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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 38.1995

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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[Rezension von: Christiane Zimmermann, Der Antigone-Mythos in der antiken Literatur und Kunst]
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[Rezension von: Michel von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, Bd 1. 2.]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33096#0080

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des weit unterschätzen, wenn Verf. meint, daß für ihn in seiner weitestgehend verlorenen Antigone
„eine ansprechende romantische Handlung" wichtiger war „als eine tiefe Diskussion menschlicher
Verantwortung" ($.188) ? Es bleibt, daß Frau Zimmermann hier den Stoff umfassend zusammenge-
stellt und umsichtig und präzise analysiert hat - in dieser Hinsicht eine grundlegende Arbeit.
Doch sie will mehr. Ihr Ziel ist es vor allem, das herauszuarbeiten, was sie den „Grundmythos"
nennt: „nicht die erste - unauffindbare -, .ursprüngliche' Gestalt des Antigone-Mythos, sondern
diejenige narrative Struktur, die den Mythos während der gesamten Antike begleitet und durch die
Wiederholung zum .Mythos' macht" (S. 257). Als dessen vier Elemente bezeichnet Verf.: a. Antigo-
ne ist mit der Kontroverse um die Bestattung eines Familienangehörigen (Polyneikes bzw. Oidipus)
im Zusammenhang mit dem Kampf um Theben konfrontiert; b. ihr Standpunkt hierbei wird von der
herrschenden Staatsgewalt nicht akzeptiert; c. Antigone tritt für die Postulate des religiös-ethischen
Bereichs ein; d. Antigone verkörpert paradigmatisch die positive Beziehung von Mann und Frau
sowohl in der Familie wie in der Ehe. Dies könnte zunächst als reine Abstraktion verstanden wer-
den, deren jeweilige Konkretisationen dann mit rezeptionsgeschichtlichen Kriterien untersucht
werden. Das tut Verf. auch. An anderen Stellen aber erscheint dieser Grundmythos hypostasiert als
Träger einer eigenen Bedeutung, als sei er Ausdruck eines kollektiven mythischen Denkens, der
allen einzelnen Gestaltungen als Substrat zugrundeliege. Wie Verf. in den einleitenden Kapiteln
darlegt, ist dieser Ansatz im Gefolge von L^vi-Strauss u. a. von Vladimir Propp an russischen Mär-
chen entwickelt worden. Mir scheint es weiterer Klärung zu bedürfen, ob er geeignet ist, Werke der
Literatur und Kunst, denen doch weniger ein kollektives Bewußtsein als ein sehr individueller Ge-
staltungswille zugrundeliegt, angemessen zu analysieren.
A/brechf, M/c/iae/ von.* Geschieh fe der röm/'seden D'ferafur von Andron/'cus b/s 8oefd/us. M/'f ße-
rucksf'cbdgung /drer Bedeutung für d/'e Meuze/'f. ßd 7. 2. fdnveränd. pbofomeeb. /Vacddr. d. 7994
/m K. G. Saur Ver/ag ersed. 2., verb. u. erw. Auf/J München.' Deutscher Taschenbuch Ver/ag 7994
(dtv 467$). 7466 S. 73,00 DM f/SBTV 3-423-04673-70-
Innerhalb kürzester Zeit hat sich Michael von Albrechts Geschichte der römischen Literatur zu ei-
nem Standardwerk entwickelt. Bereits nach zwei Jahren ist eine Neuauflage notwendig geworden,
die der Verf. zum Anlaß genommen hat, an mehreren hundert Stellen Versehen zu berichtigen und
eigene neue Einsichten und Hinweise auf zahlreiche Neuerscheinungen aufzunehmen.
Mehr noch als Leskys mit ähnlicher Souveränität geschriebene griechische Literaturgeschichte trägt
dies Werk den Charakter eines Handbuchs. Wesentlich bereits das Eingangskapitel „Entwicklungs-
bedingungen der römischen Literatur", in denen von Albrecht, wie er es stets in beeindruckender
Weise tut, auf ganz einfache Beobachtungen zentrale Aussagen baut u.a. zu den Themen
„Tradition und Erneuerung", „Individuum und Gattung", „Zwischen altrömischer Mentalität und
neuen Ideen". Vier Epochenkapitel (z. B. „Literatur der republikanischen Zeit im Überblick"), die
jeweils die Großkapitel II - V eröffnen, bieten Querschnitte durch das literarische Leben einer Epo-
che. Im Anschluß daran wird jeweils im einzelnen die Poesie, dann die Prosa nach Gattungen und
Autoren vorgestellt. Ferner finden sich Gattungskapitel als Längsschnitte (z. B. „Römisches Epos"),
die jeweils vor dem frühesten bedeutenden Vertreter eingefügt sind. Ein Studium in Längsschnitten
wird auch durch den gleichbleibenden Aufbau der Autorenkapitel ermöglicht: Leben, Datierung;
Quellen, Vorbilder; Gattungen; Literarische Technik; Sprache und Stil; Gedankenwelt; Überliefe-
rung; Fortwirken. Dabei wird die literarische Reflexion („Gedankenwelt I") von den übrigen Ideen
des betreffenden Autors („Gedankenwelt II") getrennt behandelt. Originell und wertvoll ist insbe-
sondere auch, was von Albrecht jeweils über das „Fortwirken" zu sagen weiß. Entsprechend dem.

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