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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 13./​14.1931/​32

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Februarheft
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Dresdner, Albert: Die deutsche Kunstausstellung in Oslo
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https://doi.org/10.11588/diglit.26237#0167

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wieder beiont, wobei oft die Dankbarkeit der Nor-
weger fiir die Ehrungen zum Ausdruck kam, die
Munch in Deutschland dargebracht worden sind; und
von seinen Schöpfungen aus war der Zugang zu vie-
lem zu gewinnen, was die Ausstellung bot. Ein zweiter
TJmstand, der der positiven Aufnahme der deutschen
Malerei zu Ililfe kam, war die beherrschende Rolle,
die die Farbe in ihr einnimmt: fiir Energie und Aus-
druckskraft der Farbe hat man in Norwegen auf
Grund der eigenen Entwicklung selbst dann Yerständ-
nis, wenn sie bis zum Gewagten getrieben wird. Und
vielleicht lag hier die größte Überraschung, die die
Ansstellnng den Norwegern bereitete: denn daß die
dentsche Malerei sich in erster Linie zur Farbe be-
kennnen sollte, das hatte man doch am allerwenigsten
erwartet, da das gängige, von älteren Perioden der
deutschen Kunst bestimmte Bild von ihr ganz andere
Ziige trug urid man iiber die Yorgänge des jiingsten
Menschenalters nicht unterrichtet war.

Nacli alledem ist es kaum zuviel gesagt, wenn man
behauptet, daB die Stellung der deutschen Kunst in
Norwegen sich mit einem Schlage griindlich verändert
hat, und es verdient in diesem Zusammenhang doch
Beachtung, daß bei manchen jiingeren norwegischen
Künstlern Einfliisse aus Deutschland wahrnehmbar
sind. Die Ausstellung als solche zu besprechen, liegt
hier keine Veranlassung vor; wohl aber muß betont
werden, daß ihre Gestaltung zn dem Erfolge wesent-
lich beigetragen hat. Hieran gebiihrt Dr. Ludwig Thor-
mälen das Hauptverdienst. Was die von ihm getrof-
fene Auswahl angeht, so hat er in dem Yorwort zu dem
Ausstellungskatalog, dessen treffliche Arbeit bei Jens
I hiis Bewunderung erregt hat, selbst zugestanden, daß
sie vielleicht in mancher Hinsicht etwas willkürlich
sei. Verstehe ich die ihm vorschwebende Absicht recht.
so war sein Gedanke der, in der Ausstellung vor allem

die Persönlichkeiten, Richtungen und Leistungen zur
Anschaunng zu bringen, die die zur Zeit iiberwie-
gende, ich möchte sagen: die normale Auffassung der
Kunstkritik und Kunstgeschichtsschreibung in
Deutschland als bestimmend für die Entwicklung an-
sieht. Ob diese Auffassung zutrifft, ist eine Frage für
sich; es könnte wohl sein, daß wenig beachtete oder
ganz übersehene Kräfte unseres Kunstlebens sich im
Garige der Dinge unerwartet bedeutsam und frucht-
bar erweisen. Darf ich persönlich sprechen, so will
ich nicht verhehlen, daß der Besuch der Ausstellung
in mir recht gemischte Gefühle erweckt hat. Doch
wenn ein Mann eine Aufgabe übernimmt, so ist ihm
billig Spielraum und Verantwortung zuzugestehen,
und der Erfolg hat jedenfalls für Dr. I hormälen ent-
schieden. Vorbehaltlose Anerkennung gebiihrt der
Ordnung der Ausstellung. Ihr standen die beiden
schönen großen Säle des neuen Kiinstlerhauses zur
Verf iigu ng, das Munthe-Kaas und Blakstad in einem.
man darf wohl sagen, funktionalistischen Stile erbaut
haben. Hier wurden die Bilder nic-ht nach chronologi-
schen oder Schulzusammenhängen, sondern allein im
Hinblick auf wohltuende Gesamtwirkung aufgehängt,
nnd es ist in der Tat ein gefälliges, bei aller Lebhaftig-
keit und Abwechslnng doch nicht unruhiges Bild er-
zielt worden. Gleichsam das Gerüst der Ausstellung
bildeten kleine Kollektionen, durch die Kiinstler, wie
Marc und Macke, Kirchner, Otto Miiller, Kokoschka,
Nolde, Rohlfs, Beckmann, Eeininger, Schmidt-Rottluff,
besonders hervorgehoben wurden. Kolbes schön be-
wegte „Pietä“ empfing den Besucher; iibrigens Avar
die Bildnerei nur mit ein paar Dutzend Veiken
vertreten, aber es waren durchweg Stiicke von hoher
Qualität, die, geschickt aufgestellt, zur Belebung der
Ausstellung beitrugen und der deutschen Plastik eine
achtungsvolle Schätzung sicherten.

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