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Hubertus Seibert
re Stifte gegründet hatte, bat er die Kardinallegaten Petrus Leonis und Gregor von
S. Angelo, die künftigen Päpste Anaklet II. und Innozenz II., um die päpstliche Ap-
probation seiner Gründung Premontre42. Von Honorius II. ließ er sich die Grün-
dung, Lebensform und Ausstattung seiner acht Stifte bestätigen43. Aber gerade die-
se Urkunde vom 16. Februar 1126 zeigt auch, daß er die päpstliche Autorität viel
stärker funktional begriff und für seine Ziele dienstbar zu machen verstand. So in-
strumentalisierte er sie zur Stärkung seiner rechtlichen Position gegenüber den
Bischöfen, denen die - neue - Schutzformel der Urkunde ausdrücklich untersagte,
die Brüder dieser Lebensform (religio) aus ihren Kirchen zu vertreiben44. Den be-
achtlichen Einfluß, den Norbert auf das Diktat der Honorius-Urkunde nahm, bele-
gen noch zwei weitere Passagen. Zunächst bestätigte Honorius Norbert auch den
Besitz von zwei Stiften - Ilbenstadt und S. Martin/Laon -, die sich nachweislich
nicht in Norberts, sondern in bischöflichem Besitz befanden45. Darüber hinaus ver-
anlaßte Norbert anscheinend, daß keine seiner acht Gründungen in den päpstlichen
Schutz auf genommen wurde. Dessen rechtliche Wirkung betrachtete Norbert offen-
sichtlich als Einschränkung seiner auf Eigenkirchenrecht gegründeten Besitzan-
sprüche46. Diese straffe Bindung der ersten Stifte an die Person Norberts verhinder-
te, daß sie in eine nähere rechtliche Beziehung zum Papst traten. Das änderte sich
erst mit Norberts Verzicht auf die Leitung Premontres im Jahre 112847. Während Flo-
reffe bereits am 4. November 1128 eine päpstliche Schutzurkunde erhielt48, wurde
42 Dies bezeugen zwei Quellen, die Legatenurkunde Petrus' Leonis und Gregors von S. Angelo
von 1124, Juni 28, ed. Carolus Ludovicus Hugo, Sacri et canonici ordinis Praemonstratensis
Annales, Bd. I, Nancei 1734, Probationes Sp. VHIf.: Vestrum ergo propositum sedis apostolicae, cuius
legationis fungimur, authoritate firmamus (VIII), und die wohl gleichzeitige Urkunde Bischof Si-
mons von Noyon für Norbert, ed. Dietrich Lohrmann, Papsturkunden in Frankreich. Neue
Folge, Bd. 7 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Hi-
storische Klasse, Dritte Folge, 95), Göttingen 1976, Nr. 29, S. 269f.: Interfuerunt autem huic confir-
mationi (sc. Bischof Simons von Noyon) sanctae Romanae aecclesiae cardinales atque legatiqui et
ipsi tarn excommunicationem nostram quam institutionem predictam (sc. Premontre) astipulatione sua
simul et auctoritate roborauerunt (268), die Stefan Weiss, Die Urkunden der päpstlichen Legaten
von Leo IX. bis Coelestin HI. (1049-1198) (Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 13), Köln
1995, S. 86f. u. 90, entgangen ist.
43 JL 7244, ed. Migne PL 166, Sp. 1249-1251; Felten, Norbert (wie Anm. 40), S. 118f.; Grauwen,
Norbert (wie Anm. 23), S. 57-60.
44 JL 7244, ed. Migne PL 166, Sp. 1250A: nullus etiam episcoporum futuris temporibus audeat, eiusdem
religionis fratres ab ecclesiis vestris expellere. Zu Norberts Bemühungen, die kanonischen Amts-
rechte der zuständigen Bischöfe bei der Gründung von Floreffe und Cappenberg zu umgehen
und einzuschränken Stefan Weinfurter, Norbert von Xanten - Ordensstifter und »Eigenkir-
chenherr«, in: Archiv für Kulturgeschichte 59,1977, S. 66-98, bes. S. 81f.
45 Ilbenstadt unterstand dem Erzbischof von Mainz, vgl. die Stiftungsurkunde Erzbischof Adal-
berts I. von 1123, ed. Mainzer Urkundenbuch, Bd. 1, bearb. von Manfred Stimming, Darmstadt
1932, Nr. 513, S. 415-417; Franz Paul Mittermaier, Die Anfänge der Prämonstratenserstifte
Ober- und Nieder-Ilbenstadt in der Wetterau, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte
11, 1959, S. 9-41, bes. S. 10-12. Zu S. Martin/Laon Hermann von Toumai, Liber (wie Anm. 41),
HI, 5, S. 657, Z. 23-33.
46 Zur »libertas Norbertina« und ihren rechtlichen Auswirkungen Weinfurter, Norbert (wie
Anm. 26), S. 92f.
47 Vita Norberti A (wie Anm. 25), cap. 18, S. 696, Z. 12 - 697, Z. 12; Weinfurter, Entstehung (wie
Anm. 27), S. 77.
