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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Rauecker, Bruno: Der Krieg als Erzieher zur Type, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0017

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Bruno Taut, Das Glashaus auf der Deutschen Werkbund-Ausstellung Köln 1914. Teil der Kuppeldecke
(Abbildung aus dem Jahrbuch 1915 des Deutschen Werkbundes)

gesehen werden müssen«. Das Blatt fügt hinzu: »Der
Einfluß des Staates darauf, in welchem Geschmack
die Ausführung sich im einzelnen vollzieht, kann
immer nur ein beschränkter bleiben«.

Derlei Sätze eines weit verbreiteten Publikations-
organes von mehr als 50 deutschen Innungen dürfen
nicht übersehen werden. Aus ihnen spricht die Mei-
nung einer überwiegenden Mehrzahl deutscher Hand-
werksmeister, die sich in kraftvollen »Lieferungsver-
bänden« zum Zwecke der Versorgung Ostpreußens
unlängst zusammengeschlossen haben. Gelingt es den
19 Bauberatungsämtern jener Provinz, voran der Haupt-
beratungsstelle in Königsberg, nicht, beizeiten der
Zensur »stilisierter« Einrichtungsgegenstände jener Ge-
werbetreibenden mit aller Macht zu steuern, so erleben
wir eine Wiedergeburt des seligen Muschelaufsatzes,
des berüchtigten Vertikow, des Makartbuketts in be-
ängstigend naher Zeit. Die vortrefflichste Gelegenheit
zu einheitlichem Ausbau eines mustergültigen Vorbildes
aller kulturellen Bemühungen der letzten 20 Jahre

wäre damit unwiederbringlich dahin. Und mehr als
dies! Viele Millionen, die vom Preußischen Staat,
vom Provinzialverband Ostpreußen, von der Königs-
berger Kaufmannschaft, von der ostpreußischen Land-
schaft, von all den Patenstädten im weiten Deutschen
Reiche zu glücklichem Wiederaufbau des unglück-
lichen Landes gestiftet wurden, — maßlos und sinnlos
wären sie vertan! Das darf nicht sein! Für ihre großen
Leistungen kann der Staat, kann die vorsorgliche All-
gemeinheit der Schenkenden ein Recht auf Abweisung
grenzenloser Häßlichkeiten in Bau und Ausstattung
verlangen. Den Bauberatungsstellen als ihren beauf-
tragten Organen aber erwächst die Pflicht hierzu.
Videant consules! Was nützen uns schließlich die
wohlgemeinten Aufrufe des Kunstgewerbevereins in
Königsberg, der in der Königsberger »Allgemeinen
Zeitung« vor dem Treiben vieler Geschäftsreisenden
warnte und auf seine eigene künstlerische Beratungs-
stelle hinwies; was auch die noch so trefflichen Muster-
ausstellungen von Möbeln und Hausgeräten in Königs-

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