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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0109
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Die Fürsten als Garanten der Reichsordnung: Die Wahl Lothars III.

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den^. Daß er dort als Kandidat der Sachsen auftrat, ist hingegen ziemlich sicher.
Selbst wenn die Nachricht der Kaiserchronik, Lothar sei von Boten einer Für-
stenversammlung zur Kandidatur aufgefordert worden^, recht unwahrscheinlich
ist, so mag in dem Bericht, die Sachsen hätten ihn daraufhin zur Reise nach
Mainz überredet^, dennoch ein wahrer Kern liegen^: Ohne der Unterstützung
wenigstens seines eigenen Stammesverbands sicher zu sein, hätte sich der säch-
sische Herzog gewiß nicht zur Wahl gestellt. Das heißt aber, daß nicht nur
Lothar selbst, sondern auch seine Gefolgsleute sich Hoffnungen auf eine sächsi-
sche Königsherrschaft machten.
Wenn man bedenkt, wie sich das Verhältnis der Sachsen zum Reich unter den
letzten beiden Saliern entwickelt hatte, daß ferner weite Teile Sachsens der salischen
Herrschaft zum Schluß völlig entzogen waren, so könnte man erwägen, ob die Sach-
sen mit ihrem Erscheinen in Mainz nicht auch ihre grundsätzliche Bereitschaft zur
Eintracht und vor allem zum Erhalt der Reichsgemeinschaft dokumentieren woll-
ten, mit der Nominierung eines eigenen Kandidaten aber zugleich ihre Erwar-
tungshaltung zum Ausdruck brachten, daß diesmal eine echte Integration erfolgen
sollte. Sachsen hatte sich in den letzten Jahrzehnten so weit vom Reich entfernt, daß
für viele - wie schon 1077^ - ein separates Königtum wohl durchaus denkbar waHT
Diese Tragweite mögen auch die übrigen Großen erkannt haben. Nicht zuletzt
deshalb dürfte das Wahlmänner-Gremium versucht haben, die Entscheidung zwi-
schen Lothar auf der einen und Friedrich von Schwaben auf der anderen Seite durch
einen Kompromißkandidaten zu entschärfen. Doch daß diese >Taktik< von den
Sachsen nicht akzeptiert wurde, legt ihre Reaktion, die tumultuarische Erhebung ih-
res Herzogs, nahe. Damit gab es nun für den Verbleib Sachsens im Reichsverband

49 Doch ist mit KELLER, Schwäbische Herzoge, S. 157, davon auszugehen, daß für Lothar ebenso
wie für Friedrich von Schwaben kaum die Möglichkeit bestanden hätte, »sich vor oder außer-
halb der Wahlentscheidung die Königswürde zu sichern«. So mag sich der Süpplingenburger
durchaus Hoffnungen auf das Amt gemacht haben, doch Sicherheit gab es angesichts der fürst-
lichen Forderung nach freier Wahl wohl kaum.
50 Kaiserchronik, v. 16942-16956, S. 387: Die uarsten lodeten do ain spräche / Irin ze dem staole ze Acde.
/ die oarsfew cddmen da zesamene, / discooe manige; / si riefen lisfeclfcde, / wa si in dem rfcde / dedainen
rarsten Hirnen / der dem rfcde wol gezaeme. / do Morien si dicde wol loden / non Sadsen amen Herzogen,
/ den gnofen Linderen / si Indefen in mit grdzen eren. / Ir dofen scnojen si do dar zno, / die ardalten späte
nnt jrMO, / da ze Brnneswfcd si in do rnnden. Zum Wert der um 1150/52 entstandenen Kaiserchro-
nik als Geschichtsquelle vgl. SCHMALE, Deutschlands Geschichtsquellen, S. 41-45; zur Bewer-
tung dieser konkreten Nachricht siehe RI IV/1.1, Nr. 90f., S. 51f.
51 Kaiserchronik, v. 16957-16971, S. 387: an den seiden stnnden, / aise er daz mwre rernam, / r:'I sciere
desanf er sine man, / er spracd, ir rat wolf er daden, / od irz mit idfe wideren madfe. / er spracd, daz er
netodfe / ze dainen grozen ardalten mere. / daz widerrieten im die derren. / ja spracden di derren aiie, /
im soite woi geraden, / daz in die rnrsfen iodefen / ze ridtwre nnt ze rogete. / mit rate si in deriengen, /
daz si in sin ze jungest ndergiengen, / daz er ze Megenze geraif.
52 Vgl. dazu REULiNG, Die Kur, S. 145f.; NoNN, Geblütsrecht, S. 150f. Skeptisch allerdings RI
IV/1.1, Nr. 90f.,S.51f.
53 Vgl. dazu oben S. 31 mit Anm. 119.
54 Vgl. auch HÖFLiNGER, Kaiser Lothar III., S. 259, der »die erfolgreiche Wiedereinbindung Sach-
sens in das Reich« der Regierung des Süpplingenburgers zugute hält. Nicht so weit geht SPEER,
Kaiser Lothar III., S. 51, der aber immerhin eine Fortsetzung der »Einflußlosigkeit der Königs-
gewalt im Norden des Reiches« für möglich hält, wenn die Sachsen den neuen König nicht an-
erkannt hätten.
 
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