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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

DOI Artikel:
Zeitler, Julius: Kunstgewerbe und Buchkunst auf der internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik, Leipzig 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0230

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aber, so viel uns auch noch mit dieser Architektur
des 18. Jahrhunderts verbindet, sie läßt uns kühl, die
bloße Fassadenwirkung, auf die sie ausgeht, befriedigt
uns nicht. Einen Renaissancepalast stellt das italienische
Gebäude dar, mit Mosaiken und Terrakotten, aber
auch dieses gibt uns nur die, noch dazu etwas zu
überladene Abwandlung eines Prunkstils, die mit den
zwecksichern Bauwerken der nächsten Nachbarschaft,
der Halle der Kultur, von Wilhelm Kreis, und der
Halle des Kaufmanns seltsam und keineswegs vorteilhaft
kontrastiert. Welch straffen Organismus stellt dem
gegenüber der »Allgemeine Auslandspavillon« dar, in
dem die Schweiz, die Niederlande, Belgien, Schweden,
Dänemark, Norwegen und Spanien untergebracht sind?
Mit seinem durchgehenden Rhythmus von Pfeilern,
dem das strenge Ornament der Bemalung parallel
geht, bildet er ein wirksames Gegenstück. Am süd-
lichen Teil der Ausstellung liegt noch ein sehr schön
gelungenes Bauwerk, das Haus der Frau, breit und
behaglich hingelagert, mit einem trefflichen Portal, mit
architektonisch überaus trefflichen Rotunden, in denen
sich der Baukörper ausbuchtet und worin ein Teesalon
(von Fia Wille) und ein Lesesalon eingerichtet sind,
macht es dem Können seiner Schöpferin, der Bau-
künstlerin Emilie Winkelmann (Berlin), alle Ehre. Im
Vergnügungsviertel der Ausstellung bildet den architek-
tonischen Anziehungspunkt die Gruppe Altheidelberg,
eine wirkliche Wiedergabe der berühmten Baubilder,

die den Heidelberger Schloßhof einrahmen, dazu sind
es keine Attrappen, sondern sie bergen Ausstellungs-
räume, in denen die sehr interessante Abteilung
»Der StudenD Unterkunft gefunden hat; um den
vorderen Hof gruppieren sich studentische Verbin-
dungshäuser, Kommershallen usw.; Architekt des
ganzen Komplexes, der dem studentischen Leben ge-
widmet ist, ist Heinrich Moßdorf. An der Laden-
straße in der Nähe der Maschinenhallen erhebt sich
der schmucke, lustige Bau des Wellenbads, von Georg
Wünschmann. So bieten sich allenthalben auf dem
Ausstellungsgelände die reichsten architektonischen
Bilder, Dank vor allem dem vorzüglichen und be-
währten Können der Generalarchitekten der Ausstellung,
Weidenbach und Tschammer. Plätze wie der Gutenberg-
platz, der Druckfehlerteufelplatz und der breite Zug
der Völkerstraße sind auch städtebaukünstlerisch von
höchstem Interesse.
Als sehr fruchtbares Ausstellungsprinzip muß ge-
rühmt werden, daß allen fachtechnischen Abteilungen
historisch-belehrende Gruppen mit angegliedert sind.
Überall erhält man so auch einen Blick in die Ge-
schichte des einzelnen Gewerbe- oder Industriezweiges.
Seine Krönung findet dieser geschichtlich so instruktive
Weg in den Darbietungen der pantheonartigen Kultur-
halle, wo man von den Urzeiten der Völker bis in die
modernste Gegenwart geführt wird. Ein Museum
der Schriftkunst, aller Arten der graphischen und

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