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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Zeitler, Julius: Die Leipziger Akademie für Graphik und Buchgewerbe: zum 150 jährigen Bestehen 1764-1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0110

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kabinette von Gottfried Winckler (mit 628 Gemälden
und an 18000 Kupferstichen), von Thomas Richter,
von Kreuchauf, dem »Freund der ganzen Kunstsozietät,
der alle Sammlungen für die seinigen ansehen konnte«,
und von Michael Huber. Kaum über eine andere
Periode von Leipzig sind wir so genau unterrichtet,
wie über die von 1760 bis 1770, dank dem jungen
Goethe und dank den Schriften Kreuchaufs, die Grün-
dungszeit der Akademie steht uns darum in besonders
hellem Lichte, und völlig vertraut ist uns darum, in
welche Kultur sie sich einbetten konnte. So günstig
nun aber auch die äußeren Umstände scheinen, so
hatte die neue Akademie doch schwer mit ihren fast
unzureichenden Mitteln zu ringen, und es muß fast
wie ein Wunder berühren, daß es Oeser gelang, sie,
gewissermaßen aus dem Nichts heraus, in Flor zu
bringen. Es ist allein sein Verdienst, daß das junge
Unternehmen nicht scheiterte. Der Fonds der Leip-
ziger Akademie betrug alles in allem 1180 Taler. Und
doch gelang es Oeser, damit eine Kunstschule zu
stiften, die in kürzester Zeit zu großem Ansehen ge-
dieh und aus Leipzig, Sachsen und dem Ausland eine
Menge von Kunstjüngern an sich zog.
Da bei der Begründung der Akademie noch keine
Räumlichkeiten für sie vorgesehen waren, und da ein
Vorschlag Oesers, das alte Gewandhaus dafür einzu-
richten, in Dresden kein Gehör fand, so war es mit
den Unterrichtsmöglichkeiten in den ersten Zeiten
recht schlimm bestellt. Es charakterisiert die kleinen
Anfänge der Akademie, daß Oeser eine Stube seiner
Wohnung in der Reichsstraße dafür zur Verfügung

stellen mußte. Da der Zulauf von Kunstschülern gleich
sehr erheblich war, beeilte sich die kurfürstliche Re-
gierung, der Akademie Lokalitäten im Amtshaus an
der Ecke des Thomaskirchhofs und der Klostergasse
einzuräumen, bestehend aus niedrigen engen Zimmern
mit kleinen Fenstern, die den erwachsenden Licht-
und Raumbedürfnissen keineswegs genügten. In diesen
Räumen konnten die wenigen Gypsabgüsse, die Oeser
mit schwerer Mühe beschafft hatte, kaum genützt
werden, viele Schüler mußten abgewiesen werden,
weil sie nicht untergebracht werden konnten, und
schon im Winter 1764 richtete Oeser an Hagedorn
die dringendsten Wünsche, man müßte die Akademie
in würdigere bessere Räume überweisen. Erst auf ein
erneutes Gesuch Oesers, am 4. Mai 1765, verfügte
Prinz Xaver, daß die Akademie in die Pleißenburg
übersiedeln durfte. Ein Umbau mußte erst den west-
lichen Flügel den Unterrichtsbedürfnissen anpassen,
im Herbst 1765 konnte endlich die Akademie in das
neue Heim einziehen. In diesen Räumen blieb sie
nun ein und ein viertel Jahrhundert beheimatet, eng
und dürftig ging es immer in ihnen zu, hier war es
auch, wo Oeser in demselben Schloßflügel neben und
über den Akademiezimmern seine »wundersame und
ahndungsvolle« Wohnung erhielt, die uns Goethe so
reizvoll beschrieben hat. »In dem alten Schloß
Pleißenburg ging man rechts in der Ecke eine er-
neute heitre Wendeltreppe hinauf. Die Säle der
Zeichenakademie fand man sodann links, hell und
geräumig, aber zu ihm selbst gelangte man nur durch
einen engen dunklen Gang, an dessen Ende man
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