sammentönenden Edelsteinfarben erklingen. Eine
innere Berauschtheit spricht aus derlei Bildern, die
um so mehr bezaubert, als sie ganz naiv und ganz
kindlich ist. Und docli von welcli hoher Meisterschaft
getragen!
Fragte man indes den Künstler selbst, was Yon
seinen Schöpfungen seinem Herzen am nächsten
stände, so lautete unweigerlich die Antwort: Die gro-
Ben Kompositionen zu den Geschichten des Alten
Testamentes, denen sich als gesinnungsmäßig zu-
gehörig, aucli das Triptychon „Der Mensch" anreihte.
Ein mächtiger Künstlerehrgeiz spricht sich darin aus,
zugleich ein tiefstes und innerstes Fiihlen aus den
Geheimnissen der Rasse heraus. Niemand wird die
malerische Leidenschaft Yerkennen, die sich in diesen
Kolossalkompositionen ausspricht. Indes war Urys
kompositionelles und zeichnerisches Yermögen nicht
stark genug, um in allen Fällen die künstlerische
I.ösung iiber den literarischen Impuls Sieger werden
zu lassen. Insbesondere die „SiindfluU und die „Yer-
treibung aus dem Paradiese" sind in ihrem michel-
angelesken Streben, hinter dem Traumbilde des
Künstlers zurückgeblieben. Eine ganz große Leistung
ist jedoch, wie aucli Urys trefflicher Biograph Adolpli
Donatli betont, der „Jeremias“. Die in sicli zusam-
mengeknäulte Gestalt des grollend am Boden ge-
lagerten Propheten, mit dem hoch dariiber sich
wölbenden, in magischem Blau erstrahlenden Naclit-
und Sternenhimmel, ist so machtvoll erschaut, daß
hier Idee und Formausdruck Eines werden. Kein
Wunder, daß der Künstler selbst an dieser Bild-
schöpfung mit einer fast verzweiflungsvollen Liebe
hing.
Aucli in Zeichnungen und Radierungen, also im
schlichten Schwarz-Weiß, hat sich der Künstler des
öfteren ausgesprochen. Selbst ohne die sinnliche
Gegenwart der Farbe wirkt es, auf den besten Blät-
tern, hier geheimnisvoll-farbig. Sein innerstes Wesen
konnte Ury niemals verleugnen. Er ist eine praclit-
voll-einheitliche und bewundernswert-ehrliche Er-
scheinung. Als solche wird er in der Kunstgeschichte
sich behaupten.
Ury:
\ liimische Schankstätte,
1884
Besitzer:
National-Galerie,
Berlin
H7
innere Berauschtheit spricht aus derlei Bildern, die
um so mehr bezaubert, als sie ganz naiv und ganz
kindlich ist. Und docli von welcli hoher Meisterschaft
getragen!
Fragte man indes den Künstler selbst, was Yon
seinen Schöpfungen seinem Herzen am nächsten
stände, so lautete unweigerlich die Antwort: Die gro-
Ben Kompositionen zu den Geschichten des Alten
Testamentes, denen sich als gesinnungsmäßig zu-
gehörig, aucli das Triptychon „Der Mensch" anreihte.
Ein mächtiger Künstlerehrgeiz spricht sich darin aus,
zugleich ein tiefstes und innerstes Fiihlen aus den
Geheimnissen der Rasse heraus. Niemand wird die
malerische Leidenschaft Yerkennen, die sich in diesen
Kolossalkompositionen ausspricht. Indes war Urys
kompositionelles und zeichnerisches Yermögen nicht
stark genug, um in allen Fällen die künstlerische
I.ösung iiber den literarischen Impuls Sieger werden
zu lassen. Insbesondere die „SiindfluU und die „Yer-
treibung aus dem Paradiese" sind in ihrem michel-
angelesken Streben, hinter dem Traumbilde des
Künstlers zurückgeblieben. Eine ganz große Leistung
ist jedoch, wie aucli Urys trefflicher Biograph Adolpli
Donatli betont, der „Jeremias“. Die in sicli zusam-
mengeknäulte Gestalt des grollend am Boden ge-
lagerten Propheten, mit dem hoch dariiber sich
wölbenden, in magischem Blau erstrahlenden Naclit-
und Sternenhimmel, ist so machtvoll erschaut, daß
hier Idee und Formausdruck Eines werden. Kein
Wunder, daß der Künstler selbst an dieser Bild-
schöpfung mit einer fast verzweiflungsvollen Liebe
hing.
Aucli in Zeichnungen und Radierungen, also im
schlichten Schwarz-Weiß, hat sich der Künstler des
öfteren ausgesprochen. Selbst ohne die sinnliche
Gegenwart der Farbe wirkt es, auf den besten Blät-
tern, hier geheimnisvoll-farbig. Sein innerstes Wesen
konnte Ury niemals verleugnen. Er ist eine praclit-
voll-einheitliche und bewundernswert-ehrliche Er-
scheinung. Als solche wird er in der Kunstgeschichte
sich behaupten.
Ury:
\ liimische Schankstätte,
1884
Besitzer:
National-Galerie,
Berlin
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