löst, ist am Ende sogar lieuie seiner Lösung ferner
als damals.
Die persönliclien Leidenschaften WaJpoles indessen
galten vor allem der bildenden Kunst. Er war ein
verständnisinniger Kenner iind Förderer der Kunst
seiner Zeit. Er war aber auch ilir passioniertester
Sammler. Sammeln wurde Jiei ilirn zum Fanatismns.
Aucli Jiier stelit Horace niclit vereinzeJt da, sondem
ist nur der interessanteste Exponent seiner Zeii. Eng-
Jänder wie Hamilton und Hoare, um nur zxsei von
vielen zu nennen, setzen sicli in Italien fest umi
Jcaufen dort mit gieriger Leidenschaft für England
auf, was sie irgendwie erreichen können. Mehr als je
gehört im InseJlande Sanuneln zum Jiesten Ton. AVird
docJi Jiier sclilieJIlicli im jahre J766 das erste große
Kunstauktionsliaus der VVelt gegriindet, Christie in
London! Walpole ist einer der ständigen Besuclier
und einer der ständigen Kritiker dieses Hauses.
So ist denn Strawberry Hill nocli viel überbii rdeter,
noch viel angefüllter mit Knnst als die I lougliton Ilall
des Vaters Robert. AJier es liegt in der Natur der
Saclie, daß Horace nicht mit einem l eil des Ge-
scJunacks und der Auswahl sammelt, die seinem Vater
eigentümlicli waren. Er ist zn exzentrisch, zn prä-
tentiös, zn unruliig und zn künstlich, um als Sammler
die ruliige und gerade Linie des Vaters verfolgen zu
können. Er will alle seine Leidenschaften zugleich als
Sammler Jiefriedigt selien, er will nicht nur mit
Kennerschaft, sondern ancli mit VVissen und Witz
sammeln. In seinen Briefen lesen wir inimer wieder
kopfscJiiittelnd, welche Dinge ilm erregen, und was
für armselige Saclien er mit Leidenscliaft und Opfern
verfolgt. Er muß nicht nur Holheiu und van Dyck
liaben. Neiu, seinem Eigensinn liegt daran, den Hut
des Kardinal Wolsey zu besitzen und die Pfeife, die
Admiral Tromp in seiner letzten Schlacht rauclite.
Er miiß sicli den Hinriclitungsbefehl Carls I. auf-
liärigen und darauf eine witzige Insclirift maclien. Die
U!)i‘, die Heinricli VHL am Hochzeitsmorgen Anna
BoJeyn schenkte mit der Inschrift „I3er Glücklicliste ‘,
ist ihm ein Lieblingssttick. Er kauft und rafft, rafft
und kauft, Gemälde, ZeicJmungen, Waffen, iVJobeJ,
jede Art Kunstgewerbe, Biicher, und unter dieser un-
gelienren AnzaJil von Kunstwerken Jindet sicli im Ver-
hältnis zur Masse nur eine kleine Minorität wirklich
liedeutender Ivunst. 1842 macJit Lord Waldegrave zum
Zweck der Versteigeru ng einen Katalog dieser Samm-
lung; in dieser gesclimacklich aufgeklärten Zeit wirkt
dieser Katalog fast wie eine Parodie. VieJleicht könnte
man sagen, Idorace Walpole sei mit viel größeren
Mitteln und mit vieJ gröBerer Wahllosigkeit eine Art
Vorläufer der Goncourts gewesen, er liabe als Erster
das SammeJn des Bibelots allgemein gemacJit. Alier
ihin fehlten Jetzten Endes sowolil der Geschmack wie
die Kenntnisse der beiden französisclien Briider. Eher
dringt durch ihn das Raritätensammeln im Stile der
alten Kunstkammern in das engJische Sammelwesen
ein, das sicJi bislier davon ziemlicJi frei zu JiaJten ver-
moclite. Wie auf den Mensclien Walpole vieJe der
großen engliscJien Erscheinungen nacli Art der Byron
und SJielley zuriickgelien, der englischen Idealisten
mit der europäisclien Selinsuclit, so gelien Jeider aucJi
auf ihn alJe jene englisclien Sammler zuriick, die von
jetzt aJi in großer Anzahl glauben, Sammeln liedeute
nidits anderes als seinem Spleen privatim ungestrafter
die Zügel scliieBen Jassen zn können, als solches im
öffentliclien Leben möglich ist.
So bedeiitet Horace Walpole in der Gescliichte des
englischen Kunstsammelns Jveine durcJiwegs erfreu-
liche ErscJieinung, aJier docli eine wiclitige und un-
entbelirliclie. Am stärksten und reinsten wirkte er
eigentlich als Bücliersammler. Oline daß er es walir
haben wollte, seJJist ein völlig kiinstlicher und lite-
rarisclier Menscli, vermochte er nur in den 15 000
Bänden seiner Bililiotliek so etwas wie eine einheit-
Jiche und uneingeschränkt wertvolle Schöpfung zu
Jiinterlassen. VOn seinen iibrigen Sammlungen inter-
essieren heute am meisten die zahlreichen Bildnisse
von Holbein Jiis auf die Bildnisse seiner Zeitgenossen,
zwisclien denen er mit unruliigen Schritten und
trüben Gedanken immer wieder vergeblich den großen
Befreier suclite.
43
Lambert Doomer: Frauenfeld im Thurgau.
Aus der Yersteigerung Hofstede de Groot bei C. G. Boerner, Leipzig
als damals.
