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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 13./​14.1931/​32

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Februarheft
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Schilling, R.: Sammlung F. und M. Sarre in Frankfurt a. M.: Ausstellung im Kupferstichkabinett des Städelschen Instituts
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen in Berlin / Londoner Kunstschau / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.26237#0175

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ständlichkeit, mit der auch hier Gröfie und Bedeutsamkeit erzielt
wird, mit der diese Kunst, ohne die Mafie zu verlieren, über sich
hinauswächst. Zwischen den vielen Yitrinen jhit Stiicken kleinsten
Formats stehen nur einzelne gröfiere Plastiken. Unter griechi-
schem Einflufi geschaffen ist die Gestalt eines lammtragenden
Hirten, geschnitten in weichem Stein, wohl aus Palmyra. Wie
ein Sokrateskopf mutet das kleine Kopffragment eines Satyrs
aus parthischer Zeit an.

Während die keramische Sammlung sich auf einzelne wenige
Stlicke beschränkt, zu nennen ist eine Fliefie des 16. Jahrhunderts,
und als ein höchst reizvolles gleichzeitiges Gegenstück ein Mäd-
chenkopf in Fresko, ein Fragment aus dem Palast des Schah
x^bbas I. in Aschraf, um 1612 — verteilt sich auf die ganze Aus-
stellung die grofie graphische Sammlung mit Handschriften,
Miniaturen und Zeichnungen. Bekannt ist das Blatt aus der
arabischen Übersetzung einer Dioskurideshandschrift von 1222
mit der Darstellung eines berühmten Arztes. Spürt man hier den
Zusammenhang mit Byzantinischem, so ist bereits im 15. Jahr-
hundert der spezifisch persische Zeichenstii vollkommen ent-
wickelt. Zwei der schönsten Proben dieser Zeit erscheinen in den
beiden Darstellungen einer mystischen Himmelfahrt und der
Iluris im Paradiese, mit einer Fülle von verschwebenden Gestal-
ten, mit dem ganzen Reiz der in sanften Kurven sich bewegenden
an- und abschwellenden Linien. Nur mit dem Pinsel gezeichnet,
wenig mit Gold gehöht, lassen sie das Raffinement farbiger
Gestaltung wohl erkennen. Yon dem berühmten Miniator des
17. Jahrhunderts Riza Abbasi besitzt die Sammlung eine grofie
Reihe Blätter eines Skizzenbuchs, viele sicher eigenhändig. In
seinen Kreis gehört auch die merkwiirdige Miniatur einer Grab-
legung, die in der Komposition an Peiuginos Gemälde in Florenz
anknüpft. In der Zeit, da Rembrandt aus dem Bedürfnis, das
Orientalische ganz zu erfassen, persische Miniaturen nach-
skizziert, sucht der Perser in Europa frische Nahrung für seine
Kunst. An die Reihe der persischen Miniaturen schliefit sich eine
Sammlung indischer an. Sie sind leicht zu erkennen durch die

noch gröfiere technische Yerfeinerung, vor allem durch das
andere Yerhältnis zum Raum. Bald ist er mit vielen Details
iibersät. Bald verflüchtigen sich die Figuren in seiner ieeren
Weite. Ein Prachtkoran des 16. Jahrhunderts zeigt die Schönheit
des Ensembles, wie sie in der Yereinigung von Zierschrift,
buntem Ornament und gleichartig dekoriertem, farbig geprefitem
Einband besteht. Auch von der Spezialität persischer Buch-
dekorationen, den in Gold auf farbigem Grund gezeichneten
Randbordüren mit Pflanzen und Tieren, die in Europa eigen-
artige, gleichzeitige Parallelen haben, gibt die Ausstellung ein
gutes Bild. Dem Perser galt von je die Schrift mehr als der
Bildschmuck. Was er hier leistet, dafür zeugen neben den Hand-
schriften zwei grofie Firmane in Rollenform, Bestallungsurkun-
den, in denen der Name des Sultans mit seinen Verschnörkelun-
gen die ganze Blattbreite füllt.

Nicht vergessen sei das Gebiet der Teppiche. Die rneisten Er-
werbungen der Sammlung stammen aus der Zeit der Forschungs-
reisen noch vor der Tätigkeit des Forschers arn Berliner Museum.
Auch im Land selbst sind die Teppiche erworben. Das erklärt,
warum es sich meist um Fragmente lrandelt. Besser als in Persien
haben sich, als Geschenke gehütet, in Europa die frühen Teppiche
erhalten. In Persien wurden sie gebraucht und yerbraucht. Ein
früher Vasenteppich mit den naturalistischen Pflanzenformen
hängt neben dem strenger stilisierten Gartenteppich. Fragmente
von Ispahanborten, Stiicke mit einzelnen grofien Motiven lassen
die ganze Schönheit des klaren abstrakten Ornaments erkennen.
Gebetteppiche verschiedener Art, ein chinesisches Eragment der
Mingzeit runden das Bild.

