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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0144
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ConcoHia ecciesiae ei regni - Die wiedergefundene Eintracht (1125-1137)

Noch zu Beginn des Jahrhunderts wurde die weibliche Erbfolge zwar im Allodial-
bereich praktiziert - wie gerade das Beispiel der Brunonen zeigt, deren Erbmasse al-
lein über die weibliche Linie an Lothar III. gelangte -, doch für die erbrechtliche Ar-
gumentation bei Reichslehen scheint sie nicht herangezogen worden zu seirrÄ Erst
Albrecht der Bär erhob nach Lothars Tod Ansprüche auf das Herzogtum Sachsen
und berief sich dabei auf Erbrechte über die weibliche Linie*^. Endgültig setzte sich
die cognatische Erbfolge unter Friedrich I. mit dem Privilegium minus durch, das
dem Babenberger Heinrich Jasomirgott ausdrücklich die Möglichkeit der weibli-
chen Deszendenz zusicherte*^. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß
die Stellung der Frau im Rahmen der zunehmenden Verrechtlichung der Gesell-
schaft zwar an Bedeutung gewann, daß dies aber mehr eine Instrumentalisierung
als eine wirkliche Aufwertung war, denn die Frau selbst trat im politisch-gesell-
schaftlichen Leben immer weiter in den Hintergrund.
Als Richenza 1141 starb, ging das Zeitalter des süpplingenburgischen König-
tums endgültig zu Ende. Die neue Ära, die mit der Wahl des Staufers Konrad folgte,
begann zwar noch im Zeichen der Eintracht von Kirche und Reich, die die Herr-
schaftszeit Lothars III. geprägt hatte; doch schon bald sollte sich zeigen, daß wäh-
rend seiner Regierungsjahre eine jüngere Generation mit neuen Ideen und Idealen
herangewachsen war. Mit dem Beginn der staufischen Herrschaft verband sich ein
Aufbruch in eine neue Zeit, die andere Prioritäten setzte, als sie nach dem Ende der
salischen Epoche galten. Sogar innerhalb des welfischen Hauses wurde dieser Wan-
del sichtbar: Während Heinrich der Löwe noch zu Beginn der vierziger Jahre »die
Tradition der dynastischen Grablege in Königslutter fortzuführen«^" und so an die
damit verbundenen Ansprüche anzuknüpfen schien, zeichnete sich mit dem Aus-
bau Braunschweigs als Herrschaftssitz neuen Stils eine Wende ab. Der Herzog von
Sachsen stand nicht mehr wie zu Lothars Zeiten an der Spitze einer >Institution<,
eines Stammesherzogtums, sondern mußte seinen Herrschaftsanspruch »auf der
Basis vorhandenen Besitzes und Einflusses erst mit praktischer Bedeutung verse-
hen«^. Das hatte zwar auch schon für Lothar von Süpplingenburg gegolten, der

287 So erhoben 1106 weder Otto von Ballenstedt noch Heinrich der Schwarze Ansprüche auf die
Nachfolge Herzog Magnus', obwohl sie jeweils mit Töchtern desselben verheiratet waren. Statt
dessen wurde Lothar von Süpplingenburg zum sächsischen Herzog erhoben, der keine solchen
Erbansprüche erheben konnte. Vgl. dazu auch VoLLRATH, Fürstenurteile, S. 54.
288 Albrechts Mutter war die Billungerin Eilika, Tochter des Herzogs Magnus von Sachsen, Vor-
gänger Lothars von Süpplingenburg. Siehe Sächsische Weltchronik, c. 275, S. 211: De niarcgreue
sprach, ii [sc. das Herzogtum Sachsen] were sin uan sineme aMerua4ere, nn4e iiaAi'ii uan koning Con-
racie nnifangen. Vgl. dazu MARCUS, Herzog Bernhard von Anhalt, S. 33; VoLLRATH, Fürstenur-
teile, S. 52. Allgemein zur Entwicklung des weiblichen Erbrechts vgl. schon MiTTEis, Lehnrecht
und Staatsgewalt, S. 644-651; siehe auch zuletzt die Untersuchung von VON GREiFFEN, Die
Lehnserbfolge.
289 DFL 151: Ne aniem in iioc Jacio aii^naienns inminni ui&reinr iionor ei gioria Aieciissimi pairni no-
sfri, 4e consiiio ei indicio principam (...) niardnani Ansirie in ^ncainm commniauiniMS ei enn^em 4n-
cain?n CMM omni iure prejaio pairno nosiro Heinrico ei preaoMissime nxori sne Theodore in iiene/kinn!
concessimns perpeinaii lege sanciienies, ni ipsi ei iiheri eoram posi eos imiifferenierfi'iii sine Ji'iü enmieni
Ansirie ifncaiMm (lereA'iario iure a regno ieneani ei possi&ani. Vgl. dazu ArPELT, Privilegium mi-
nus, S. 55-57; VoLLRATH, Fürstenurteile, S. 54f.
290 KLEIN, Die ehemalige Abteikirche, S. 107. Vgl. DD HdL 10, 20.
291 EHLERS, Heinrich der Löwe, S. 22.
 
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