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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0108
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Concordia ecdest'ae et mgni - Die wiedergefundene Eintracht (1125-1137)

erreichen - denn da er von einer Partei bereits zum König ausgerufen worden war,
war nur noch durch den nachträgiichen Konsens Einstimmigkeit zu erzielen^.
Diese aber war notwendig, ja unabdingbar, weil sich nur in der einhelligen Wahl der
Wille Gottes manifestierte^.
Interessant ist nun, daß diejenigen, die ihn zum König ausgerufen hatten, sich
nicht nur bei den übrigen Fürsten entschuldigen sollten, um die Einheit wiederher-
zustelleiW, sondern auch bei Lothar selbst. Ihn hatten sie ja ebenfalls in seiner Ehre
verletzt, da ihre Willensäußerung lediglich die eines Teils der Wahlberechtigten war
und ihm so die aus der gemeinsamen und einstimmigen Wahl entspringende Legi-
timation gefehlt hätte. Wieder einmal manifestiert sich hier die Bedeutung, die den
Fürsten als gemeinschaftlich handelnder Gruppe zugemessen wurde: Nur gemein-
sam konnten sie die Belange des Reichs vertreten^.
Nach Vermittlung insbesondere der Erzbischöfe Adalbert von Mainz und Kon-
rad von Salzburg gelang es schließlich, die Einheit unter den Fürsten wiederherzu-
stellen und ihre Zustimmung zu Lothars Wahl zu erreichen. Einheit wurde aber
noch in ganz anderer Hinsicht erreicht: Erstmals seit den Zeiten der ottonischen
Herrscher waren die Sachsen 1125 wieder an einer regulären Herrschererhebung be-
teiligt^. Diese Tatsache ist zunächst zweifellos auf die starke Stellung Lothars und
die Unterstützung, die er in seinem Herzogtum fand, zurückzuführen^. Doch dar-
über hinaus scheint sich hier ein neues Selbstverständnis der Sachsen zu manife-
stieren, dessen Anfänge bereits bei der Wahl Rudolfs von Rheinfelden zu beobach-
ten waren.
Ob Lothar von Süpplingenburg mit der festen Absicht oder gar in der
Sicherheit, König zu werden, nach Mainz gereist war^, läßt sich kaum entschei-

trug nicht zurückgeschreckt sei; sowie VoNES, Der gescheiterte Königsmacher, der in Adalbert
einen Vertreter der kirchlichen Reformpartei sieht, die Leopold von Österreich favorisierte; die
tumultuarische Erhebung Lothars hinderte seiner Meinung nach den Mainzer Erzbischof an der
Ausübung seines Erststimmrechts, das er zugunsten des Babenbergers ausgeübt hätte - um hier
nur die markantesten Positionen herauszugreifen), doch ist mit KELLER, Schwäbische Herzoge,
S. 158, daran festzuhalten, daß es »im Vorgang der Willensbildung keinen >Königsmacher«< gab.
»Alle Fürsten waren zur Beratung erforderlich, alle waren im Rat zu hören.«
42 Vgl. KELLER, Schwäbische Herzoge, S. 158.
43 Vgl. SCHNEIDER, Wechselwirkungen, S. 170; MALECZEK, Abstimmungsarten, S. 81 f., 85f.
44 >Narratio<, c. 5, S. 511: PrHema & üicoKSMÜa raptoraai odiewienha, fam sdd ^Mawi rapfo pro maiesfa-
ü's Sonore non indeHtegraHssiwia, deHfam a pn'maühMS iMsüham cxigeMnf. Lfn&fHcümi esf Mi prae-
missa deHfae saüsfacüonis liMMiihiaie redirewi in grafia??!, (?Mi predpüaü'onis SMae caipa concdaoere dis-
cordiaMi. Vgl. dazu KELLER, Schwäbische Herzoge, S. 158: »Diejenigen, die die discordia
provoziert und die übrigen Fürsten in ihrer Ehre und ihrem Recht gekränkt hatten, mußten for-
mal Genugtuung für ihr Verhalten leisten, damit die Einheit, die Gemeinschaft der mit der Wahl
betrauten Fürsten, wiederhergestellt werden konnte.«
45 So sah es wohl auch der kanzleifremde Diktator des D LIII. 9. aus Maastricht, der 1126 in einer
Empfängerausfertigung formulierte: QMM preordmaMfe diodia deMienha omniMMi /iddiMMi consgnsM
ef deefione ad rognam peruemwiMS ...
46 Vgl. SCHUBERT, Geschichte Niedersachsens, S. 358.
47 SCHUBERT, ebd., S. 358. Lothar war es erstmals seit ottonischen Zeiten wieder gelungen, die
sächsischen Großen dauerhaft hinter sich zu einen. Zu seiner Stellung vgl. HiLDEBRAND, Her-
zog Lothar, S. 30-71; WADLE, Reichsgut, S. 142-151; CRONE, Reichskirchenpolitik, S. 25-28; so-
wie den kurzen Überblick bei STOOB, Zur Königswahl, S. 450-453. Zu den Eigenheiten des säch-
sischen Herzogtums siehe kurz, aber prägnant EHLERS, Heinrich der Löwe, S. 22f.
48 So STOOB, Zur Königswahl, S. 454; PETKE, Lothar von Süpplingenburg, S. 159.
 
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