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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Zeitler, Julius: Die Leipziger Akademie für Graphik und Buchgewerbe: zum 150 jährigen Bestehen 1764-1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0113

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von Schuppen und Daniel Gran, der eine dem französi-
schen, der andere dem italienischen Barock ergeben,
Meytens, der Emailleur und Miniaturist, Bibbiena, vor
allem aber Raphael Donner, der geniale Bildhauer, der
dem schwülstigen italienischen Barock ein geschworener
Feind war und schon damals auf eine der Einfachheit
der Antike entsprechende größere Natürlichkeit zurück-
zuleiten suchte. Raphael Donner war es, der in Oeser
den Keim zu jener Verehrung der Alten legte, jene wich-
tige Anregung, die von dem für die Antike begeisterten
Oeser später an Winckelmann weitergegeben wurde,
und bei diesem eine ganz neue Kunstlehre, die des
Klassizismus, im Gefolge haben sollte. 1737 wandte
sich Oeser nach Dresden, wo er sich bald als Porträt-
und Miniaturmaler hervortat und auch mit historischen
und allegorischen Tafelbildern vielen Erfolg hatte, des-
gleichen betätigte er sich als Plafond- und Theater-
maler, sowohl für die Hofkirche, wie für die Oper.
Das Wort von der »bequemen Geschäftigkeit« glück-
licher Naturen, das Goethe auf Oeser geprägt hat,
mag für diese Dresdener Zeit nicht unbegründet sein,
der damalige Freundeskreis läßt auch Stimmen laut
werden, die auf eine gewisse Lässigkeit seines Lebens
hindeuten, in Leipzig aber ist Oeser ohne Tatkraft
und Rührigkeit nicht denkbar. In Dresden erwarb
sich Oeser im Verkehr mit gesellschaftlich und geistig
bedeutenden Männern jene hohe und reiche Bildung,
die ein Goethe, ein Winckelmann, ein Hagedorn an
ihm bewunderten, die ihn später zum Mittelpunkt des
Leipziger Kunstlebens machen sollte. Besonders ist
er in täglichem Gedankenaustausch mit Winckelmann,

der in Oesers Wohnung, in der Lehre der Allegorie
und der Verherrlichung der Antike stark von ihm be-
einflußt, seine »Gedanken über die Nachahmung der
griechischen Werke in der Malerei und Bildhauer-
kunst« niederschrieb. Der Siebenjährige Krieg ver-
trieb Oeser nach Dahlen, wo er das Schloß des Grafen
Heinrich von Bünau mit Malereien schmückte, 1759
wählte er Leipzig zum dauernden Wohnsitz. Hier
nahm ihn der Kreis der Kunstsozietät auf, dem alle
Sammler angehörten; die Gelehrten und Dichter des
damaligen Leipzig, von Geliert bis Seume, verehrten
den geistvollen kenntnisreichen Mann. Das Freund-
schaftsverhältnis zu Goethe, der seinen Privatunter-
richt genoß und ihm die Erweckung des Sinnes für
das Schöne und Erhabene verdankte, ist bekannt. Es
sei hier noch ein Blick auf das Leipziger Schaffen
Oesers geworfen, dem erst jüngst Kurzwelly ebenso
wie seinem Dresdener eine feinsinnige Analyse ge-
widmet hat (Leipziger Kalender 1914). Oeser führte
eine große Anzahl dekorativer Wand- und Decken-
malereien aus in privaten wie in öffentlichen Ge-
bäuden, die Nikolaikirche stattete er mit Plafond- und
Tafelgemälden aus, er malte Historien und religiöse
Stoffe ebenso wie Mythologisches und Allegorien;
für das 1766 neuerbaute Schauspielhaus stellte er
viele Dekorationen her, vor allem den viel gerühmten
beziehungsreichen Vorhang, auf dem die Dichter des
Altertums mit denen der Neuzeit dargestellt sind,
während Shakespeare — die ganze Originalität drückt
sich darin aus — mitten durch den versammelten
Parnaß dem Götterbild der Wahrheit zueilt. Oesers

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