Das Papsttum und die Iberische Halbinsel
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sen - Erzbischof Peculiaris von Braga war siebenmal in Rom182 die noch systemati-
scher gesichtet werden müßten. Diese Beobachtungen ordnen sich in neuere For-
schungen über die Rolle von Vermittlern und Spielregeln in der mittelalterlichen Ge-
sellschaft ein183, greifen auch Fragen über die retardierenden oder beschleunigenden
Wirkungen konsensualer Herrschaft184 oder der Inszenierung jeweiliger Machtan-
sprüche - hier besonders auf päpstlich bestimmten Konzilien185 - auf. Für die päpst-
liche Machtentfaltung ist in jüngerer Zeit mehrfach nicht nur aufgrund der spani-
schen Beispiele deutlich geworden, wie dieses Prinzip besonders seit dem Pontifikat
Calixts II. an Gewicht gewann186. Die Durchsetzung von Obödienzen, die längere
Zeiträume der Papstgeschichte des 12. Jahrhunderts mit ihren Schismen bestimmte,
dürfte die Bedeutung von Mittlern weiter gesteigert haben187, von denen Fegaten be-
sonders wichtig waren188. Hinzu treten Rechtsgelehrte189, Reisende und Pilger190,
aber auch weitere, hier kaum genannte Personengruppen, die vermitteln konnten.
Dies gilt nicht nur für Personen, die von Rom auf die Iberische Halbinsel kamen, son-
dern auch umgekehrt für Spanier in Rom. Warum hebt der bekannte Benjamin von
Tudela bei seiner Beschreibung Roms die jüdischen Berater und Beamten des Papstes
Alexanders III., darunter dessen Palast- und Besitzverwalter, hervor191? Fagen hier
182 Erdmann, Papsttum und Portugal (wie Anm. 26), S. 27ff. Vgl. hierzu künftig die Erlanger Dis-
sertation von Ingo Flusch, der auch auf Zahlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren von
1215 eingeht.
183 Vgl. außer zahlreichen Aufsätzen zusammenfassend Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im
Mittelalter: Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997.
184 Bernd Schneidmüller, Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politi-
scher Ordnung im Mittelalter, in: Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit: Fest-
schrift für Peter Moraw, hg. von Paul-Joachim Heinig u. a. (Historische Forschungen 67), Ber-
lin 2000, S. 53-87, der Chancen und Probleme konsensualer Staatlichkeit seit dem hohen Mittel-
alter - allerdings eher mit Blick auf Mitteleuropa - würdigt.
185 Für die hier in den Blick genommene Thematik wäre am ehesten auf das Konzil von Valladolid
1155 (vgl. die kurze Paraphrase zur Inszenierung bei Erdmann, Papsttum und Portugal [wie
Anm. 26], S. 39) oder die Verhandlungen auf dem Laterankonzil 1215 zu verweisen, vgl. oben
S. 38-40. Allgemein zur Bedeutung von Inszenierung und Mündlichkeit auf Konzilien Lauda-
ge, Ritual und Recht (wie Anm. 82).
186 Laudage, Rom und das Papsttum (wie Anm. 41), S. 42-53.
187 Zu den Schismen vgl. Schmale, Studien zum Schisma (wie Anm. 91); Stroll, The Jewish Pope
(wie Anm. 41); Laudage, Alexander III. und Friedrich Barbarossa (wie Anm. 14). Zu vergleichen
sind für diese Zeiten auch die Ergebnisse bezüglich der Legatentätigkeit vgl. hierzu Weiss, Ur-
kunden der päpstlichen Legaten (wie Anm. 17).
188 Vgl. außer dem Beitrag von Claudia Zey in diesem Band zu den Urkunden Weiss, Urkunden
der päpstlichen Legaten (wie Anm. 17).
189 Vgl. vor allem Anm. 172-175.
190 Vgl. die Urkunde Calixts II., der mit einem Brief vom 5. Juli 1121 Erzbischof Diego von Compo-
stela einen Pilger empfiehlt: JL 6920, Historia Compostellana, ed. Falque Rey (wie Anm. 24), II
44, S. 297. Vgl. zu den Boten, die in Pilgerkleidung durch feindliches Gebiet reisten, oben S. 33.
Allgemein zum Kulturaustausch durch Pilger und der Frage von Pilgerwegen Klaus Herbers,
La genesis del camino de Santiago, in: Ano mil, ano dos mil. Dos milenios en la Historia de
Espana, Madrid 2001, S. 43-61 mit der Sichtung bisheriger Literatur.
