die Summe von 1000 Mark ausgesetzt.
Außerdem sind vorgesehen 4 Ankäufe ä 50 Mark, 10 An-
käufe ä 30 Mark. Insgesamt also 1500 Mark. Die Firma
Ibach behält sich das Recht vor, weitere Entwürfe zu je
30 Mark anzukaufen. Preisrichter: Maler und Architekt
Lucian Bernhard, Maler Ludwig liohlwein, ein Vertreter
der Firma Rud. Ibach Sohn, Hofrat Alexander Koch, die
Redakteure Fr. Sianger und H. Lang-Danoli, Kunstschrift-
steller Wilhelm Michel.

Berliner Ausstellungen im Dezember. Chinesische
Skulpturen (Sammlung von Dr. Friedrich Perzynski im
Königl. Kunstgewerbemuseum). Die altchristliche Epoche,
ängstlich alle Anklänge aus dem Heidentum vermeidend,
das man gerade verlassen hatte, verpönte die plastische
Darstellung von Figuren. Aber in dem Osten der Welt
trat der Buddhismus seinen Siegeszug an, und zur An-
betung des Buddha benötigte man die bildhauerische Dar-
stellung. — Die ausgestellten Stücke der Perzynskischen
Sammlung stammen aus dem 9. bis 10. Jahrhundert. Wir
sehen die Köpfe von Buddhas aus Stein oder gelbem
Marmor gehauen mit strengen, asketischen Zügen und
ornamental wirkenden Schmuckstücken behängen. Im Gegen-
satz zu diesen, fast klassisch zu nennenden Arbeiten stehen
die realistisch schauerlichen der »Machtgottheiten«. Häß-
liche Figuren mit grauenerregenden Gesichtszügen und
drohend erhobenen Armen, die aus Drachenköpfen springen
— so recht geeignet, Furcht und Schrecken im Tempel
Buddhas zu verbreiten. Wir haben es bei all diesen Dingen
nicht mit primitiven Äußerungen einer naiven Kunst zu
tun, sondern mit vollendeten Kunstwerken. Was aber diese
Ausstellung über den Rahmen einer gewöhnlichen, retro-
spektiven Kunstschau hinaushebt, das sind die Kolossal-
gestalten der Lohans, der Jünger Buddhas, die aus be-
maltem Ton hergestellt, mit zu den ergreifendsten Dingen
gehören, die Menschenhand formen kann. Wenn wir uns
diese mit verschlagenen Beinen dasitzenden Gestalten an-
schauen, mit ihren hohen, oft spitz zulaufenden Stirnen,
ihren scharf gebogenen Nasen und den flammend-schwarzen,
tiefliegenden Augen, dann wird uns aller religiöser Wahn-
sinn und buddhisthischer Fanatismus verständlich. Blitz-
artig verstehen wir in Haltung und Ausdruck dieser Männer
ihre Hingabe an den Meister, ihren wilden Glaubenseifer
und ihre wahrhafte, tiefe Religiosität. Und nicht zum
wenigsten erzählen diese Werke von der hohen Kultur
des Landes, in dem sie erzeugt wurden. — Eiserner Schmuck
aus dem Jahre 1813 (Ausstellung bei Richard L. F. Schulz
in der Bellevuestraße). •— Nichts Ostasiatisches, sondern
echt Deutsches. Der »eiserne Schmuck« stammt aus der
»eisernen Zeit«, in der Gold und Silber zum Krieg-
führen gebraucht wurden. Wahrscheinlich wollten auch
die Frauen ihren Patriotismus zeigen an dem eisernen
Gehänge, das ihnen so wirklich zum Schmuck ward.
Wir wissen ja, daß Männer und Frauen ihre goldenen
Ringe für eiserne eintauschten, die dann den Spruch
tragen: »Gold gab ich für Eisen«. — Die Goldschmiede
haben den eisernen Schmuck genau so gearbeitet, als hätten
sie es mit Gold oder Silber zu tun. Und wenn auch die
Schmuckstücke in den Edelmetallen einen ganz anderen
Glanz gehabt hätten, als in dem schweren, düsteren Eisen,
so kann man doch nicht leugnen, daß ihnen die müh-
selige Arbeit vortrefflich gelungen ist. Die kleinen, porträt-
ähnlich gearbeiteten Köpfe der Freiheitshelden sind wirk-
liche Kunstwerke, ebenso wie die anderen zahlreich ver-
tretenen Halsgehänge und Gürtelspangen. Die Schulzsche
Sammlung besteht zum Teil aus Gießmodellen, nach denen
sich noch heute manch hübsches Schmuckstück bilden ließe.
— Moderne Architektur (Ausstellung im Lesesaal des Kunst-
gewerbemuseums). Die Firma Ernst Wasmuth A.-G. hat
dem Kunstgewerbemuseum eine Anzahl Photographien ge-
schenkt, die die Entwicklung der modernen Architektur
treffend beleuchten. War früher der Kirchenbau das Lieb-
lingsobjekt der Architekten, so wenden sie sich jetzt dem
Profanbau mehr zu. Kommunen, Industrieunternehmen
und Privatleute wetteifern darin, ihnen große Aufgaben
zuzuweisen. Der zu früh verstorbene Messel hat den Typus

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