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(Einleitung: Alt Mannheim.
Blicke und Hoffnungen aller Freunde des Fortschritts gerichtet. Wie früher durch die Kunst-
pflege des Hofes, so wurde Mannheim jetzt durch die Politik der Volksmänner in weiten
Gauen bekannt.
Die dreißiger Jahre entschieden Mannheims kommerzielle Zukunft. Die Befreiung der
Nheinschiffahrt von lästigen Fesseln, die Bildung des Zollvereins und der Aufschwung des gesamten
Verkehrs infolge der Verwendung der Dampfkraft hoben Mannheims Handel in ungeahnter
Weise empor und verschafften ihm neue Absatzgebiete, neue Bezugsquellen. Mannheim wurde
zum wichtigen Btapelplatz der rheinauf und rheinab gehenden Güter, zum Mittelpunkt der
schnell sich entfaltenden rheinischen Bpedition. Dabei wurde sein Nivale die in eine Handels-
niederlassung mit Hafenanlagen umgewandelte ehemalige Nheinschanze, das jetzige Ludwigshafen,
mit dem aber heute die Bchwesterstadt nach Überwindung früherer schroffer Bußerungen der Neben-
buhlerschaft freundnachbarliches Zusammenhalten und mannigfache Interessengemeinschaft verbindet.
Im gleichen Fahre (1840), als die Einweihung des ersten Mannheimer Hafens erfolgte,
durch dessen Bau der Btaat Handel und Verkehr aufs wirksamste förderte, wurde auch die erste
badische Bahnlinie eröffnet: die Btrecke Mannheim-Heidelberg, eine der frühsten aus dem
Kontinent, und auch um deswillen besonders bemerkenswert, weil Baden damit in die führende
Neihe derjenigen Btaaten trat, die selbst den Bau und Betrieb von Eisenbahnen übernahmen.
Bei der Frage des Anschlusses Mannheims und Badens an die Main-Neckarbahn d. h. an
das mittlere Deutschland wurden Mannheims Interessen dadurch aufs schwerste geschädigt, daß
man es der neuen Linie nur als nebensächliche Zweigstation angliederte. Die verkehrseinbuße,
die Mannheim durch den damals neugeschaffenen Knotenpunkt Friedrichsfeld erlitt, ist unbe-
rechenbar, und wirkt heute noch nach. Friedrichsfeld war einer der schwersten und folgen-
reichsten Bchläge, die Mannheim während seiner ganzen Geschichte erlitten hat!
Im Zusammenhang mit den politischen Wirren der Fahre 1848/49, die sich in unserem
engeren vaterlande mit besonderer Bchärfe äußerten, traten wirtschaftliche Erschütterungen aus,
die eine Zeitlang das Busstreben der Stabt hemmten. Nachdem sie überstanden waren, hob —
allerdings noch in ziemlich bescheidenem Umfang, eine regere Entfaltung des kaufmännischen
Lebens an. Nun erst, um die Mitte der fünfziger Fahre erreichte die Einwohnerzahl mit
rund 25000 Beelen wieder den Btand, den sie beim Wegzug Karl Theodors gehabt hatte,
und vermehrte sich in der Folge langsam zwar, aber sicher und gesund.
Man hat das sechste Fahrzent die Zeit der Entwickelung des modernen Kapitalismus,
die spekulative Periode genannt. Sie äußerte sich auch hier, zunächst freilich nur in bescheidenerem
Umfange. Noch in den sechziger Fahren machte Mannheim den Eindruck einer kleinen, stillen
Landstadt, aber doch eines fortschreitenden Gemeinwesens. Im Fahre 1864 hatte es die Ein-
wohnerzahl von 30000 überschritten und langte kurz nach dem deutsch-französischen Kriege
bei 40000 an. Nun vollzog sich die Zunahme in beschleunigterem Tempo dank der schnellen
und vielseitigen Entwicklung des städtischen Lebens. Bis 1880 fand eine Vermehrung um
über 13 000 Beelen statt, und die Volkszählung von 1890 hatte ein Ergebnis von über
79000 Einwohnern. Im Fahre 1895 wurden 91 000, 1900 (wo außer dem großstädtischen
Aufschwung die Einverleibung der Vororte Waldhof-Käferthal und Neckarau das rasche Empor-
schnellen der Ziffer bewirkte) 141 000 und 1905 162 000 Einwohner gezählt.
Etwa seit dem Ende der achtziger Fahre hob der Übergang in großstädtische Ver-
hältnisse an, und eine überreiche Fülle schwieriger und umfangreicher kommunaler Nufgaben
drängte nach Erledigung. Immer größer wurde der Kreis dessen, was die moderne Gemeinde-
politik ins Buge zu fassen und durchzuführen hat. Wie die folgenden Blätter zeigen, spiegelt
sich ein großer Teil dieser Tätigkeit in den hoch- und Tiefbauten, sei es daß sie allgemeinen
kommunalen Zwecken, oder der Erziehung, der sozialen Fürsorge, der volksernährung, der
Hygiene nsw. dienen, sei es daß sie den Verkehr zu fördern und wirtschaftliche Bufgaben zu
(Einleitung: Alt Mannheim.
