Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kintzinger, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa: auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds — Mittelalter-Forschungen, Band 2: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8246#0380

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Entwicklungsphasen, Absichten
und Techniken

Zwei Phasen seiner auswärtigen Politik in Westeuropa werden erkennbar. Das Jahr
1422 als Zäsur und die schwierige Lage in Böhmen seit der Mitte der zwanziger
Jahre waren dafür vor allem verantwortlich, nicht zuletzt, weil der Hussitenkampf
Sigmund für mehrere Jahre vom engeren Reichsgebiet - und damit auch von den
Verhältnissen in Westeuropa - fernhielt. Die erste Phase einer bewußt gestalteten
auswärtigen Politik im Westen begann, will man die Zeit seines ungarischen Kö-
nigtums seit 1387 als Vorstufe dazu verstehen, mit der Wahl zum Reichsoberhaupt
1410/11. Im Zeichen der notwendigen Befriedung Europas, bemüht um einen Er-
folg des Konstanzer Konzils und um den weiteren Kampf gegen die Türken, griff
Sigmund von Beginn an zu traditionellen wie innovativen Elementen politischen
Handelns gleichermaßen.
Ausgreifende Pläne wie derjenige von 1414, eine Tnhs ühcr reges ef prmcz'pes Ro-
?7MrzorM77z, Fnwccnun ef /bzgh'e zustande bringen zu wollen, gehörten zu den neuen
und durchaus gewagten Ansätzen Sigmunds. Sie lassen Horizonte späterer inter-
nationaler Politik erahnen, die in seiner Zeit noch nicht erreichbar waren. Er selbst
konnte nicht mehr sein als ein Mediator. Wenn auch mit (gleichsam vorweggenom-
mener) kaiserlicher Autorität auftretend, konnte er Frieden und Einigkeit außerhalb
des Reiches niemals gebieten, sondern mußte sie zu finden suchen. Ein Zusam-
menwirken mit den übrigen Fürsten des christlichen Europa, vor allem den Köni-
gen von Frankreich und England, war dafür unerläßlich. Diesem Ziel - selbst nur
Mittel zu Größerem - galt Sigmunds Bemühen während des ersten Jahrzehnts sei-
ner Regierung.
Die zweite Phase seiner auswärtigen Politik im Westen begann mit der Rück-
kehr ins Binnenreich 1430. Sie war zunächst von einer vorsichtigen, wechselseitigen
Annäherung an Karl VII. von Frankreich und, nochmals abgeschwächt, auch an
Heinrich VI. von England gekennzeichnet. Beiden Monarchen ging es aber offen-
sichtlich nicht darum, Grundlagen künftigen Zusammenwirkens mit Sigmund zu
legen. Seitens Heinrichs blieb es bei den Bedingungen des Vertrages von Canter-
bury, wie sie 1416 festgeschrieben worden waren, obwohl beiden Seiten längst be-
wußt war, daß dieser Beistandspakt gegen Frankreich nie umgesetzt werden würde.
Gegenüber Frankreich-Burgund suchte Sigmund weiterhin eine Bindung, doch
wurde diese Absicht nicht erwidert. Die Verträge von 1417 mit Burgund und von
1434 mit Karl VII. waren kaum mehr als Episoden in einer sich wandelnden Bezie-
hung der Regenten; politische Folgen hatten sie nicht. Anders als in Konstanz,
konnte Sigmund auch auf dem Basler Konzil zwar durchaus Erfolge seiner Ver-
mittlungspolitik vorweisen, doch handelten die anderen Mächte, vor allem der Kö-
 
Annotationen