48 JL 7323, ed. Migne PL 166, Sp. 1284f.
Hubertus Seibert
re Stifte gegründet hatte, bat er die Kardinallegaten Petrus Leonis und Gregor von
S. Angelo, die künftigen Päpste Anaklet II. und Innozenz II., um die päpstliche Ap-
probation seiner Gründung Premontre42. Von Honorius II. ließ er sich die Grün-
dung, Lebensform und Ausstattung seiner acht Stifte bestätigen43. Aber gerade die-
se Urkunde vom 16. Februar 1126 zeigt auch, daß er die päpstliche Autorität viel
stärker funktional begriff und für seine Ziele dienstbar zu machen verstand. So in-
strumentalisierte er sie zur Stärkung seiner rechtlichen Position gegenüber den
Bischöfen, denen die - neue - Schutzformel der Urkunde ausdrücklich untersagte,
die Brüder dieser Lebensform (religio) aus ihren Kirchen zu vertreiben44. Den be-
achtlichen Einfluß, den Norbert auf das Diktat der Honorius-Urkunde nahm, bele-
gen noch zwei weitere Passagen. Zunächst bestätigte Honorius Norbert auch den
Besitz von zwei Stiften - Ilbenstadt und S. Martin/Laon -, die sich nachweislich
nicht in Norberts, sondern in bischöflichem Besitz befanden45. Darüber hinaus ver-
anlaßte Norbert anscheinend, daß keine seiner acht Gründungen in den päpstlichen
Schutz auf genommen wurde. Dessen rechtliche Wirkung betrachtete Norbert offen-
sichtlich als Einschränkung seiner auf Eigenkirchenrecht gegründeten Besitzan-
sprüche46. Diese straffe Bindung der ersten Stifte an die Person Norberts verhinder-
te, daß sie in eine nähere rechtliche Beziehung zum Papst traten. Das änderte sich
erst mit Norberts Verzicht auf die Leitung Premontres im Jahre 112847. Während Flo-
reffe bereits am 4. November 1128 eine päpstliche Schutzurkunde erhielt48, wurde
42 Dies bezeugen zwei Quellen, die Legatenurkunde Petrus' Leonis und Gregors von S. Angelo
von 1124, Juni 28, ed. Carolus Ludovicus Hugo, Sacri et canonici ordinis Praemonstratensis
Annales, Bd. I, Nancei 1734, Probationes Sp. VHIf.: Vestrum ergo propositum sedis apostolicae, cuius
legationis fungimur, authoritate firmamus (VIII), und die wohl gleichzeitige Urkunde Bischof Si-
mons von Noyon für Norbert, ed. Dietrich Lohrmann, Papsturkunden in Frankreich. Neue
Folge, Bd. 7 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Hi-
storische Klasse, Dritte Folge, 95), Göttingen 1976, Nr. 29, S. 269f.: Interfuerunt autem huic confir-
mationi (sc. Bischof Simons von Noyon) sanctae Romanae aecclesiae cardinales atque legatiqui et
ipsi tarn excommunicationem nostram quam institutionem predictam (sc. Premontre) astipulatione sua
simul et auctoritate roborauerunt (268), die Stefan Weiss, Die Urkunden der päpstlichen Legaten
von Leo IX. bis Coelestin HI. (1049-1198) (Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 13), Köln
1995, S. 86f. u. 90, entgangen ist.
43 JL 7244, ed. Migne PL 166, Sp. 1249-1251; Felten, Norbert (wie Anm. 40), S. 118f.; Grauwen,
Norbert (wie Anm. 23), S. 57-60.
44 JL 7244, ed. Migne PL 166, Sp. 1250A: nullus etiam episcoporum futuris temporibus audeat, eiusdem
religionis fratres ab ecclesiis vestris expellere. Zu Norberts Bemühungen, die kanonischen Amts-
rechte der zuständigen Bischöfe bei der Gründung von Floreffe und Cappenberg zu umgehen
und einzuschränken Stefan Weinfurter, Norbert von Xanten - Ordensstifter und »Eigenkir-
chenherr«, in: Archiv für Kulturgeschichte 59,1977, S. 66-98, bes. S. 81f.
45 Ilbenstadt unterstand dem Erzbischof von Mainz, vgl. die Stiftungsurkunde Erzbischof Adal-
berts I. von 1123, ed. Mainzer Urkundenbuch, Bd. 1, bearb. von Manfred Stimming, Darmstadt
1932, Nr. 513, S. 415-417; Franz Paul Mittermaier, Die Anfänge der Prämonstratenserstifte
Ober- und Nieder-Ilbenstadt in der Wetterau, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte
11, 1959, S. 9-41, bes. S. 10-12. Zu S. Martin/Laon Hermann von Toumai, Liber (wie Anm. 41),
HI, 5, S. 657, Z. 23-33.
46 Zur »libertas Norbertina« und ihren rechtlichen Auswirkungen Weinfurter, Norbert (wie
Anm. 26), S. 92f.
47 Vita Norberti A (wie Anm. 25), cap. 18, S. 696, Z. 12 - 697, Z. 12; Weinfurter, Entstehung (wie
Anm. 27), S. 77.
48 JL 7323, ed. Migne PL 166, Sp. 1284f.