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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Hellwag, Fritz: Bernhard Pankok
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0132

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Bernhard Pankok, Stuttgart. Landhaus Pankok im Isartal. 1906

warb er sich, fast ohne Anleitung, mit seinem Freunde
Orlik wetteifernd, die Meisterschaft auf allen graphi-
schen Gebieten, im Holzschnitt, in der Schabkunst
und vor allem in der Radierung. In diesen Jahren
entstand auch eine Reihe von Interieur-Aquarellen, die
man wegen der Klarheit und Reinheit ihres male-
rischen Stils neben Leibl stellen möchte. Dann er-
lebte Pankok in München den ersten kunstgewerb-
lichen Frühling mit, und stand in regem künstlerischen
Austausch mit dem befreundeten Förderer H. E.
von Berlepsch. Mit Anderen begründete er im Jahre
1897 die Vereinigten Werkstätten in München, und
stellte schon 1898 in Dresden und München und mit
v. Berlepschs materieller Unterstützung 1900 in Paris
logisch durchgebildete Wohnräume aus. Für Paris
wurde ihm auch die graphische Ausstattung des amt-
lichen Kataloges übertragen, wobei er die absolute
Eingliederung der Illustration in das Satzbild muster-
haft durchführte. Im selben Jahre erbaute er das
Haus Konrad von Langes in Tübingen mit strenger
Beschränkung der ihm überreich quellenden deko-
rativen Mittel, die er gleichzeitig um so freier und
eigenwilliger bei dem Eheschließungszimmer in Dessau
anwendete. Es folgten die Ausstellungen München
1901, Dresden 1901, Turin 1902. Im Jahre 1903
übernahm Pankok die Leitung der Königl. Lehr- und
Versuchswerkstätten (jetzt Königl. Kunstgewerbeschule)
in Stuttgart, die er bis heute inne hat. An den Aus-
stellungen des Jahres 1904 in St. Louis und Dresden
war er wesentlich beteiligt, ebenso 1906 in Dresden.
Schon im Jahre igoi hatte daneben die Periode der
Porträts großen Stils eingesetzt, die trotz der vielseitigen

Beschäftigung als Kunstgewerbler und Architekt nicht
abgebrochen wurde und im Jahre 1915 in dem pracht-
vollen Bildnis seiner Frau vorläufig den Höhepunkt
gefunden hat. Als Architekt betätigte sich Pankok
besonders im Jahre 1906, wo er das große Atelier-
gebäude am Stafflenberg in Stuttgart, das Ausstellungs-
gebäude in Köln und das eigene Landhaus in Baier-
brunn errichtete. Bei figürlicher Bildhauerarbeit sehen
wir ihn von igos bis 1907. Dann folgten die Aus-
stattungen von Luxusdampfern und Luftschiffkabinen.
Zur größten Tat faßte der Künstler alle seine Fähig-
keiten zusammen im Hause Rosenfeld in Stuttgart,
dessen Außen- und Innenbau er von 1910 bis 1911
vollendete und den man geradeaus als eine Höchst-
leistung des ganzen neueren deutschen Kunstgewerbes
bezeichnen darf. Dann wandte sich Pankok dem
Theater zu, erbaute mehrere Bühnen und schuf eine
große Reihe von Figurinen und Bühnenbildern zur
großen Oper, mit denen sich bildende Kunst und Kunst-
gewerbe die weltbedeutenden Bretter siegreich eroberten.

Die Zusammenstellung gibt nur die Hauptetappen
im künstlerischen Schaffen Pankoks an; alle Einzel-
heiten fehlen, die dem angedeuteten Bilde das volle
Leben, das von einer reichen und auf allen eroberten
Gebieten gleich unermüdlichen Persönlichkeit aus-
strahlt, geben können. Aber man sieht auch schon
nach dieser Skizze die außergewöhnliche Vielseitigkeit
Pankoks und erkennt, daß es ihm an Betätigungs-
möglichkeiten und auch an gelegentlichen größeren
Aufträgen nicht gefehlt hat.

Trotz dieses fleißigen und erfolgreichen Fort-
schreitens ist Pankok in einen fast programmatischen

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