Budapester Privatsammlungen
Yon
E. M. Hajos
Die Privatsammlungen der Gegenwart in Budapest
sind jiingeren Datums, viele entstanden überhaupt
erst in den letzten 20 bis 30 Jahren. Der allergrößte
Teil der älteren Sammlungen ging schon vor Jahren
in öffentlichen Besitz iiber. Die Bedeutung der pri-
vaten Sammeltätigkeit für den öffentlichen Kunst-
besitz war in Ungarn von jeher größer als anderswo.
Da die Kunstschätze des Hauses Habsburg in Wien
vereinigt blieben, nahmen an der Entstehung und
Förderung der Budapester Museen an erster Stelle die
Privatsammler Anteil. Den Grundstock des Museums
der bildenden Kiinste bildet die Sammlung der Fiirsten
Esterhäzy aus dem 18. Jahrhundert, zu der im Eaufe
des 19. Jahrhunderts noch eine ganze Reihe weiterer
Sammlungen hinzukamen, die des Bischofs Ladislaus
Pyrker, des Grafen Johann Pälffy und vieler anderer.
Eine größere Anzahl der ältesten Sammlungen ging
in den Besitz des National-Museums iiber, u. a. die
Sammlungen Jankovich, Graf Yiczay und Fejerväry.
Das Georg-Räth-Museum und das Franz Hoppsche
Ostasiatische Museum — beide dem Museunr der bil-
denden Kiinste angegliedert — sind Yermächtnisse
ihrer Besitzer, deren Namen sie auch führen. Das det’
Stadtgemeinde Budapest gehörende Graf Zichv-Mu-
seum stellt die frühere Sammlung des bekannten
Asienforschers Graf Eugen Zichy dar.
Unter den Sammlungen, die naeh dem Tode ihrer
Besitzer in allerjüngster Zeit aufgelöst wurden, steld
die des Grafen Julius Andrässy d. J. an erster Stelle.
Sie enthielt hervorragende Gemälde, u. a. das berühmte
Selbstbildnis Rembrandts aus dem Jalire 1630. Die
Bedeutung dcr Sammlung Friedrich Glücks lag an
guten Niederländern des 17. Jahrhunderts und reichen
kunstgewerblichen Beständen, von denen er noch zu
Lebzeiten die vorziiglichen Kollektionen alter Eß-
bestecke und Schliissel dem Kunstgewerbe-Museum
schenkte.
Ohne eine vollständige Registrierung des gesamten
privaten Kunstbesitzes zu verfolgen, sei hier der Yer-
such unternomnren, durch die Andeutung der ver-
schiedenen Sammlertypen und einer Darstellung ihrer
wichtigsten Yertreter einen Überblick riber das private
Sammelwesen der ungarischen Hauptstadt zu ver-
mitteln.
Für die Sammlung Baron Maurus L. Herzogs war
neben allgemeinen kunstgeschichtlichen Gesichts-
punkten auch die spezielle Geschmacksrichtung
M arcel von Nernes’ ausschlaggebend. Sie enthält auch
einen Teil seiner 1913 in Paris versteigerten Kunst-
schätze. Den Schwerpunkt der Sammlung bilden die
spanische Schule und die französischen Impressio-
nisten. Goya als Vorläufer des Impressionismus, Greco
als geistiger Anreger des Postimpressionismus, treten
liier dem Beschauer mit seltener Eindringlichkeit vor
Augen. Den Reichtum dieser in ihrer Art heute wohl
einzigartigen Sammlung dürften schon einige Zahlen
beleuchten: sie enthält nicht weniger als sieben Werke
von Greco und vier von Goya. Sämtliche Bilder Grecos
stammen aus seiner späteren Zeit und lassen die ganze
faszinierende Gewalt seiner reifen Kunst erstrahlen,
Das Prachtstück der Sammlung ist wohl der „Christus
am ölberg“ (früher in den Sammlungen Guerrara
Yungairo in Lissabon und Nemes). bekannt in mehre-
Ingres: Die Badende
Sammlung Baron Franz Hatvanv, Budapest
ren Wiederholungen von breiterem Format, während
die Komposition Herzogs einen ganz steilen Aufbau
im Hochformat zeigt. Kontrastreich, mit wunderbaren
Lichtern, in der Farbenskala Blau-Orange, gehört es
zu den schönsten Yisionen des Künstlers. Die Bilder
Goyas stanrmen aus verschiedenen Epochen und be-
leuchten die wichtigsten Etappen seiner Entwicklung.
1787 entstand die „Yorbereitung zum Stierkampf“ (aus
der Folge der Bilder vonr Schlosse des Herzogs Osuna)
und etwas später das Bildnis der Marquesa de Casa
Elores, schimmernd und gleißend in der Pracht des
weißen Kleides, ein Stiick köstlichster Malerei schon
ganz im Sinne der Impressionisten. Die „Karneval-
szene“ und das Brustbild von zwei Trinkern, datiert
1819, beinahe rembrandtisch in seiner Intensität, ge-
67
Yon
E. M. Hajos
Die Privatsammlungen der Gegenwart in Budapest
sind jiingeren Datums, viele entstanden überhaupt
erst in den letzten 20 bis 30 Jahren. Der allergrößte
Teil der älteren Sammlungen ging schon vor Jahren
in öffentlichen Besitz iiber. Die Bedeutung der pri-
vaten Sammeltätigkeit für den öffentlichen Kunst-
besitz war in Ungarn von jeher größer als anderswo.
