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Nationaltheater Mannheim [Hrsg.]
150 Jahre National-Theater Mannheim: 1779 - 1929 — Mannheim, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.20765#0008
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rung aus dem Serail. Op." (Am 2. März hatte der fran-
zösische General Ney Mannheim überrumpelt. Auf Verlangen
der Franzosen mußte das Theater wieder geöffnet werden.
Am 9. Mai mußte auf Verlangen des französischen Komman-
danten im Theater die Marseillaise gespielt werden.)

„30. July 1799. Md. Renner spielte zum letztenmal und
ging nach München."

22. August. „Der Lohn der Wahrheit. H. Stehtzsch
spielte zum letztenmal — geht nach München.

27. August. „Agnes Bernauerin. H. Beck spielte zum
leztenmal. 29, Md. Beck ' ebenfalls. Beide gehen nach
München. Hr. Leonhard wurde Regis.seur." (Samuel
Friedrich Leonhard, Schauspieler und Sänger in Mann-
heim seit 1784. Am 21. September 1784 spielte er (nach
Trinkle) in Goethes Clavigo den, Beaumarchais. Er war bis
1804 Regisseur).

18. September 1799. „Heute warfen die Kaiserlichen die
unartigen Gäste zur Stadt hinaus." (Nach dem Siege des Erz-
herzogs Carl über die Franzosen bei Mannheim besetzten die
Oesterreicher die Stadt.)

15. October 1799. „Heute früh rückten die Franzosen wie-
der ein, nachdem uns in der vergangenen Nacht die Kaiser-
lichen verlassen mußten."

3. November 1799. „Die Danaiden. Op. bestellt von
Lecourbe. Er konnte aber nicht abkommen; die Deutschen
machten ihm jedoch den Feuer regen." (Der französische
General Lecourbe war am 23. Oktober hier eingetroffen,
er hatte das Kommando über die Rheinarmee. Mannheim
mußte ungeheure Kontributionen aufbringen).

10. November 1799. „Die Zauberflöte. Op. Auf Begehren.
Betet Kinder! (sagte Dechant) wenn die der Zauberflöte ist,
werden die Franzosen allemal geschlagen."

12. November. „Das Blatt hat sich gewendet. Auch wir
hofften, das Blatt würde sich wenden."

4. December 1799. „Die Zauberflöte. Op. Hr. Epp, deb.
als. Tamino. Auf Begehren der Bürgerin Lecourp! wid-
rigenfalls das Schauspielhaus zu schließen."

„9. December 1799 rückten die Deutschen wieder ein. Hr.
u. M. Tochtermann gingen nach München ab.

25. März 1800. „Der .Revers. Die ländliche Unterhaltung.
Ball. 1. A., getanzt von Hr. und Md. Heiß. Md. u. Mlle
Pianchi."

„14. May kam der franz. General T h ü r i n g herein. Die
Truppen besetzten nur die Thore. Den 17. zogen sie wieder
ab. Seitdem ist Mannheim ohne Garnison."

26. August 1800. „Heute besetzten die Franzosen wieder
die Stadt."

October 1800. „Wegen dem den 9. dieses am Eingang in
das Parterre sich ereigneten Vorfalls, da H. V o g e 1 seine

Schwiegermutter und die Md. M a r c o n i trotz des Verbotts
der Intendance einführte und den Billet-Einnehmer zurück-
stieß, erhielt H. Vogel seinen A b s c h i e d."

10. November 1800 „starb der Schauspieler M e y e r."

15. Februar 1801. „Die Schwestern von Prag. Oder,
Irrthum in allen Ecken. Op. Jawohl war Irrthum in mancher
Eckel nur in jener nicht, aus welcher gepfiffen wurde."

27. Februar 1801. „Der Lorbeerkranz. Aber suspendiert
zum Vortheil der durch den lezten Brand Verun-
glückte n."

12. May 1801. „Verließen die Franzosen, vermög dem
Friedensschluß zu Luneville die Stadt; nachdem sie seit dem
26. Jul. 1800 ihr Unwesen hier getrieben haben. Herr und
M a d. Beck kamen wieder hier an."

18. May 1801. „Der Strich durch die Rechnung. Hr. u.
Md. Teile, erste Tänzer Sr. Majest: des Königs von Preußen,
tanzten ein pas de deux."

19. May. „Das Blatt hat sich gewendet. Die nemlichen
tanzten ein pas de deux. Abon. suspendiert. Heute stellte
Kurfstl. Th. Indend. Herrn Beck als Directeur dem versam-
melten Personale vor."

31. März. „Helena und Paris. Op. Md. Beck spielt die
Helena."

16. October 1801. „Der Mondkaiser. Der Faßbinder. Op.
Dem Faßbinder Martin gelang es nicht, die dem B. Schaubrod
verunglückte Tonne zu reparieren."

