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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

DOI Artikel:
Segmiller, Ludwig; Breuer, Robert; Migge, Leberecht: Nachbemerkungen zur Internationalen Baufach-Ausstellung in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0098

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nicht denken. Niemals hat die deut-
sche Baukunst sich von der franzö-
sischen Art unabhängiger entwickelt,
als gerade während der letzten zehn
Jahre. Die größeren Ziffern des fran-
zösischen Betonumsatzes haben nicht
den geringsten Einfluß auf die Ent-
wickelung der deutschen Architektur
geübt. Was uns vorwärts brachte,
was uns, gemeinsam mit den angel-
sächsischen Völkern einen klar defi-
nierten Betonstil finden ließ, war die
Einsicht in die ewige Wahrheit: daß
jedes Volk die seiner Zeit prädesti-
nierte Form zu erringen habe. Mit
der engbrüstigen Theorie von der All-
mächtigkeit der Technik sollte man
heute wirklich nicht mehr operieren.
Mit all ihrer vorgeschrittenen Beton-
technik haben die Franzosen wohl
gewaltige Kanäle bauen können, sie
haben es aber nicht vermocht, die
traurigen Reste ihres Louis XVI. durch
eine wahrhaft moderne Architektur zu
ersetzen. Darauf allein aber kommt es
an. An solcher Erkenntnis gemessen,
verliert dann allerdings die Kreissche
Halle trotz all ihrer respektablen Ziffern
erheblich an Wert; sie ist eigentlich
nur ein Beweis dafür, daß sich aus
Beton alles machen läßt, auch eine
Kopie des römischen Pantheons. Wie
das gemeint ist, zeigte ganz ausge-
zeichnet das »Monument des Eisens«,
das Bruno Taut für den Stahlwerks-
verband entwarf. Kollman tadelte dies
Bauwerk, weil vielzuviel Eisen ver-
wendet worden sei. Damit wird er
wohl recht haben. Worin er aber irrte,
und was er nicht zu sehen vermochte,
war die Bewertung des architektonisch
Formalen. Die Tautsche Halle war
vielleicht keine erstklassige Reklame
für den T-Träger, sie war aber ein
Dokument der Zeit, eine Form, in
der die Wesenseinheiten der Gegen-
wart stabil wurden.
ROBERT BREUER
III. DIE GÄRTEN
Die Freundschaft »der Gartenkünst-
ler« habe ich nie sonderlich genossen.
Ihr Verständnis für meine Arbeiten
war durchschnittlich gering und sie
hat von jeher hauptsächlich an dem
Urteil gebildeter Laien Ermutigung
gefunden. Aber noch nie hat das
Widerstreben eines gewissen Kreises
der »Kollegenschaft« einen so unge-
schminkten Ausdruck angenommen
als vor den Leipziger Gärten. Ja, in
der rücksichtslosen Unterstreichung
ihrer (gewissermaßen natürlichen)
Schwächen, in der oberflächlichen Ein-
schätzung ihrer offensichtlichen An-
regungen und im geflissentlichen Über-
sehen organisatorischer Hemmungen


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