Da die Kunstschätze des Hauses Habsburg in Wien
vereinigt blieben, nahmen an der Entstehung und
Förderung der Budapester Museen an erster Stelle die
Privatsammler Anteil. Den Grundstock des Museums
der bildenden Kiinste bildet die Sammlung der Fiirsten
Esterhäzy aus dem 18. Jahrhundert, zu der im Eaufe
des 19. Jahrhunderts noch eine ganze Reihe weiterer
Sammlungen hinzukamen, die des Bischofs Ladislaus
Pyrker, des Grafen Johann Pälffy und vieler anderer.
Eine größere Anzahl der ältesten Sammlungen ging
in den Besitz des National-Museums iiber, u. a. die
Sammlungen Jankovich, Graf Yiczay und Fejerväry.
Das Georg-Räth-Museum und das Franz Hoppsche
Ostasiatische Museum — beide dem Museunr der bil-
denden Kiinste angegliedert — sind Yermächtnisse
ihrer Besitzer, deren Namen sie auch führen. Das det’
Stadtgemeinde Budapest gehörende Graf Zichv-Mu-
seum stellt die frühere Sammlung des bekannten
Asienforschers Graf Eugen Zichy dar.
Unter den Sammlungen, die naeh dem Tode ihrer
Besitzer in allerjüngster Zeit aufgelöst wurden, steld
die des Grafen Julius Andrässy d. J. an erster Stelle.
Sie enthielt hervorragende Gemälde, u. a. das berühmte
Selbstbildnis Rembrandts aus dem Jalire 1630. Die
Bedeutung dcr Sammlung Friedrich Glücks lag an
guten Niederländern des 17. Jahrhunderts und reichen
kunstgewerblichen Beständen, von denen er noch zu
Lebzeiten die vorziiglichen Kollektionen alter Eß-
bestecke und Schliissel dem Kunstgewerbe-Museum
schenkte.
Ohne eine vollständige Registrierung des gesamten
privaten Kunstbesitzes zu verfolgen, sei hier der Yer-
such unternomnren, durch die Andeutung der ver-
schiedenen Sammlertypen und einer Darstellung ihrer
wichtigsten Yertreter einen Überblick riber das private
Sammelwesen der ungarischen Hauptstadt zu ver-
mitteln.
Für die Sammlung Baron Maurus L. Herzogs war
neben allgemeinen kunstgeschichtlichen Gesichts-
punkten auch die spezielle Geschmacksrichtung
M arcel von Nernes’ ausschlaggebend. Sie enthält auch
einen Teil seiner 1913 in Paris versteigerten Kunst-
schätze. Den Schwerpunkt der Sammlung bilden die
spanische Schule und die französischen Impressio-
nisten. Goya als Vorläufer des Impressionismus, Greco
als geistiger Anreger des Postimpressionismus, treten
liier dem Beschauer mit seltener Eindringlichkeit vor
Augen. Den Reichtum dieser in ihrer Art heute wohl
einzigartigen Sammlung dürften schon einige Zahlen
beleuchten: sie enthält nicht weniger als sieben Werke
von Greco und vier von Goya. Sämtliche Bilder Grecos
stammen aus seiner späteren Zeit und lassen die ganze
faszinierende Gewalt seiner reifen Kunst erstrahlen,
Das Prachtstück der Sammlung ist wohl der „Christus
am ölberg“ (früher in den Sammlungen Guerrara
Yungairo in Lissabon und Nemes). bekannt in mehre-
Ingres: Die Badende
Sammlung Baron Franz Hatvanv, Budapest
ren Wiederholungen von breiterem Format, während
die Komposition Herzogs einen ganz steilen Aufbau
im Hochformat zeigt. Kontrastreich, mit wunderbaren
Lichtern, in der Farbenskala Blau-Orange, gehört es
zu den schönsten Yisionen des Künstlers. Die Bilder
Goyas stanrmen aus verschiedenen Epochen und be-
leuchten die wichtigsten Etappen seiner Entwicklung.
1787 entstand die „Yorbereitung zum Stierkampf“ (aus
der Folge der Bilder vonr Schlosse des Herzogs Osuna)
und etwas später das Bildnis der Marquesa de Casa
Elores, schimmernd und gleißend in der Pracht des
weißen Kleides, ein Stiick köstlichster Malerei schon
ganz im Sinne der Impressionisten. Die „Karneval-
szene“ und das Brustbild von zwei Trinkern, datiert
1819, beinahe rembrandtisch in seiner Intensität, ge-
67