6. Jaenner 1802. „Graf Armand. Op. Schluß der Bühne
wegen Trauer für Sr. Durchl. den H. Erbprinzen von Baaden."

14. März 1802. „L a y ging heimlich fort."

26. July 1802. „Der deutsche Hausvater, und Pygmalion.
H. Iffland spielte den Gr. Wodmar und Pygmalion."

17. August 1802. „Wegen großer Hitze wurde nicht ge-
spielt."

24. August. „Wegen groser Hitze, nichts."

8. September 1802. „H. Singer ging heimlich von hier
fort. Mlle Leonhard und Mlle Mittel gingen ab."

21. November 1802. „Richter starb." (Der Schauspieler
Johannes Richter war vermählt mit Rosina Barbara geb.
Schuhmann).

23. November 1802. Titus. Op. „Hr. Director Beck krönte
unter einer passenden Rede, die Büste Sr. Hochf. Durchl. des
Herrn Marggrafen von Baaden wegen Civilbesitznahme der
Rheinpfalz. (Das vom 23. November datierte Abtretungs-
patent Max Josephs wurde proklamiert, ebenso das Besitz-
nahmepatent Carl Friedrichs. Dieser erteilte am 27. Novbr.
die provisorische Bestätigung des Hoftheaters).

30. November 1802. „Armuth und Edelsinn. Hr. Hoff-
mann übernahm noch vor der Vorstellung den v. d. Husen,
weil Herr Zimmermann betrunken zu Hause lag,
worauf er Hausarrest erhielt."

9. Jaenner 1803. „Ida Münster. Hr. Zimmermann
spielte den Herrmann v. Unna dermasen betrunken, daß
er das Stück ganz ruinierte, vom Publikum ausgezischt, und
nach der Vorstellung auf die Wache geführt wurde."

18. Jaenner 1803. „Nachdem Zimmermann seines
arrests entlassen wurde, erhielt er seinen Abschied, worauf
er heute Mannheim verließ."

(Am 21. Februar genehmigte der „Geheime Rat" den
Fortbestand des Hoftheaters mit einem staatlichen Zuschuß.)

Der letzte Eintrag des Theatersouffleurs Trinkle lautet:
„3. März 1803. Das Neu-Sonntagskind. Op."

Am 6. Mai 1803 starb der Theaterdirektor Heinrich
Beck, im Juni übergab Dalberg seinem Schwiegersohn
Friedrich Anton von Venningen die Leitung des Theaters, am
7. Oktober 1804 feierte das Theater sein 25jähriges Bestehen.

L.\G.

Berühmte Frauen der Mannheimer Bühne

Das Mannheimer Nationaltheater hat zu allen Zeiten,
vorab aber in den Zeiten seines Glanzes neben berühmten
Schauspielern und Sängern berühmte Schauspielerinnen und
Sängerinnen, oder Künstlerinnen, die Sängerin und Schau-
spielerin zugleich waren, auf seinen Brettern gesehen, hat
wohl f?st alls berühmten Schauspielerinnen und Sängerinnen
'wie etwa die Rachel, Jenny Lind und Adeline Patti wenig-
stens als Gäste hier bewundern dürfen. Doch interessieren
uns in diesem Falle insonderheit die berühmten Künst-

CAROLA BECK

geb. Ziegler, ging trotz des Widerstrebens der Eltern
zur Bühne, kam bei einer Aufführung der Emilia Galotti
unglücklich zu Fall, f 24. Juni 1784 in Mannheim, erst
18 Jahre alt.

lerinnen, die Mannheimerinnen von Geburt, und jene, die
einige Zeit an unserer Bühne tätig waren.

Den bunten Reigen jener durchweg auch schönen oder
sehr anmutigen Frauen eröffnet stolz, majestätisch mit etwas
hochfahrenden Gebärden eine Frau, die als die erste Tra-
gödin ihrer Zeit galt:

Sophie Friederike Scyler-Hcnsel

(geb. Sparmann). Eigentlich hätte sie den ersten Platz im
Reigen

Dorothea Wendling

(geb. Spurmi), der Gattin des Flötisten J. B. Wendling, über-
lassen sollen; sie hätte es aber schwerlich getan, da sie ein-
mal überhaupt nicht gern hinter einer anderen Künstlerin

zurücktrat, zum andern, weil Dorothea Wendling zur
„Großen Oper" Karl Theodors gehörte, freilich nicht mit nach
München übergesiedelt, sondern in Mannheim geblieben war,
noch hin und wieder bei Opernaufführungen des National-
theaters mitwirkte, in der Hauptsache aber als hervorragende
Gesangslehrerin durch ihre Schülerinnen mit dem National-
theater verbunden blieb. Jedenfalls war auch sie eine Be-
rühmtheit ihrer Epoche, die Heinse „die deutsche Melpomene
der goldenen Zeit zu Mannheim" nennt und Wieland in
einem Brief an Sophie Laroche (24. Dez. 1777) solchermaßen
rühmt: „Ihre Art zu singen übertrifft alles, was ich bisher
selbst von der berühmten Mara gehört habe. Dies allein ist
wahrer Gesang — Sprache des Herzens und der Seele, jeder
Ton lebendiger Ausdruck des reinsten, innigsten Gefühls; der
ganze Gesang eine fortwallende Schönheitslinie."

