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ERFINDUNG

Man wird Böcklin lassen müssen, dag er ein Erfinder
war. Dieser Begriff der Erfindung, der in unserer Lehre
von den Einheiten nicht vorkommt, bedarf vielleicht noch
einer Klärung. Die Gefilde der Seligen, das Spiel der
Wellen oder irgend ein anderer Vorwurf hätten natürlich
so gut ein unsterbliches Gemälde geben können wie irgend
einVorwurf derAlten. Nicht wenigeroriginelleErfindungen
wurden von grofjen Künstlern zu wahren Kunstwerken
gebildet, und jeder freut sich ihrer, der die Kunt liebt.
Der Zufall will, dag der soeben besprochene Vorwurf
Böcklins drei und ein halbes Jahrhundert vor ihm einem
der größten Maler der Vergangenheit diente, einem
Ahnen deutscher Kunst, vor dem wir uns alle in Ver-
ehrung beugen: Holbein. Und das Bild ist eins seiner
Meisterwerke geworden.

Auch Holbein malte einst einen Menschen mit einem
Totengerippe, ganz ähnlich wie das erwähnte Selbst-
porträt Böcklins der Nationalgalerie: es ist das bekannte
Schatzmeisterbildnis mit Tod und Stundenglas der
Münchener Pinakothek. Man weig nicht, ob Holbein
auf den Einfall kam oder der Kunde, ob es ihm an-
genehm war oder nicht. Er malte das Bild jedenfalls,
als ob es so sein mügte. Das Skelett ist bei nahem
betrachtet eigentlich viel unheimlicher als das Böck-
lins, ja es hat einen ungeheuerlich grausigen Aus-
 
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