Meier-Graefe, Julius; Böcklin, Arnold [Ill.]: Der Fall Böcklin und die Lehre von den Einheiten (Stuttgart, 1905)

KUNST-WISSENSCHAFT

Um nicht den Tadel einer oberflächlichen Behandlung
ernster Fragen herauszufordern, werde ich im folgenden
genötigt sein, Dinge zu berühren, die sich für einen
grogen Teil meiner Leser, so hoffe ich wenigstens, von
selbst verstehen. Selbst bei ernsthafter Diskussion solcher
Kapitel habe ich oft bemerkt, wie in der Hitze des
Gefechts alles schwankt; eine Voraussetzung, die eben
noch galt, im nächsten Moment angezweifelt wird, und
jeder Schritt vorwärts um ebensoviel zurückgleitet, weil
man sich nicht vorher über gewisse Grundlagen einigte.
Daher bitte ich um Nachsicht, wenn es einmal langweilig
wird. Ich mügte bei knapperer Formulierung fürchten,
migverstanden zu werden, oder wäre unschlüssig, ob ich
weiter gehen darf. Dazu kommt die Sprödigkeit des
Stoffs, zumal die Unmöglichkeit, mit Sätzen und seien
sie auch noch so lang, nur annähernd das zu ersetzen,
was der kleinste schnelle Blick auf das Kunstwerk in einem
Moment enthüllen kann. Hier empfängt der Betrachter
alles zusammen auf einmal. Das Grundwesen der bildenden
Kunst, durch das sie sich von allen anderen Künsten
elementar unterscheidet, besteht darin, dag alle ihre

Böcklin. 1