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DIE BEIDEN PERIODEN BÖCKLINS

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Wärme zunimmt, sich andere, durchaus gleichgestimmte
Töne angliedert und zu einer weichen, duftigen Har-
monie wächst. Auf der anderen Seite empfängt der
Betrachter vergleichsweise einen Stog, dessen Heftigkeit
erschreckt. Man hat das Gefühl eines Gewaltsamen,
Starken, vorher das eines Träumerischen, Allmählichen.
Dieser erste Eindruck soll zunächst weder zugunsten
des einen noch des anderen entscheiden. Denn der Leser
könnte möglicherweise eine ihm ähnlich dünkende
Differenz empfinden, wenn ich ihm zumutete, von dem
Zarten plötzlich auf das Werk eines anderen Künstlers,
der ausgesprochene Farben liebt, zu blicken, zum Bei-
spiel auf einen stark farbigen Rubens, ohne dag er
deshalb zugunsten des einen oder anderen entscheiden
könnte. Vielleicht entsteht schon jetzt die Überzeugung,
dag der Rubens, auch wenn man an den farbigsten, wie
z. B. den „Raub der Töchter des Leukippos“ in Miinchen,
denkt, besser mit dem friihen, matten Böcklin zusammen-
geht, als unsere beiden Seiten miteinander; oder dag,
was diesen Rubens und diesen Böcklin trennt, ein viel
weniger Prinzipielles, sondern ein mehr dem unvermeid-
lichen, verschiedenartigen Einstellen des Auges Ent-
sprechendes bedeutet, während zwischen den beiden
Seiten Böcklins eine unüberbriickbare Verschiedenheit
klafft. Um so besser. Wir werden aber auf sichererem
Wege dahin gelangen, diese abseits liegende Wirkung
des späteren Böcklin zu erkennen. Bleiben wir zu-
nächst einmal ohne kritische Folgerung bei der Differenz
und versuchen wir sie zu erklären.
 
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