Nun Dorothea Wendling überläßt den ersten Platz der
stolzen Sophie Friederike Seyler, die sich ihres Könnens
wohl bewußt ist. War doch selbst ein Lessing von ihrem
Spiel begeistert (Hamburg. Dramaturgie 13. Stück und 20.
Stück) und sagte: „Kein Wort fällt aus ihrem Munde auf die
Erde. Was sie sagt, hat sie nicht gelernt; es kömmt aus
ihrem eigenen Kopfe, aus ihrem eigenen Herzen. Sie mag
sprechen oder sie. mag nicht sprechen, ihr Spiel geht ununter-
brochen weiter." Als er es freilich wagte, ihren maßlosen
Ehrgeiz und ihre fast krankhafte Rollensucht auch nur
ganz wenig zu tadeln, erlaubte sie sich Ungezogenheiten
gegen ihn. Es ist ganz merkwürdig: sie, die als frühver-
waiste Tochter eines Generalstabsmedikus fast zufällig —
auf der Flucht vor einer aufgezwungenen Heirat — schon
mit 16 Jahren zum Theater kam, verwuchs bald so mit ihrer
künstlerischen Tätigkeit, daß sie jeden Erfolg einer anderen
Künstlerin fast als persönliche Kränkung empfand. Einmal
allerdings hat diese wenig schöne Eigenschaft Gutes gewirkt:
als der Kaufmann Seyler, ihr späterer Gatte, aus Liebe zu
ihr den Plan faßte, ihr einen unbestrittenen Wirkungskreis
zu schaffen; einen Plan, der zur Errichtung des ersten deut-
schen Nationaltheaters führte. Zumeist aber schuf ihr Ehr-
geiz unerquickliche Erörterungen und Streit, auch in Mann-
heim, wohin ihr Unstern auch ihre jüngere und schönere
Rivalin

Charlotte Esther Brandes

geführt hatte, mit der sie schon früher in Konflikte geraten
war. Auch Frau Brandes, die Gattin von Johann Christian
Brandes, wurde als bedeutendes schauspielerisches Talent
angesehen und begeisterte alle durch ihr feuriges, hin-
reißendes Spiel. Nicht minder gefeiert wurde ihre Tochter

Minna Brandes,

die als Schauspielerin und Sängerin gefiel, der Liebling des
Mannheimer Publikums war und selbst von ihrem Kollegen
Beil in Gedichten verherrlicht wurde. In Hamburg, wohin
sie mit ihren Eltern von Mannheim aus ging, steigerte sich
noch ihr Erfolg, ohne daß sie sich freilich lange seiner er-
freuen konnte, da sie schon in jungen Jahren starb.

Noch vor der Familie Brandes hatten Seyler und seine
Gattin Mannheim verlassen, nachdem ihn zuletzt ein häßlicher
Streit mit der kecken Schauspielerin Toskani, einer undank-
baren Schülerin seiher Frau, veranlaßt hatte, die Direktion
des Mannheimer Theaters niederzulegen.

An die Stelle von Frau Seyler-Mensel trat

Frau Rennschüb,

die frühere Primadonna des Golhaischen Theaters, die
eine Zierde der Mannheimer Bühne war und besonders
als Erstdarstellerin Schillerscher Frauengestalten (Julia im
Fiesco, Lady Milford in Kabale und Liebe) Interesse bean-
spruchen kann.

Die erste Luise Millerin, und zwar eine Luise nach dem
Herzen des Dichters, aber war eine junge Marinheimerin:

Karoline Ziegler

Auch die erste Leonore (Fiesco) stellte sie dar, und zwar
so vollkommen, daß Iffland urteilte: „Nie habe ich den
Augenblick der Dichtung so wiedergeben sehen. Nie habe
ich diese Accemte wieder gehört, noch die Melodie der Liebe,
wie sie in Fiescos Gattin von diesen Lippen tönte." Ueber-

JOSEPHA SCHÄFER <SCHEEFFER>

zweite Gemahlin Heinrich Becks, beliebte Sängerin von
1782-1819, f Karlsruhe am 20. April 1827.

haupt hat sie alle die zarten und anmutigen, seelenvollen und
liebenswürdigen Frauengestalten, die dem Frauenideal jener
Zeit entsprachen, wohl weil sie diesem Frauenideal selbst
sehr nahe kam, meisterlich darzustellen verstanden. Sie
war eben nicht nur eine ausgezeichnete, begabte Schauspie-
lerin, sondern auch eine „vortreffliche Person" (Schiller),
deren Schicksal auch rein menschlich fesselt. Als Sproß
einer angesehenen Mannheimer Familie (Tochter des Hof-
gerichtsregistrators Franz Ziegler und seiner Gattin Eva
Maria Kobell) war sie fast gegen den Willen der Eltern zur
Bühne gegangen und hatte sich nach heftigem Widerstand
der Eltern mit dem Schauspieler Heinrich Beck vermählt,
dem Schiller sehr zugetan war. Allein nach ganz kurzer
glücklicher Ehe starb sie an den Folgen eines Sturzes (am
24. Juli 1784), so daß „sie eben verschwand, da sie jedermann

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