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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

DOI Artikel:
Schürmeyer, Walter: Die Bibliothek J. H. Jeidels
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0119

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zugleich von größter Wichtigkeit für die Kultur-
geschichte der Renaissance; außerdem bildet
sie ein hoch einzuschätzendes Denkmal in
sprachlicher und literarischer Beziehung (vgl.
Thieme-Becker, Cellini). Bis zur Mitte des
18. Jahrhunderts war die Selbstbiographie Cel-
linis nur in Handschriften verbreitet. Die Bi-
bliothek Jeidels besitzt eine solche in einem
mäßigen Folianten mit deutlicher Schrift. Der
älteste Druck, Neapel 1728, ist 1730 erschienen.
Die gute Ausgabe von Fr. Tassi ist in ihrem
Erstdruck, Florenz 1829, und in verschiedenen
späteren Auflagen vorhanden. Sie geht als
erste auf die Originalhandschrift in der Lauren-
ziana zurück. Die erste Übersetzung wurde
von dem Engländer Th. Nugent angefertigt und
erschien 1771 zu London. Aus dem vorigen
Jahrhundert sind Übersetzungen in fast sämt-
liche europäischen Sprachen vorhanden. Die
für uns Deutsche so außerordentlich wertvolle
Übersetzung Goethes erschien zum erstenmal
1798 in Braunschweig. Bekannter ist die 1803
in Tübingen erschienene Ausgabe. Die zweite
Schrift Cellinis, die Trattati delP orifica e della
scultura, ist neben einer hübschen Handschrift
aus dem 16. Jahrhundert in der editio princeps,
Florenz 1568, und einer zweiten Ausgabe in
derselben Stadt aus dem Jahre 1731 zu finden.
Die älteren Ausgaben gehen auf eine von
fremder Hand stark überarbeitete Quelle zu-
rück. Die erste kritische Ausgabe unter Be-
nutzung des Originalmanuskriptes in der Mar-
kusbibliothek zu Venedig wurde 1857 von Mi-
lanesi veranstaltet.

Was Jamnitzer und Cellini für Deutschland und Italien
bedeuteten, war die Familie der Arphe für Spanien. Diese
Goldschmiedefamilie war aus Deutschland eingewandert.
Die Zeitgenossen und auch der Name, der das deutsche
Wort Harfe unverkennbar durchklingen läßt, bezeugen die
deutsche Herkunft des Enrique Arphe, des ältesten der
Familie. Drei Stilperioden spiegeln sich in den typischen
Werken der drei Familiengenerationen. Enrique der älteste
ist Gotiker. Sein Sohn Antonio macht die Wandlung zur
welschen Form der Frührenaissance mit, die in Spanien
von den Silberschmieden, plateros, plateresk, ihren Namen
bekommen hat. Der bedeutendste ist jedoch fraglos der
Dritte, Joan, dessen künstlerisches Schaffen in die Zeit des
klassischen Cinquecento fällt. Joan war wie seine italie-
nischen Zeitgenossen bildender Künstler und Schriftsteller.
Wir kennen von Joan Arphe, der sich später den Bei-
namen y Villafafie, wahrscheinlich nach seiner spanischen
Mutter, beilegte, zwei Bücher. Das erste behandelt die
Kenntnis der Feinheitsgrade der Edelmetalle und Edel-
steine (Quilatador de la plata, Oro, y Piedras.« Valladolid
1572), das andere ist eine Art Grundlegung der Künste,
»De varia commensuracion para la Esculptura y Arquy-
tectura«, d. h. über die verschiedenen Proportionen in
Bildhauerei und Baukunst. Die Summa der Lehre ist in
Oktaven zusammengefaßt, denen prosaische Ausführungen
folgen. Es erschien zu Sevilla 1585 und war Don Pedro
Giron, dem ersten Herzog von Osuna gewidmet; es wurde
mehrmals wieder abgedruckt und im 18. Jahrhundert auch
in moderner Verunstaltung herausgegeben. Jetzt ist es
sehr selten. Auf deutschen Bibliotheken hat C. Justi kein
Exemplar gefunden (vgl. C. Justi, Die Goldschmiedefamilie
der Arphe. Ztschr. f. Christi. Kunst 1894). Vom »Quila-
tador« ist die Erstausgabe, Valladolid 1572, und zwei
spätere, Madrid 1598 und 1678, vorhanden. Das Exemplar

Kunstgewei'beblatt. N. F. XXVII. H. 6

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Anneliese Wildeman, Bonn

(Beschreibung S. 117)

Verkündigung

der Erstausgabe trägt den Stempel des Museum Britannicum
und ist von dem französischen Buchbinder Chambolle-Durun
in Maroquin gebunden worden. Die zweite Ausgabe wurde
ebenso von Bedford gebunden. Das Exemplar der dritten
Ausgabe hat auf dem Einband den Stempel der Biblioteca de
Salva. Die Varia Commensuracion ist ebenfalls in Erst- und
zwei weiteren Ausgaben, Madrid 1675 und 1763, vorhanden.

Soweit einige der interessantesten Werke zur Ge-
schichte der Edelmetallkunst. Nicht weniger wertvolle
Werke enthält die Bibliothek über die Technik des Gold-
schmiedehandwerks. Beginnend mit Werken, die sich mit
der Gewinnung von Edelmetallen beschäftigen — teils ver-
steckt in älteren Reisewerken durch Südamerika —, läuft
die Literatur durch die Verarbeitung des Rohmaterials zur
künstlerischen Verarbeitung. Von den Probierbüchern,
welche die Bibliothek enthält, seien einige der frühesten
erwähnt. Zu ihnen gehört das 1524 in Magdeburg von
Hans Knappe dem Jüngeren gedruckte; ein weiteres 1530
von Christian Egenolph zu Straßburg. In Frankfurt a. M.
sind 1574 und 1578 zwei Bücher gleicher Art erschienen.

Anleitungen für Goldschmiede sind besonders im 17.
und 18. Jahrhundert in großer Zahl erschienen. Sie sind
meist mit schönen Kupfern ausgestattet und interessieren
uns mehr durch die Reichhaltigkeit des abgebildeten Formen-
schatzes als durch den Inhalt des Textes. Auch zur De-
korierung der aus Edelmetallen hergestellten Gegenstände
hatte man Vorlagenbücher. Man nannte sie einfach »Kunst-
bücher«, da sie natürlich auch von Künstlern anderer Ge-
werbe zur Anregung benutzt wurden. Sie enthalten Gesichts-
typen, Gliedmaßen, Tiere, Rüstzeug, Waffen und heral-
dische und architektonische Ornamente. Vielleicht das
älteste Büchlein dieser Art ist das 1537 in Straßburg
bei Heinrich Vogtherr gedruckte: Ein frumbs und wunder-
bars Kunstbüchlin allen Malern, Bildschnitzern, Gold-

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