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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 13./​14.1931/​32

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Februarheft
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Osborn, Max: Das Kölner Kunstgewerbemuseum in verjüngter Gestalt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26237#0156

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ilire Abwandlungen sieh immer wieder belegen lassen.
Die einzelgeschiclitliche Betrachtungsweise wird
durch eine universalgeschichtliche, menschheits-
geschichtliche verdrängt.

Es leuchtet ein, dafi auf solche Weise weniger
„Wissen“ als vielmehr vertieftes Verstehen der ebenso
schlichten wie geheimnisvollen Kräfte „werklicher
Arbeit“, wie der alte Schadow sagte, vennittelt wird.
Mit einem Schlage ist dadurch der eigentliche Sinn
der Kunstgewerbemuseen wiederhergestellt. Denn sie
waren ja, in den siebziger jahren des vorigen Jahr-
hunderts, mit der ausgesprochenen Zielsetzung ins
lebcii gerufen worden, der zeitgenössischen Arbeit
Anregungen und Vorbilder zu liefern -— nur dafi die-
ser Beruf sicli im letzten Aienschenälter gänzlich ver-
flüchtigte, da die historisch gestimmte Epoche abge-
laufen war und die moderne Produktion niclits mehr
von einer Anlelmung an die Werktätigkeit vergange-
ner Jahrhunderte wissen wollte, so dafi clie Museen
sicli mit jeiiem kulturhistorisch-stilgeschichtlichen
I.ehramt begnügten. Dr. Witlis Absicht war, diesen
Weg zu verlassen, um wieder dem ursprünglichen
Zweck zu dienen, nämlich der formenden Geschick-
lichkeit und Phantasie erzieherische Hilfe zu leisten,
ihr durch erlesene Beispiele aus allen Zeiten und
Zonen, die nach neuen Grundsätzen zusammengestellt
wurden, Vorbilder, docli nicht Vorlagen zu liefern. Das
ist eine bedeutsame, man kann ruhig sagen revolutio-
näre Tat musealer Wirksamkeit, die auf die gesamte
künftige Entwicklung der öffentlichen Sammlungen
iiberhaupt von Einflufi werden kann. Der Bildungs-
gedanke, der das Museumswesen erfüllt, hat sich ge-
dreht, entsprechend unserer gesamten, auf Gegenwart
und Zukunft gestellten Lebensanschauung, die das
Geschichtliche gewifi nicht ausschalten will, doch in
seiner Pflege keinen Selbstzweck mehr erblickt, son-
dern sie für die Arbeit von heute und morgen un-
mittelbar nutzen wilk

Bei seinem neuen systematischen Aufbau ergaben
sich für Dr. Karl With drei Abteilungen. Betritt man
jetzt die von aller Ornamentkleberei befreiten Säle
des Gebäudes am Kölner Hansaring und verf’olgt, wie
der Herr des Plauses in freier, lichtdurchlässiger, sach-
lich-klar akzentuierender Anordnung die Schätze aus-
gebreitet hat, die er für die Schausammlung be-
stimmte, so erscheint das alles wie selbstverständlich.
So logisch, sinnvoll und organisch spricht die Auf-
reihung der Dinge zu uns. In Wahrheit ist das alles
sicherlich ein Ergebnis langwieriger, gründlicher Über-
legungen, die oft genug vor eine Wand geraten sein
mögen, wodurch der Weg verstellt schien, und Fragen
aufrollten, die erst neue scharfe Durchdenkung der
Aufgabe lösen konnte. Dafi alles schliefilich so über-
zeugend und befreiend gelang, bedeutet eine un-
gewöhnliche Leistung.

Die erste Abteilung ist noch nicht fertiggestellt.
Ihre Systematik liegt vor, ihre Objekte sind ausge-
wählt, auch die Vitrinen sind da — es fehlt nur das
Glas, dafür konnte man die Mittel noch nicht zusani-

mentrommeln. Denn, das ist wohl zu beachten, die
gesamte Umgestaltung mufite auf jede Belastung des
städtischen Etais verzichten. Die Kosten wurden auf-
gebracht, indem man klug disponierte, entbehrliche
Stücke (für diesen Plan liefi sich ja auf vieles ver-
zichten) abstiefi und die auch während der Wirt-
schaftskrise immer nocli rühmenswert funktionierende
Freigebigkeit der Kölner Kunstfreunde zur Llilfe her-
anzog. Es wird auch, daran ist nicht zu zweifeln, in
kurzer Zeit gelingen, das heute noch Fehlende nach-
zutragen. Dann wird diese erste Abteilung mit dem
Titel „Werkstoff und Verarbeitung“ sich in den Ring
eingliedern. Llier soll aufgezeigt werden, welche Mate-
rialien dem iVIenschen für sein Gerät zur Verfügung
stehen — es sind ja, bis in vorgeschichtliche Zeiten
zurückgerechnet, immer dieselben gewesen —, wie ihr
verschiedener Charakter das fonnale Tun bestimmte
und die Bearbeitungsarten wie von selbst hervorrief.
Dem Lehrzweck entsprechend wird dabei selbstver-
ständlich auch ein Überblick über das Handwerkszeug
gegeben, das sich gleichfalls, wenn wir genau hin-
sehen, im Laufe von Jahrtausenden nur wenig ver-
ändert hat. Schliefilich soli sicli als Unterabteilung
eine Sammlung vorbildlichen modernen Hausgeräts
anfügen.

Aber Abteilung II präsentiert sicli als vollkommen
fertig. Sie führt nun von jener Grundlage (Unterwei-
sung über Werkstoff und Verarbeitungj zu dem wich-
tigsten Kapitel: „Zroeck und Form.“ Zum Material
und seiner Struktur tritt die Bestimmung des Geräts
als zweiter entscheidender Faktor, um seine Form in
die Welt zu setzen. With teilt sicli den Umfang der
Gebrauchsgegenstände, die unter den Begriff kunst-
handwerklicher Arbeit fallen, in die Gruppen Trink-
gerät, Giefigerät. Efigerät, Wohngerät, Aufbewah-
rungsgerät. Die letzte Gruppe, das Aufbewahrungs-
gerät, konnte er bei der feierlichen Neueröffnung sei-
nes Museums am 6. Februar in abgeschlossener
Darstellung vorführen. Er hat hier wiederum Unter-
abteilungen gebildet, indem er den Topf, das Kasten-
möbel, das von der Kiste zur Truhe und zum Schrank
aufsteigt, sodann das Deckelgefäfi, den Eimer, den
Kessel, den Korb, die Büchse, die Schachtel und so
f’ort als Typen für sich behandelte. Nebeneinander
stehen jedesmal Stücke, die zeitlich und räumlich
weitentfernten Punkten ilire Entstehung danken. Bei-
spiele mögen das kurz erläutern. Einem primitiven
Kistenmöbel aus der Südsee (neuzeitlich) gesellen sich
eisenbeschlagene Truhen aus Westfalen, 15. Jahrh.,
aus Japan, 18. Jahrh., aus Persien, 17. Jahrh., aus
Norddeutschland, 15. Jahrh., zu, und es schliefien sich
Schränke an: ein rheinischer, 15. Jahrh., sowie ein
gleichzeitiger niedersächsischer. Wer solclie Reilie
durchstudiert, gewinnt tatsächlich eine Vorstellung
von den Schicksalen dieses Geräts. Oder der Topf
wird vorgenommen: in seiner einfachsten, rund-kuge-
ligen Form, die aus der kunstlosesten Verwendung der
Drehscheibe entsteht, und in den Variationen seiner
Erscheinung, mit nach oben oder unten verschobenen
 
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