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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 38.1995

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Nr. 1
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Buchbesprechungen
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Jäckel, Bettina: [Rezension von: Ernst Heitsch, Wege zu Platon. Beiträge zum Verständnis seines Argumentierens]
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Schulz, Hartmut: [Rezension von: Lothar Kiel, Latein für Biologen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33096#0033

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Ein ganz ähnliches Problem behandelt der Aufsatz Verständigung im Gespräch', in dem die Frage
erörtert wird, welche Möglichkeiten dem Menschen mit der Sprache gegeben sind und auf welche
Weise diese Möglichkeiten am ehesten realisiert werden können. Hierbei betont Heitsch ausdrück-
lich, daß die Sprache nach Platon dem Menschen die Möglichkeit gibt, adressaten- und situations-
gerecht zu sprechen. Ein Text gewährt demgegenüber keine Sicherheit und Eindeutigkeit
Im Aufsatz ,Argumentationsstruktur im Ion' zeigt Heitsch darüber hinaus, wie Ion nicht mehr ist
„als ein Spielball in den Händen eines Mannes, der mit Virtuosität seine suggestiven Fragen gerade
so stellt, daß die Einsicht in das Richtige verbaut und der Partner statt dessen auf immer neue
Holzwege gelockt wird" (S. 101). Diese Einsicht zu gewinnen ist jedoch dem Leser des Werkes Vor-
behalten.
Der Artikel ,Das hypothetische Verfahren im Menon' erläutert das hypothetische Argumentations-
verfahren, in welchem Bedingungen herausgearbeitet werden, unter denen eine gegebene Behaup-
tung gerechtfertigt werden kann. Aus diesen Bedingungen (Prämissen P) und der Behauptung
(Konklusio K) läßt sich ein Syllogismus bilden (PI: Tugend ist Wissen; P2: Wissen ist lehrbar; K: Tu-
gend ist lehrbar). Um zu beweisen, daß die Behauptung tatsächlich wahr ist, ist es nötig, die Wahr-
heit der Prämissen nachzuweisen. Für diesen Nachweis stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung:
Entweder wird die Prämisse als evident angesehen oder sie wird ebenfalls syllogistisch nachgewie-
sen oder sie wird induktiv bestätigt. Heitsch betont ausdrücklich, daß Platon sich über diese logi-
sche Form des hypothetischen Verfahrens wohl bewußt war. Daß es nicht in der oben beschriebe-
nen, geradezu mathematischen Art in Erscheinung tritt, liegt daran, daß Platon „die nüchterne
logische Struktur im Medium des lebendigen Dialoges zu verdecken" (S. 48) versuchte.
Das Problem des Dialoges Kratylos - das Thema des Aufsatzes .Sprachphilosophie im Kratylos' -
behandelt die schwierige Frage nach der opedvriq icov öwporcrov; sie bleibt für Heitsch nicht unge-
löst, auch wenn es dem Leser so scheinen könnte. Es geht um die Frage, ob es eine von Natur aus
richtige Bezeichnung der Wörter gibt (^uosr) oder ob die Richtigkeit der Bezeichnungen Überein-
kunft und Verabredung (vopco) sei. Der Dialog bietet eine Lösung des Problems, die Heitsch anhand
von drei Thesen erläutert: Auch hier betont er wieder, daß Platon mit Lesern rechnet, die kritisch
mitdenken und sich von scheinbaren Übereinstimmungen nicht irreführen lassen (These 3). Die im
Dialog geführten Diskussionen haben die Funktion von indirekten Beweisen (These 2). Die Antwort
auf die Frage des Dialoges wird nicht als Antwort, sondern eher beiläufig gegeben (These 1).
Ein kurzer Überblick über die Leitthemen des Bandes soll hier genügen. In jedem Fall ist festzustel-
len, daß Heitsch mit bewundernswerter geistiger Schärfe kleinste schwerverständiiche Textab-
schnitte neu beleuchtet hat und anhand dieser den Leser nachvollziehen läßt, wie Platon seine Ar-
gumentation aufgebaut hat. So erweist sich Heitsch selbst als einer dieser von Platon erhofften
mitdenkenden Leser, dem einzig Erkenntnis - auf indirektem Wege - vermittelt wird.
BETTINA JÄCKEL, Berlin
Lothar Kre/; Late/'n für ß/'o/ogen. 3. Lt'ndauer Ver/ag München. 7994. 7 7 7 9. 75 DM.
Schlägt man als Nicht-Biologe dieses hauptsächlich für Studierende gedachte kleine Lehrwerk auf,
findet man nicht nur einen deutlichen Beleg für die nach wie vor große Bedeutung des Lateinischen
als lebendiger Fachsprache, sondern ebenfalls ein Feld für lohnende Neuentdeckungen, die auch
den eigenen Unterricht durchaus bereichern können, gehören doch Grundzüge der Wortbildungs-
lehre und die Fähigkeit zur Erschließung von Fremdwörtern zu den allgemein anerkannten und von
den Rahmenplänen geforderten Lernzielen des Lateinunterrichts. Darüberhinaus sind Ergänzungs-
kurse zu wissenschaftlichen Fachterminologien ein zumindest fakultatives Angebot der Gymnasia-
len Oberstufe. Der Lehrgang beginnt mit einer Einführung in die historische Entwicklung der bio-

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