Kurt Tuchoisky: Sprechen Sie Lateinisch?
Vor 60 Jahren, am 27. 72. 7025, beg/ng Kurb Tucbo/sky, der bumorvo//e und ge/s7re/cb-/ro n /sch e
Mora//sb und Ze/b/rr/b//rer der t/Ve/marer Pepub///r, aus Verzwe/Y/ung über d/e frbo/ge der /Vaz/s
5e/bsbmord 7n 5chweden. B/s beute /sb er a/s t/Yerafur- und Ybeaterbr/Y/Yer begannt. V/'e/e /rennen
auch manche se/'ner Ged/chbe, Chansons und 5zenen, besonders aber se/ne b/ebesromane
„Phe/nsberg" (7972) und „5ch/o8 Gr/psbo/m" (7927). V/en/ger be/rannt /st v/e//e/cbb d/e (o/gende
Buchbesprechung, d/e er vor 70 Jahren, am 22. 6. 7925, /n der „ Voss/'schen Ze/bung" verö((enb//cbbe
und d/e w/r h/er - anges/chts des neuerwachten /nteresses am bate/nsprechen^ - m/t treund//cher
Genebm/gung des Bowoh/t-Ver/ages nachdruc/ren. ^ A. F.
Sprechen Sie Lateinisch? Ich brauche einen vollständigen Anzug;
Frack, Beinkleider und eine Weste.
Dhagla catha un; ek guft pathlum,
kamarband ekghora.
Polyglott Kuntze: <Hindostanisch>
Als ich durchs Abiturium fiel, hatte der kleine Teuber eine Bierzeitung gedichtet, in der stand ein
Fortsetzungsroman im Feuilleton, geschrieben im Stil der lateinischen Extemporalien. „Der Jüng-
ling, mit Liebe zu jenem Mädchen behaftet, begab sich auf das Landgut des Vaters, und obgleich er
nicht gewiß war, die Zustimmung dieses zu erringen, warf er sich demselben zu Füßen
(Partizipium) und rief: ,0 Vater! Laß mich der Hand deiner schönen Tochter teilhaftig werden!'"
Fortsetzung folgt.
Daß im gelehrten Mittelalter in der Küche nur deutsch, im Salon aber Küchenlatein gesprochen
wurde, ist bekannt. Das Latein von heute ist das Cockney-Englisch, in manchen Kontinenten spa-
nisch, aber trotzdem hat ein offenbar wieder auferstandener Mönch einen für Schüler und Huma-
nisten gleich amüsanten Versuch gemacht: er hat ein Konversationsbuch in lateinischer Sprache
herausgegeben. Sprechen S/e Labe/n/sch?' Von Dr. Georg Capeltanus. (Ferd. Dümmlers Verlags-
buchhandlung, Berlin.)^
Für unsere Ohren, die die Profanierung dieses Unterrichtsgegenstandes nicht gewöhnt sind, klingt
so ein Latein unsäglich komisch. (Das Buch ist es gar nicht, sondern es ist eine sehr lustige und mü-
helose Übung für die Herren Lateiner.) Es gibt Leute, die können es gar nicht - von einem aber
heißt es gar verächtlich: „Er spricht Küchenlatein. 5ermo e/us /ab/nus cu//nam redo/eb." Pfui!
Besonders schön ist es, wenn so die alltäglichen Sätze in silberner Latinität auftauchen. Einer will
spazieren gehen, aber er weiß noch nicht, wen er mitnehmen soll. Qu/ds/ /Yugonem? Wie wäre es
mit Hugo? Was lebhaft an die ostpreußische Wendung erinnert, die da in der Analogie die zweite
Frage an die erste mit der Silbe „Ei" knüpft. „Wie gehts der Mutter?" - „Danke, gut." - „Ei dem
Vatä - ?" Das heißt: Und wie geht es dem Vater? So auch: Qu/ds/ Y/ugonem.
Mulmig wirds, wenn der Togabewehrte sich mit modernen Gegenständen zu befassen hat. Ein
lateinisches Frühstück ... das habe ich mir immer mal gewünscht. Bitte, bedienen Sie sich: Ve//m tu
/pse sumas/ Aber was, 5oco/ada, ub vocanb. Schokolade, wie sie es nennen, sie, das probanum vu/-
gus. Aber auch der Lateiner ist der Erde unterworfen. Vacuus m/b/ venber crep/bab - mein leerer
Magen knurrt, obgleich doch e//xa, assa, br/xa das sind: gekochte Eier, Spiegeleier und Rühreier. Nur
nicht schämen! Pro/nde ag/bo, ac s/ dom/ s/s buae/ Tun Sie gerade, als wenn Sie zu Hause wären!
Und was ein feiner Lateiner ist, so rühmt er, der Hausfrau zu Gefallen, die Speisen, /us esb non /ne-
/egans/ Die Soße (der Schüh) ist nicht unübel. Das Latein auch nicht. Und was tut Jannings derwei-
len? Ach, Emil ... Aem////, /nber cenam bu non quod be d/gnum esb bac/s/ Emil, du benimmst dich bei
Tisch nicht so, wie es sich für dich gehört!
