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Kintzinger, Martin; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa: auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds — Mittelalter-Forschungen, Band 2: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.8246#0315

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Türkenkrieg, Hussitengefahr und Grenzregion bis 1430

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Die Lage machte es dennoch erforderlich, zu diesem Zweck die Kräfte des We-
stens soweit möglich zusammenzuführen. Hier ließ Sigmund nun seinen Familiären
und Consiliarius Henricus Beyer erneut auf den Plan treten; er gehörte zu jenen, die
im Sommer 1418 mit militärischem Auftrag nach Frankreich geschickt worden waren.
Am 14. Juni 1421 hatte er nun ein Schreiben an Ludwig von Chalon, den Reichsvikar
für Burgund, zu überbringen. In einer häufig verwandten Formulierung bat Sigmund
darin um Hilfe cofünz HjLMgs, fEeücros H fzgreü'cos Bofzgmz'gA Ganz ähnlich hatte er
schon 1412 argumentiert. Nach dem erfolgreichen Abschluß des Konstanzer Konzils
und angesichts der gewachsenen Bedrohung durch beide Gegner war der Zeitpunkt
für ein solches Begehren nun günstiger als neun Jahre zuvor. Daß er sich gerade an
Ludwig von Chalon wandte, zeigt zudem bereits eine weitere Tendenz an, die seine
Politik in den zwanziger Jahren kennzeichnen sollte: eine verstärkte Hinwendung zu
den Grenzregionen des Reichs, namentlich gegenüber Frankreich V Ein entsprechen-
der Appell an Karl VI. oder die Fürsten Frankreichs ist hingegen nicht überliefert.
Das heißt keineswegs, daß die westeuropäischen Monarchien selbst unberührt
geblieben wären von den Nöten des erwählten Kaisers. Vermutlich auf diplomati-
schem Weg war es ihm durchaus gelungen, die Brisanz der Situation eindrücklich
vorzustellen. Allerdings schätzte er das Erreichbare realistisch ein und verzichtete,
anders als vor Nikopolis, jetzt auf förmliche Hilfsbegehren. In den politischen Trak-
taten Alain Chartiers, zwischen 1425 und 1428 Gesandter Karls VII. am Hof Sig-
munds/' zeigt sich, daß die hussitische Lehre und ihre Folgen im Umkreis des fran-
zösischen Königs durchaus bedacht wurden. Grund dazu hatte er, wie auch der
Herzog von Burgund, schon im eigenen Interesse, da häretische Bewegungen be-
reits in ihre Länder Übergriffen.'^
Eine Hanuzgüg a;zx Hüssües Chartiers verfolgte hingegen eindeutig die Absicht,
Sigmund zu zeigen, daß man seine Anliegen ernst nahm." In homiletischem Duk-

13 HHSTAA Wien, Reichsregisterbände, G, fol. 93r. Dort auch unter demselben Datum die Gesandt-
schaftsbeglaubigung.
14 Auf Ludwig von Chalon wird im Anschluß näher einzugehen sein.
15 Entscheidend für den Rang dieser Gesandtschaft dürfte die Akkreditierung bei Sigmund gewe-
sen sein, unabhängig vom Ort seines jeweiligen Aufenthalts. Manfred Tietz, Art. Chartier. In:
LexMA 2, Sp. 1744, spricht für die genannten Jahre von diplomatischen Missionen »nach Un-
garn...«, Favier, Art. Chartier, S. 253, hingegen von der Rolle eines »ambassadeur aupres de
hempereur Sigismond«. Von den drei in dieser Zeit entstandenen Traktaten tragen die ersten bei-
den den Titel prewnA [resp. second] discoMrs & wüssiow düdemagne, der dritte denjenigen einer
Larangae aax Jmssües (persaasio ad pragcasis in/ide danianfes). Les oeuvres latines d' Alain Chartier.
(Sources d'histoire medievale). Hrsg. v. Pascale Bourgain-Hemeryck. Paris 1977, S. 171,191,196
(Textanfänge der Editionen). Ausführlich literarhistorisch eingeordnet wird Chartier bei Le-
maire, Visions, passim. Sein Werk aus der Zeit Karls VI. skizziert Pierre-Jean Roux, Alain Char-
tier devant la crise du pouvoir royal au debut du XVe siede. In: Culture et pouvoir au temps de
l'Humanisme et de la Renaissance. Genf/Paris 1978, S. 7-16. Vgl. auch Allmand, The hundred
years war, S. 154 f. (zum Friedensverständnis). Kenneth Fowler, Introduction: War and change
in late medieval France and England. In: The hundred years war, S. 1-27, hier S. 21 (zum bio-
graphischen Hintergrund).
16 Heribert Müller, Die Franzosen, Frankreich und das Basler Konzil (1431-1449). (Konzilien ge-
schichte, B). 1.2. Paderborn/München/Wien/Zürich 1990,1, S. 817 f.
17 Harangue, ebd., S. 196-205. Daß eine Gesandtschaft des französischen Königs 1426 an Sigmund
geschickt wurde, um unter anderem über die Hussitenfrage zu verhandeln, war bereits zu er-
wähnen. Nachweis: AD Dijon B 11933 (Einzelstück; 1426).
 
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