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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 7.1964

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Nr. 1
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Bornemann, Eduard: Ein dialektisches Kolloquium in Gent
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Höhs, H.: Zur Fernsehaufführung von Euripides' Medea
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https://doi.org/10.11588/diglit.33066#0006
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analysiert und die grammatischen Erscheinungen mit Sicherheit erkannt sind. Auch de
Man betont die Notwendigkeit zusammenhängender Texte 4 an deren Sinn „ä l’aide
de mots et de tournures connues, par le jeu des questions et des reponses, an faisant
l’appel ä l’intuition de l’eleve“ gearbeitet wird, „avant de proceder ä l’analyse du
detail“. Dabei wird die Formenlehre „synoptisch“ erfaßt „en passant ä travers les
declinaisons et les conjugaisons“, immer unter dem Gesichtspunkt der Funktion im
Satz. Das Verständnis der sprachlichen Kategorien soll vom Lateinischen selbst (d’une
vision propre ä 1’ esprit du latin) ausgehen, wobei sich eine neue Terminologie
ergibt, „propre ä eclairer le latin“. Ich muß gestehen, daß mich auch hier die
theoretische Darstellung nicht überzeugt. Man müßte eine praktische Vorfiihrung der
Methode mit einer Schulklasse sehen, um sich ein deutliches Bild machen zu können.
Dies läßt mich einen Wunsch aussprechen, den Vorträge rein didaktischer Art beherzi-
gen sollten: sie miißten mit einem praktischen Probeunterricht verbunden werden. Dazu
wäre vielleicht Gelegenheit, wenn wir die Anregung aufgreifen, die von Prof. Leeman
beim Abschluß des Genter Kolloquiums gegeben wurde: solche internationale methodisch-
didaktischen Aussprachen regelmäßig zu wiederholen. Man hört des öfteren ein Be-
dauern darüber, daß die großen Tagungen unseres DAV zu wenig auf die grundlegende
Lehrpraxis eingehen; hier böte sich Gelegenheit zu einer Ergänzung, die jedem deut-
schen Altphilologen am Herzen liegen muß. Eduard Bornemann

4 Meines Erachtens beruht die Verpönung von Einzelsätzen in altsprachlichen Lehr-
büchern auf einen Fehlschluß. Der Lehrer muß diese sog. „Einzelsätze“ nur erläuternd
in einen Zusammenhang stellen. Dann sind Sätze wie „Teneo te, Africa“ oder „Eig
aüpiov xä ojtouöaia“ (Plutarch, Pelopidas 10) sachlich sinnvolle (und wertvolle) Texte.
Man sollte sie nicht verwechseln mit Geistesprodukten wie „In horto magno vicini probi
saepe ambulabam“.

Zur Fernsehaufführung von Euripides’ Medea

am 12. 12. 63 schreibt ein Schüler des Herausgebers:

In seiner Weltauffassung steht uns der Zweifler Euripides sehr nahe. Sein Bild der
Zerrissenheit und der Bewältigung dieses Zustandes rechtfertigt eine Aufführung der
„Medea“, die zudem eine reizvolle Darlegung eines ewigen Problems bietet, des Ehekon-
fliktes aus der Untreue, und in seiner Hauptfigur ein Meisterstück eines tragischen We-
sens erstehen läßt, das seinesgleichen sucht. Die Grundkonzeption des Euripides, in
Selbstverstrickung und Selbstlösung des Menschen eindeutig, sollte unverändert iiber-
nommen werden, die Schwierigkeit einer Auffiihrung ausschließlich bei der Form liegen.
Es muß eine Form gefunden werden, die der euripideischen Dramaturgie adäquat ist,
ohne den Zuschauer mit den Resten altgriechischen Theaterwesens zu belasten.

Wie steht es nun um Interpretation und Form in der Inszenierung von Karl Heinz
Stroux im Diisseldorfer Schauspielhaus?

Stroux zeigt den unheilbaren klinischen Sonderfall einer Medea, deren Entwicklung
von zielstrebigem Haß und siegessicherer Tücke zu versteinerter Dumpfheit führt. Der
Höhepunkt dieses Krankheitsbildes stellt sich dar in der Reaktion oder vielmehr Stel-
lung gegenüber ihrer Rachetat. Sie hat anscheinend noch gar nicht begriffen, was sie ge-
tan hat; so klingt ihre Beteuerung des Bußwillens unglaubhaft. Die Erleuchtung des
Bühnenbildes ist nicht die ihre, höchstens symbolisch fiir eine vage Hoffnung auf Lösung

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