Die .Misstellung ist in sorg’fältigster Weise aufgebaut. Eine
Leistung, die gerade bei der Verschiedenheit des Materials nicht
leicht zu bewältigen war. Das Resultat gibt zu denken, weil hier,
ganz entgegengesetzt von dilettantischen Bestrebungen, in einer
kleinen aber freien und weitspannenden Auswahl dem Publikum
ein Zugang zu Dingen geschaffen ist, der sich ihm sonst nicht
ohne weiteres erschliefit. R. Schilling.

Kunstauktionen

Gemälde alter Meister bei Lepke

Sammlung Regierungsbaumeister Adolf Wollenberg

Max j. Friedländer, der Direktor der Staatlichen Gemälde-
galerie Berlin, hat für die bei Lepke am 17. März stattfindende
Auktion Wollenberg das nachstehende Vorwort geschrieben:

Es gibt oder es gab eine berlinische Art, Sammellust mit Wohn-
luxus zu vereinigen, eine Art, die direkt und mittelbar durch
die strebsamen Museen bestimmt wurde.

Als Messels wählerischer Geschmack auf Bodes künstlerische
Tatkraft traf, entstand Dr. Eduard Simons Haus, das glänzende
und bewunderte Muster eines „Wohn-Museuins“.

Die Dinge, die in diesem Katalog verzeichnet sind, stammen
aus dem Besitz A. Wollenberg, des Baumeisters, der im Geiste
Messels manches Haus errichtet und ausgestattet hat, der die
eigene Wohnung reich, farbig und warm mit Möbeln, Stoffen
und Gemälden gefüllt hat.

Ein Architekt, der sammelt, wird stets geneigt sein, das ein-
zelne Kunstwerk als einen Baustein im Llinblick auf ein Ganzes,
das ihm als sein Werk vorschwebt, zu wählen und zu verwenden.

Der Wohnluxus macht eine Krise durch. Da wir uns ungern
eingestehen, daß wir nicht mehr können, erklären wir nicht melir
zu wollen und nehmen eine iiberlegen kritische Haltung an gegen-
über dem üppigen Eklektizismus. Mit einemmal erscheint es als
ein fragwürdiges Unternehmen, Kunstwerke, die abgelebten Kul-
turen entstammen, in Wohnräume einzufügen, die den Bedürf-
uissen unserer Tage dienen.

Jede Zeit hat mit eigenen Neigungen und Yorurteilen die
Werke der Vergangenheit betrachtet und, indem sie sich des

Frbes bemächtigte, ziemlich willkürlich darüber verfügt. Zum
Beispiel: als die bürgerlichen niederländischen Gemälde aus dem
17. Jahrhundert gnädige Aufnahme fanden in den aristokratischen
seidenen Salons des 18., mufiten sie elegant gekleidet eintreten,
in goldnen Rahmen, deren Stil ihrem Wesen durchaus wider-
sprach. Und daraus entwickelte sich eine zählebige Konvention,
die heute noch gültig ist.

Ich kann mir wohl vorstellen, dafi in Zukunft eine strengere
x\uffassung sich scheuen wird, das mit tiefer Ehrfurcht be-
trachtete Kunstwerk dem alltägliclien banalen und bequemen
Hausrat zuzuordnen. Neue I,ebensformen zeichnen sich in der
Architektur ab und werden auch für die Aufstellung und Pflege
der Bilder und Bildwerke neue Grundsätze zur Geltung bringen.

Ist der Sammler ein Kind seiner Zeit, indem er in dieser oder
seiner Art die Gegenstände gruppiert und einem Yerband ein-
verleibt, der seinem Dekorationssinne behagt, so nriissen sich die
Kunstwerke an und für sich nrit Eigenwert behaupten bei der
Auflösung des gefälligen Gesamts, die wir nun so häufig erleben.

Was die Gemälde angeht, die inr nüchternen Licht des Auktions-
hauses seharfer Prüfung unterworfen werden, frihle ich mich
befugt, denr sorgsam redigierten Katalog empfehlende Worte vor-
anzuschicken und für die „Bestinrmungen“ einzutreten.

Etwas von dem florentinischen Quattrocento, eirr wenig aus der
späten Blütezeit der venezianischen Malerei (dabei der kleine
geistreiche Entwurf von G. B. Tiepolo), weit nrehr von der tiich-
tigen und gemütvollen niederländischen Malerci des 17. Jalrr-
hunderts. Namentlich die holländisclien Meister Adrian v. Ostade,
Breklenkamp, Franz Mieris, H. M. Sorgh sind nrit ausgezeich-
neten Proben ihrer Kunst vertreten. Das Bildnispaar von N. Maes
erscheint in dem Originalrahmen, ein höchst seltener Fall. Das
 
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