191 Benjamin von Tudela/Petrachja von Regensburg, Jüdische Reisen im Mittelalter, aus dem He-
bräischen, deutsch von Stefan Schreiner (Sammlung Dietreich 416), Leipzig 1991 (vgl. dort
S. 166 zur 1907 erschienenen maßgeblichen Edition von Marcus Nathan Adler). Die Benjamin-
Passage hier S. 14: »Von dort [sc. Lucca] dauert die Reise sechs Tage bis zur Stadt Rom [...]. Dort
leben etwa zweihundert angesehene Juden. Steuern zahlen sie niemandem. Einige von ihnen
sind Beamte des Papstes Alexander, des Oberhauptes der gesamten Christenheit. Unter ihnen
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sen - Erzbischof Peculiaris von Braga war siebenmal in Rom182 die noch systemati-
scher gesichtet werden müßten. Diese Beobachtungen ordnen sich in neuere For-
schungen über die Rolle von Vermittlern und Spielregeln in der mittelalterlichen Ge-
sellschaft ein183, greifen auch Fragen über die retardierenden oder beschleunigenden
Wirkungen konsensualer Herrschaft184 oder der Inszenierung jeweiliger Machtan-
sprüche - hier besonders auf päpstlich bestimmten Konzilien185 - auf. Für die päpst-
liche Machtentfaltung ist in jüngerer Zeit mehrfach nicht nur aufgrund der spani-
schen Beispiele deutlich geworden, wie dieses Prinzip besonders seit dem Pontifikat
Calixts II. an Gewicht gewann186. Die Durchsetzung von Obödienzen, die längere
Zeiträume der Papstgeschichte des 12. Jahrhunderts mit ihren Schismen bestimmte,
dürfte die Bedeutung von Mittlern weiter gesteigert haben187, von denen Fegaten be-
sonders wichtig waren188. Hinzu treten Rechtsgelehrte189, Reisende und Pilger190,
aber auch weitere, hier kaum genannte Personengruppen, die vermitteln konnten.
Dies gilt nicht nur für Personen, die von Rom auf die Iberische Halbinsel kamen, son-
dern auch umgekehrt für Spanier in Rom. Warum hebt der bekannte Benjamin von
Tudela bei seiner Beschreibung Roms die jüdischen Berater und Beamten des Papstes
Alexanders III., darunter dessen Palast- und Besitzverwalter, hervor191? Fagen hier
182 Erdmann, Papsttum und Portugal (wie Anm. 26), S. 27ff. Vgl. hierzu künftig die Erlanger Dis-
sertation von Ingo Flusch, der auch auf Zahlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren von
1215 eingeht.
183 Vgl. außer zahlreichen Aufsätzen zusammenfassend Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im
Mittelalter: Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997.
184 Bernd Schneidmüller, Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politi-
scher Ordnung im Mittelalter, in: Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit: Fest-
schrift für Peter Moraw, hg. von Paul-Joachim Heinig u. a. (Historische Forschungen 67), Ber-
lin 2000, S. 53-87, der Chancen und Probleme konsensualer Staatlichkeit seit dem hohen Mittel-
alter - allerdings eher mit Blick auf Mitteleuropa - würdigt.
185 Für die hier in den Blick genommene Thematik wäre am ehesten auf das Konzil von Valladolid
1155 (vgl. die kurze Paraphrase zur Inszenierung bei Erdmann, Papsttum und Portugal [wie
Anm. 26], S. 39) oder die Verhandlungen auf dem Laterankonzil 1215 zu verweisen, vgl. oben
S. 38-40. Allgemein zur Bedeutung von Inszenierung und Mündlichkeit auf Konzilien Lauda-
ge, Ritual und Recht (wie Anm. 82).
186 Laudage, Rom und das Papsttum (wie Anm. 41), S. 42-53.
187 Zu den Schismen vgl. Schmale, Studien zum Schisma (wie Anm. 91); Stroll, The Jewish Pope
(wie Anm. 41); Laudage, Alexander III. und Friedrich Barbarossa (wie Anm. 14). Zu vergleichen
sind für diese Zeiten auch die Ergebnisse bezüglich der Legatentätigkeit vgl. hierzu Weiss, Ur-
kunden der päpstlichen Legaten (wie Anm. 17).
188 Vgl. außer dem Beitrag von Claudia Zey in diesem Band zu den Urkunden Weiss, Urkunden
der päpstlichen Legaten (wie Anm. 17).
189 Vgl. vor allem Anm. 172-175.
190 Vgl. die Urkunde Calixts II., der mit einem Brief vom 5. Juli 1121 Erzbischof Diego von Compo-
stela einen Pilger empfiehlt: JL 6920, Historia Compostellana, ed. Falque Rey (wie Anm. 24), II
44, S. 297. Vgl. zu den Boten, die in Pilgerkleidung durch feindliches Gebiet reisten, oben S. 33.
Allgemein zum Kulturaustausch durch Pilger und der Frage von Pilgerwegen Klaus Herbers,
La genesis del camino de Santiago, in: Ano mil, ano dos mil. Dos milenios en la Historia de
Espana, Madrid 2001, S. 43-61 mit der Sichtung bisheriger Literatur.
191 Benjamin von Tudela/Petrachja von Regensburg, Jüdische Reisen im Mittelalter, aus dem He-
bräischen, deutsch von Stefan Schreiner (Sammlung Dietreich 416), Leipzig 1991 (vgl. dort
S. 166 zur 1907 erschienenen maßgeblichen Edition von Marcus Nathan Adler). Die Benjamin-
Passage hier S. 14: »Von dort [sc. Lucca] dauert die Reise sechs Tage bis zur Stadt Rom [...]. Dort
leben etwa zweihundert angesehene Juden. Steuern zahlen sie niemandem. Einige von ihnen
sind Beamte des Papstes Alexander, des Oberhauptes der gesamten Christenheit. Unter ihnen