107
Vor 60 Jahren, am 27. 72. 7025, beg/ng Kurb Tucbo/sky, der bumorvo//e und ge/s7re/cb-/ro n /sch e
Mora//sb und Ze/b/rr/b//rer der t/Ve/marer Pepub///r, aus Verzwe/Y/ung über d/e frbo/ge der /Vaz/s
5e/bsbmord 7n 5chweden. B/s beute /sb er a/s t/Yerafur- und Ybeaterbr/Y/Yer begannt. V/'e/e /rennen
auch manche se/'ner Ged/chbe, Chansons und 5zenen, besonders aber se/ne b/ebesromane
„Phe/nsberg" (7972) und „5ch/o8 Gr/psbo/m" (7927). V/en/ger be/rannt /st v/e//e/cbb d/e (o/gende
Buchbesprechung, d/e er vor 70 Jahren, am 22. 6. 7925, /n der „ Voss/'schen Ze/bung" verö((enb//cbbe
und d/e w/r h/er - anges/chts des neuerwachten /nteresses am bate/nsprechen^ - m/t treund//cher
Genebm/gung des Bowoh/t-Ver/ages nachdruc/ren. ^ A. F.
Sprechen Sie Lateinisch? Ich brauche einen vollständigen Anzug;
Frack, Beinkleider und eine Weste.
Dhagla catha un; ek guft pathlum,
kamarband ekghora.
Polyglott Kuntze: <Hindostanisch>
Als ich durchs Abiturium fiel, hatte der kleine Teuber eine Bierzeitung gedichtet, in der stand ein
Fortsetzungsroman im Feuilleton, geschrieben im Stil der lateinischen Extemporalien. „Der Jüng-
ling, mit Liebe zu jenem Mädchen behaftet, begab sich auf das Landgut des Vaters, und obgleich er
nicht gewiß war, die Zustimmung dieses zu erringen, warf er sich demselben zu Füßen
(Partizipium) und rief: ,0 Vater! Laß mich der Hand deiner schönen Tochter teilhaftig werden!'"
Fortsetzung folgt.
Daß im gelehrten Mittelalter in der Küche nur deutsch, im Salon aber Küchenlatein gesprochen
wurde, ist bekannt. Das Latein von heute ist das Cockney-Englisch, in manchen Kontinenten spa-
nisch, aber trotzdem hat ein offenbar wieder auferstandener Mönch einen für Schüler und Huma-
nisten gleich amüsanten Versuch gemacht: er hat ein Konversationsbuch in lateinischer Sprache
herausgegeben. Sprechen S/e Labe/n/sch?' Von Dr. Georg Capeltanus. (Ferd. Dümmlers Verlags-
buchhandlung, Berlin.)^
Für unsere Ohren, die die Profanierung dieses Unterrichtsgegenstandes nicht gewöhnt sind, klingt
so ein Latein unsäglich komisch. (Das Buch ist es gar nicht, sondern es ist eine sehr lustige und mü-
helose Übung für die Herren Lateiner.) Es gibt Leute, die können es gar nicht - von einem aber
heißt es gar verächtlich: „Er spricht Küchenlatein. 5ermo e/us /ab/nus cu//nam redo/eb." Pfui!
Besonders schön ist es, wenn so die alltäglichen Sätze in silberner Latinität auftauchen. Einer will
spazieren gehen, aber er weiß noch nicht, wen er mitnehmen soll. Qu/ds/ /Yugonem? Wie wäre es
mit Hugo? Was lebhaft an die ostpreußische Wendung erinnert, die da in der Analogie die zweite
Frage an die erste mit der Silbe „Ei" knüpft. „Wie gehts der Mutter?" - „Danke, gut." - „Ei dem
Vatä - ?" Das heißt: Und wie geht es dem Vater? So auch: Qu/ds/ Y/ugonem.
Mulmig wirds, wenn der Togabewehrte sich mit modernen Gegenständen zu befassen hat. Ein
lateinisches Frühstück ... das habe ich mir immer mal gewünscht. Bitte, bedienen Sie sich: Ve//m tu
/pse sumas/ Aber was, 5oco/ada, ub vocanb. Schokolade, wie sie es nennen, sie, das probanum vu/-
gus. Aber auch der Lateiner ist der Erde unterworfen. Vacuus m/b/ venber crep/bab - mein leerer
Magen knurrt, obgleich doch e//xa, assa, br/xa das sind: gekochte Eier, Spiegeleier und Rühreier. Nur
nicht schämen! Pro/nde ag/bo, ac s/ dom/ s/s buae/ Tun Sie gerade, als wenn Sie zu Hause wären!
Und was ein feiner Lateiner ist, so rühmt er, der Hausfrau zu Gefallen, die Speisen, /us esb non /ne-
/egans/ Die Soße (der Schüh) ist nicht unübel. Das Latein auch nicht. Und was tut Jannings derwei-
len? Ach, Emil ... Aem////, /nber cenam bu non quod be d/gnum esb bac/s/ Emil, du benimmst dich bei
Tisch nicht so, wie es sich für dich gehört!
107