Blicke und Hoffnungen aller Freunde des Fortschritts gerichtet. Wie früher durch die Kunst-
pflege des Hofes, so wurde Mannheim jetzt durch die Politik der Volksmänner in weiten
Gauen bekannt.
Die dreißiger Jahre entschieden Mannheims kommerzielle Zukunft. Die Befreiung der
Nheinschiffahrt von lästigen Fesseln, die Bildung des Zollvereins und der Aufschwung des gesamten
Verkehrs infolge der Verwendung der Dampfkraft hoben Mannheims Handel in ungeahnter
Weise empor und verschafften ihm neue Absatzgebiete, neue Bezugsquellen. Mannheim wurde
zum wichtigen Btapelplatz der rheinauf und rheinab gehenden Güter, zum Mittelpunkt der
schnell sich entfaltenden rheinischen Bpedition. Dabei wurde sein Nivale die in eine Handels-
niederlassung mit Hafenanlagen umgewandelte ehemalige Nheinschanze, das jetzige Ludwigshafen,
mit dem aber heute die Bchwesterstadt nach Überwindung früherer schroffer Bußerungen der Neben-
buhlerschaft freundnachbarliches Zusammenhalten und mannigfache Interessengemeinschaft verbindet.
Im gleichen Fahre (1840), als die Einweihung des ersten Mannheimer Hafens erfolgte,
durch dessen Bau der Btaat Handel und Verkehr aufs wirksamste förderte, wurde auch die erste
badische Bahnlinie eröffnet: die Btrecke Mannheim-Heidelberg, eine der frühsten aus dem
Kontinent, und auch um deswillen besonders bemerkenswert, weil Baden damit in die führende
Neihe derjenigen Btaaten trat, die selbst den Bau und Betrieb von Eisenbahnen übernahmen.
Bei der Frage des Anschlusses Mannheims und Badens an die Main-Neckarbahn d. h. an
das mittlere Deutschland wurden Mannheims Interessen dadurch aufs schwerste geschädigt, daß
man es der neuen Linie nur als nebensächliche Zweigstation angliederte. Die verkehrseinbuße,
die Mannheim durch den damals neugeschaffenen Knotenpunkt Friedrichsfeld erlitt, ist unbe-
rechenbar, und wirkt heute noch nach. Friedrichsfeld war einer der schwersten und folgen-
reichsten Bchläge, die Mannheim während seiner ganzen Geschichte erlitten hat!
Im Zusammenhang mit den politischen Wirren der Fahre 1848/49, die sich in unserem
engeren vaterlande mit besonderer Bchärfe äußerten, traten wirtschaftliche Erschütterungen aus,
die eine Zeitlang das Busstreben der Stabt hemmten. Nachdem sie überstanden waren, hob —
allerdings noch in ziemlich bescheidenem Umfang, eine regere Entfaltung des kaufmännischen
Lebens an. Nun erst, um die Mitte der fünfziger Fahre erreichte die Einwohnerzahl mit
rund 25000 Beelen wieder den Btand, den sie beim Wegzug Karl Theodors gehabt hatte,
und vermehrte sich in der Folge langsam zwar, aber sicher und gesund.
Man hat das sechste Fahrzent die Zeit der Entwickelung des modernen Kapitalismus,
die spekulative Periode genannt. Sie äußerte sich auch hier, zunächst freilich nur in bescheidenerem
Umfange. Noch in den sechziger Fahren machte Mannheim den Eindruck einer kleinen, stillen
Landstadt, aber doch eines fortschreitenden Gemeinwesens. Im Fahre 1864 hatte es die Ein-
wohnerzahl von 30000 überschritten und langte kurz nach dem deutsch-französischen Kriege
bei 40000 an. Nun vollzog sich die Zunahme in beschleunigterem Tempo dank der schnellen
und vielseitigen Entwicklung des städtischen Lebens. Bis 1880 fand eine Vermehrung um
über 13 000 Beelen statt, und die Volkszählung von 1890 hatte ein Ergebnis von über
79000 Einwohnern. Im Fahre 1895 wurden 91 000, 1900 (wo außer dem großstädtischen
Aufschwung die Einverleibung der Vororte Waldhof-Käferthal und Neckarau das rasche Empor-
schnellen der Ziffer bewirkte) 141 000 und 1905 162 000 Einwohner gezählt.
Etwa seit dem Ende der achtziger Fahre hob der Übergang in großstädtische Ver-
hältnisse an, und eine überreiche Fülle schwieriger und umfangreicher kommunaler Nufgaben
drängte nach Erledigung. Immer größer wurde der Kreis dessen, was die moderne Gemeinde-
politik ins Buge zu fassen und durchzuführen hat. Wie die folgenden Blätter zeigen, spiegelt
sich ein großer Teil dieser Tätigkeit in den hoch- und Tiefbauten, sei es daß sie allgemeinen
kommunalen Zwecken, oder der Erziehung, der sozialen Fürsorge, der volksernährung, der
Hygiene nsw. dienen, sei es daß sie den Verkehr zu fördern und wirtschaftliche Bufgaben zu