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ZWEITER TEIL
Vielleicht ist dieses Erbe der Lessing und Winckel-
mann der blutigste Witz, den je die wechselvollen Ge-
schicke der Kunstgeschichte hervorgebracht haben. Kein
Zufall. Wer heute den Laokoon mit Nachdenken liest,
wird sich nicht wundern, daß der erlauchte Irrtum —
ein Dokument unserer Rasse, dem wir kein zweites zur
Seite zu stellen haben — noch nach hundert Jahren zum
Fanatismus treiben konnte. Was Böcklin verwirklicht,
pries Lessing mit einer Gewalt der Rede, der man den
letzten Sinn nicht nachzurechnen wagt, so erhaben spricht
der Geist des Weisen selbst im Irrtum. Dieselbe Ver-
kennung des Fleisches und Blutes der Malerei, die
Böcklin richtet, steckt schon im Schöpfer des Laokoon.
Eins ist anders geworden: Der Geist des Weisen ist von
uns gewichen, und nur im Irrtum sind wir noch mit ihm
verbunden.
ZWEITER TEIL
Vielleicht ist dieses Erbe der Lessing und Winckel-
mann der blutigste Witz, den je die wechselvollen Ge-
schicke der Kunstgeschichte hervorgebracht haben. Kein
Zufall. Wer heute den Laokoon mit Nachdenken liest,
wird sich nicht wundern, daß der erlauchte Irrtum —
ein Dokument unserer Rasse, dem wir kein zweites zur
Seite zu stellen haben — noch nach hundert Jahren zum
Fanatismus treiben konnte. Was Böcklin verwirklicht,
pries Lessing mit einer Gewalt der Rede, der man den
letzten Sinn nicht nachzurechnen wagt, so erhaben spricht
der Geist des Weisen selbst im Irrtum. Dieselbe Ver-
kennung des Fleisches und Blutes der Malerei, die
Böcklin richtet, steckt schon im Schöpfer des Laokoon.
Eins ist anders geworden: Der Geist des Weisen ist von
uns gewichen, und nur im Irrtum sind wir noch mit ihm
verbunden.