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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 38.1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.33096#0138

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Die zehnköpfige Jury hatte schließlich mehrere hundert Seiten zu lesen, darunter manches reizvolle
Interview: so kommt der Philosoph Platon in der Athener Frauenzeitschrift mit dem anspielungsrei-
chen Namen „Xanthippe" zu Wort, der Mörder Caesars wird befragt und Sokrates steht Rede und
Antwort (klar, daß er dem Interviewer das Heft aus der Hand nimmt und dieser bald unglücklich
aussieht - wie man das eben kennt bei Sokrates!). Es begegnen ziemlich alle in heutigen Drucker-
zeugnissen geläufige Themen, Gattungen und Rubriken: Politik natürlich und (erstaunlich viel)
Wirtschaft, Sport und Kultur, Mode, Wohnen, Essen und Lokales, Werbung und Kleinanzeigen,
Klatsch, Horoskope, Leserbriefe, die Kinderseite (!) und - ziemlich regelmäßig - das Wetter morgen,
es gibt Nachrichten aus dem In- und Ausland, Kommentar und Meinung, witzige Warentest-
Berichte, exotische Reise-Reportagen (Ägypten, Griechenland, Gallien) und und und! Vergnüglich
sind auch die Titel der Printprodukte: da gibt es die (von Caesar als dem „Erfinder" der Zeitung
tatsächlich ins Leben gerufenen) Acta Diurna oder Acta Romana, aber auch Focus, Speculum
(Spiegel), Speculum Diei (Tagesspiegel), Griechische Allgemeine, Imago (Bild), Veritas (Wahrheit)
oder die Athener B Z. (Baxin zetein, was soviel wie Gerüchte-Küche bedeutet).
Nicht uninteressant ist eine Analyse der Herkunft der Arbeiten; bleibt man bei der (Gott-sei-Dank
überwundenen) Unterscheidung zwischen Ost- und Westteil Berlins, dann liegen von den 28 betei-
ligten Schulen 13 im Osten Berlins, 15 im Westen, 42 % (-28) der Schülerarbeiten kommen aus
dem Ostteil, 58 % (=39) aus dem Westtei). 1993 war das noch ganz anders: von den 79 beteiligten
Gruppen stammten damals nur 14 aus dem Ostteil Berlins, das waren 18 %. Bei genauem Hinse-
hen, d. h. unter Berücksichtigung des weit höheren Anteils an Lateinunterricht im Westen, haben
beim diesjährigen Wettbewerb die Lateinschüler (und die Lateinlehrer) im Ostteil diejenigen im
Westteil an Engagement bereits überrundet. Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Am Wettbe-
werb beteiligen sich (das wird überall so sein) hauptsächlich junge und junggebliebene Latein- und
Griechischlehrer: im Ostteil Berlins sind nun (anders als im Westen) in den vergangenen Jahren eine
Reihe von jungen Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden. Diese engagieren sich in ihrem
neuen Arbeitsbereich kräftig für ihr Fach und haben den Wettbewerb offensichtlich genutzt, um
für das im Aufbau befindliche Fach Latein zu werben und ihre Schüler mit einer komplexen Aufga-
be zu begeistern - genau darin besteht die Zielsetzung des Wettbewerbs! So verwundert es nicht,
daß in diesem Jahr den von den Freunden des Antikenmuseums gestifteten Preis für die engagier-
teste Schule das am Römerweg (!) gelegene Lichtenberger Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasium er-
hielt. JOSEF RABL
Die „Deutsche Lehrerzeitung" 20/95 veröffentlichte in ihrer dritten Mai-Ausgabe unter der Über-
schrift: „Hamburg: Mekka für totgesagte Sprachen - Wer sich durchs Latinum gequält hat, schafft
schließlich auch Russisch - Jeder dritte Abiturient begeistert sich für alte Sprachen, die Eltern eifern
ihnen nach" folgenden Artikel von ULF LAESSING:
Cicero war ein überaus wichtiger Zeitgenosse, neue politische Ideen prüfte er stets gewissenhaft.
Diese wichtige Eigenschaft des römischen Philosophen machen Hamburger Schüler noch heute
täglich aufs neue.
„Lateinunterricht hat einen durchaus praktischen Nutzen", sagt die 18jährige Barbara, eine von 50
Schülern, die am Matthias-Claudius-Gymnasium zur Zeit in der Oberstufe Latein lernen. „Nicht nur
unsere Sprache, auch unsere Kultur findet hier ihren Ursprung. Das merkt man schon beim bloßen
Museumsbesuch."
Das Interesse an den immer wieder totgesagten Sprachen der Antike läßt in der Hansestadt nicht
nach. „Irgendwie sind wir doch alle Römer und Griechen", meint der in der Schulbehörde zuständi-
ge Fachreferent, Klaus Peters. „Es geht ja im Unterricht nicht nur um die Grammatik, sondern auch

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