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Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Hehl, Ernst-Dieter [Oth.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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Herbers, Klaus: Das Papsttum und die iberische Halbinsel im 12. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0064

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Klaus Herbers

Das Recht ergänzte und überlagerte, löste aber Zahlungen nicht ab. Das »Do ut
des«-Prinzip war schon anfangs weder ein simples Verhältnis zweier Kontrahenten
noch von festen Werten geprägt: Die Höhe der Gaben bemaß sich vielleicht an der
Gegenleistung und der augenblicklichen Konstellation - für bestimmte Privilegien
mußte Diego beispielsweise nachbessem aber es gab keinen »Tarif«176. Dennoch
scheint die Bitte des katalanischen Bischofs Arnald von Urgell 1174 von Diegos Zah-
lungen verschieden. Er bat den Legaten Hyacinth, für ihn in Rom zu intervenieren,
und er erklärte sich bereit, für eventuelle Ausgaben geradezustehen177. 1162 ver-
kaufte man in Compostela Äcker, um die von Alexander III. entsandten Legaten mit
20 Silbermark bedenken zu können; der vergleichsweise geringe Betrag erklärt sich
auch aus der Situation des um Obödienzen ringenden Alexander III.178. Jedoch
wirkt dies - verglichen mit früheren Zeiten - wenig. Geld blieb auch nach dem Pon-
tifikat Calixts II. wichtig179, aber die Summen und die Verfahrensweisen folgten nun
anscheinend engeren, zumindest teilweise anderen Regeln. Trotzdem scheinen Be-
griffe wie »Korruption« oder »Bestechlichkeit« auch für diese Phase keinesfalls zu-
treffend.
2. Deutlich macht dies außerdem, daß weder zu Beginn noch zu Ende des
12. Jahrhunderts von einem festen System, sondern allenfalls von Tendenzen ge-
sprochen werden kann: In einem stärker von Rechtsnormen geprägten Geflecht
spielten neben Geld, konkurrierenden Ansprüchen und Rangfragen vor allem per-
sönliche Beziehungen eine Rolle. Kardinäle, Legaten und weitere Vermittler schei-
nen schon zu Beginn des Jahrhunderts in das »Do ut des«-Prinzip einbezogen. Des-
halb wurden sie180 - zumindest von klugen Bittstellern - mit Geld bedacht, um die
päpstliche Entscheidung zu fördern181.
Das Ringen um Bundesgenossen oder um Lürsprecher, in Rom und anderswo,
verdeutlichen die Briefe an die Päpste sowie die zahlreichen und häufigeren Romrei-
176 Hiermit meine ich nicht die spätestens seit Innozenz HI. belegten üblichen Gebührensätze zur
Ausfertigung einer Papsturkunde, vgl. hierzu schon Harry Bkesslau, Handbuch der Urkun-
denlehre, 1. Band, 3. Aufl. Berlin 1958, S. 329f.
177 Vgl. Kehr, Papsturkunden in Spanien (wie Anm. 26), Bd. 1, S. 459 Nr. 161.
178 Die Bereitschaft der Betroffenen, riesige Geldzahlungen aufzubringen, bestand offensichtlich
nur dann, wenn auch Außergewöhnliches zu erwarten war. Der geringe Betrag ist deshalb mei-
nes Erachtens kein Zeichen für die Notlage Spaniens (wie Säbekow, Die päpstlichen Legationen
nach Spanien [wie Anm. 41] S. 53, vermutete: »Notlage Spaniens, ... wenn sogar der reiche
Wallfahrtsort Santiago, zu dem König Ferdinand die Legaten schickte, kirchliche Liegenschaf-
ten veräußern mußte, um die Kurie zufriedenzustellen«), sondern er spricht eher dafür, daß oh-
ne Gegenleistung und zumal für einen noch um Obödienzen ringenden Papst sich die Spenden-
bereitschaft in Grenzen hielt. - Zu diskutieren bleibt, ob Säbekow mit der Bezeichnung dieser
Bezahlung als »Bestechlichkeit« nicht von einem zu modernen Staatsbegriff ausgeht.
179 Vgl. zu Überlegungen, daß der Höhepunkt der Zahlungen seit Calixt II. überschritten war, oben
Anm. 41-63.
180 Die oben S. 33-35 genannten Summen gingen keinesfalls alle an den Papst, vielmehr waren u. a.
Kardinäle, Vermittler aus Cluny sowie die direkten Petenten einbezogen.
181 Die Briefe und Bittschreiben an den Papst, die in den großen Forschungsprojekten zur Papstge-
schichte leider bisher nicht systematisch erfaßt werden, sind aufschlußreich, will man die Be-
deutung Roms und das päpstliche Urteil einschätzen. - Vgl. beispielsweise die Belege bei Kehr,
Das Papsttum und der katalanische Prinzipat (wie Anm. 31) zu den katalanischen Kanonikern,
die sich 1115 an die maiestatis vestre reverentia wenden (S. 86) oder Graf Raimund Berengar IV.,
der Hadrian IV. 1156 als den ehrwürdigen Herrn und Vater der christlichen Religion bezeichnet
(S. 90).
 
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