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Kintzinger, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa: auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds — Mittelalter-Forschungen, Band 2: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.8246#0043

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1. Die Politik dynastischer Bindungen

1. a. Das Haus Luxemburg und das Reich.
Die Politik gegenüber England und Frankreich seit Karl IV.
Als Sigmund 1410/11 die Regierung im Reich antrat, fand er Verfahrensformen,
Techniken und Ergebnisse auswärtiger Politik des Reiches in Westeuropa vor, wie
sie vor allem durch seinen Vater und kaiserlichen Vorgänger, Karl IV., geprägt wor-
den waren.' Ebenso vor Augen hatte er die zwischenzeitlichen Bemühungen seines
Bruders Wenzel und Ruprechts von der Pfalz. Wenn hier danach zu fragen ist, wie
Sigmund selbst seine auswärtige Politik gestaltete, so muß zunächst diese Tradition
nachgezeichnet werden. Aus ihr ließ sich ersehen, welche Techniken grenzüber-
greifenden Handelns es den Vorgängern ermöglicht hatten, die eigenen Absichten
zum Erfolg zu führen, mit welchen sie gescheitert waren und welche sich unter den
Gegebenheiten der eigenen Zeit empfahlen.
Nicht weniger als das Herkommen im Reich spielten die Traditionen und ak-
tuellen Verfahrensformen eine Rolle, die sich in den Nachbarländern beobachten
ließen. Wie versuchten die Könige von Frankreich und England, wie der Herzog
von Burgund, eigene auswärtige Politik zu gestalten und durchzusetzen? Auch
hieraus konnte Sigmund ersehen, was in seiner Zeit möglich und erreichbar war.
Aus heutiger Sicht darf ohnehin die auswärtige Politik eines Reiches und eines
Herrschers nicht nur für sich genommen und isoliert dargestellt werden.
Erst aus dem Zusammenspiel aller Kräfte ergibt sich ein verläßliches Bild von
den Eigenarten, Zielen und Chancen auswärtiger Politik in Europa zu Beginn des
15. Jahrhunderts - und erst in diesem Rahmen läßt sich zeigen, worin das Beson-
dere der Politik Sigmunds bestand.
Daher wird zunächst die luxemburgische und pfälzische Tradition darzustel-
len sein, die Sigmund vorfand, und die aktuelle politische Lage zwischen Frank-
reich, England und dem Reich. Auch auf die inneren Verhältnisse des französischen
wie des englischen Königreichs ist dabei einzugehen. Wer prägte das Geschehen
dort, wie stark waren die Könige und wie einflußreich die Fürsten? Es wird zu zei-
gen sein, daß sich für die Politik Sigmunds hieraus die Möglichkeit ergab, sowohl
mit den Monarchen als auch mit den Fürsten anderer Länder zusammenzuarbeiten.
Auf das Reich angewandt stellt sich schließlich dieselbe Frage: Gab es Kontakte zwi-
schen Reichsfürsten und den Königen von Frankreich und England und inwiefern
war, was Sigmund nach außen tat, von ihnen und durch das Reich mitgetragen?

1 »Sigismund hatte als Herrscher stets die - während seiner Erziehung gezielt vertieften - Vorbil-
der seines Vaters Karls IV. und seines Schwiegervaters Ludwig des Großen vor Augen.« Hoensch,
Sigismund, S. 503.
 
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