Die persönliclien Leidenschaften WaJpoles indessen
galten vor allem der bildenden Kunst. Er war ein
verständnisinniger Kenner iind Förderer der Kunst
seiner Zeit. Er war aber auch ilir passioniertester
Sammler. Sammeln wurde Jiei ilirn zum Fanatismns.
Aucli Jiier stelit Horace niclit vereinzeJt da, sondem
ist nur der interessanteste Exponent seiner Zeii. Eng-
Jänder wie Hamilton und Hoare, um nur zxsei von
vielen zu nennen, setzen sicli in Italien fest umi
Jcaufen dort mit gieriger Leidenschaft für England
auf, was sie irgendwie erreichen können. Mehr als je
gehört im InseJlande Sanuneln zum Jiesten Ton. AVird
docJi Jiier sclilieJIlicli im jahre J766 das erste große
Kunstauktionsliaus der VVelt gegriindet, Christie in
London! Walpole ist einer der ständigen Besuclier
und einer der ständigen Kritiker dieses Hauses.
So ist denn Strawberry Hill nocli viel überbii rdeter,
noch viel angefüllter mit Knnst als die I lougliton Ilall
des Vaters Robert. AJier es liegt in der Natur der
Saclie, daß Horace nicht mit einem l eil des Ge-
scJunacks und der Auswahl sammelt, die seinem Vater
eigentümlicli waren. Er ist zn exzentrisch, zn prä-
tentiös, zn unruliig und zn künstlich, um als Sammler
die ruliige und gerade Linie des Vaters verfolgen zu
können. Er will alle seine Leidenschaften zugleich als
Sammler Jiefriedigt selien, er will nicht nur mit
Kennerschaft, sondern ancli mit VVissen und Witz
sammeln. In seinen Briefen lesen wir inimer wieder
kopfscJiiittelnd, welche Dinge ilm erregen, und was
für armselige Saclien er mit Leidenscliaft und Opfern
verfolgt. Er muß nicht nur Holheiu und van Dyck
liaben. Neiu, seinem Eigensinn liegt daran, den Hut
des Kardinal Wolsey zu besitzen und die Pfeife, die
Admiral Tromp in seiner letzten Schlacht rauclite.
Er miiß sicli den Hinriclitungsbefehl Carls I. auf-
liärigen und darauf eine witzige Insclirift maclien. Die
U!)i‘, die Heinricli VHL am Hochzeitsmorgen Anna
BoJeyn schenkte mit der Inschrift „I3er Glücklicliste ‘,
ist ihm ein Lieblingssttick. Er kauft und rafft, rafft
und kauft, Gemälde, ZeicJmungen, Waffen, iVJobeJ,
jede Art Kunstgewerbe, Biicher, und unter dieser un-
gelienren AnzaJil von Kunstwerken Jindet sicli im Ver-
hältnis zur Masse nur eine kleine Minorität wirklich
liedeutender Ivunst. 1842 macJit Lord Waldegrave zum
Zweck der Versteigeru ng einen Katalog dieser Samm-
lung; in dieser gesclimacklich aufgeklärten Zeit wirkt
dieser Katalog fast wie eine Parodie. VieJleicht könnte
man sagen, Idorace Walpole sei mit viel größeren
Mitteln und mit vieJ gröBerer Wahllosigkeit eine Art
Vorläufer der Goncourts gewesen, er liabe als Erster
das SammeJn des Bibelots allgemein gemacJit. Alier
ihin fehlten Jetzten Endes sowolil der Geschmack wie
die Kenntnisse der beiden französisclien Briider. Eher
dringt durch ihn das Raritätensammeln im Stile der
alten Kunstkammern in das engJische Sammelwesen
ein, das sicJi bislier davon ziemlicJi frei zu JiaJten ver-
moclite. Wie auf den Mensclien Walpole vieJe der
großen engliscJien Erscheinungen nacli Art der Byron
und SJielley zuriickgelien, der englischen Idealisten
mit der europäisclien Selinsuclit, so gelien Jeider aucJi
auf ihn alJe jene englisclien Sammler zuriick, die von
jetzt aJi in großer Anzahl glauben, Sammeln liedeute
nidits anderes als seinem Spleen privatim ungestrafter
die Zügel scliieBen Jassen zn können, als solches im
öffentliclien Leben möglich ist.
So bedeiitet Horace Walpole in der Gescliichte des
englischen Kunstsammelns Jveine durcJiwegs erfreu-
liche ErscJieinung, aJier docli eine wiclitige und un-
entbelirliclie. Am stärksten und reinsten wirkte er
eigentlich als Bücliersammler. Oline daß er es walir
haben wollte, seJJist ein völlig kiinstlicher und lite-
rarisclier Menscli, vermochte er nur in den 15 000
Bänden seiner Bililiotliek so etwas wie eine einheit-
Jiche und uneingeschränkt wertvolle Schöpfung zu
Jiinterlassen. VOn seinen iibrigen Sammlungen inter-
essieren heute am meisten die zahlreichen Bildnisse
von Holbein Jiis auf die Bildnisse seiner Zeitgenossen,
zwisclien denen er mit unruliigen Schritten und
trüben Gedanken immer wieder vergeblich den großen
Befreier suclite.
43
Lambert Doomer: Frauenfeld im Thurgau.
Aus der Yersteigerung Hofstede de Groot bei C. G. Boerner, Leipzig