Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0171
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herrschaft zwischen Idee und Wirklichkeit

155

- und zunutze - machte, um seine eigenen Ziele umsetzen zu können. Denn wenn
die Sorge für das Reich natürlich auch den König leitete, so wird bei ihm doch zu-
gleich der Gedanke der Dynastiegründung eine weitere Rolle gespielt habenoder
vielmehr: der Dynastiefortsetzung, berücksichtigt man, welche Bedeutung den Sa-
liern als den kaiserlichen Vorfahren seiner Familie in Konrads Denken zukam "V
Ob man wirklich davon sprechen kann, daß »mit der Erhebung Heinrichs (VI.)
im Jahre 1147 (...) die Aufeinanderfolge der freien Wahlen unterbrochen« wurde^,
erscheint mir vor diesem Hintergrund eher zweifelhaft. Es stellt sich vielmehr ge-
rade bei dieser Königserhebung deutlicher als bei den vorangegangenen die Frage,
was man eigentlich unter »freien Wahlen« zu verstehen hat: Bedeutete dreh, daß die
Fürsten durch keine direkten Nachfolgeansprüche eines Königssohnes in ihrer
Wahl eingeschränkt waren - was eine >verkürzte< Freiheit wäre, weil sie an be-
stimmte äußere Umstände, die Söhnelosigkeit des letzten Königs nämlich, gebun-
den war? Oder hieß es, daß die Großen - zumindest theoretisch - die Möglichkeit
gehabt hätten, den Sohn des amtierenden Königs von der Nachfolge auszuschließen
- was dann eine >umfassende< Freiheit gewesen wäre? Angesichts der Gesamtent-
wicklung des fürstlichen Selbstverständnisses seit dem Ende des 11. Jahrhunderts,
angesichts der gesteigerten Bedeutung, die seither der Idoneität des Königskandi-
daten zugemessen wurde, kann man diese Freiheit eigentlich nur als eine >umfas-
sende< interpretieren. Erst dann ergibt die Bemerkung der Korveyer Annalen einen
Sinn, daß der König die Zustimmung der Fürsten erhielt; sie setzt die Möglichkeit
der Ablehnung voraus. Das aber heißt, daß auch die Wahl von 1147 eine >freie< Wahl
war, selbst wenn sie diesmal zugunsten des Königssohnes ausfiel. Freie Wahl der
Fürsten und Erbgedanke des Herrschers mußten einander nicht unbedingt aus-
schließen, wie sich hieran noch einmal deutlich zeigF*A
Wenn Konrad sich Hoffnungen gemacht haben sollte, mit dem Kreuzzug von
den inneren Problemen des Reichs ablenken zu können, dann wurden diese auf
ganzer Linie enttäuscht. Das Scheitern des Unternehmens, die verheerenden Nie-
derlagen, die gerade das deutsche Aufgebot hinnehmen mußte, trugen vielmehr
dazu bei, daß die Stimmung im Reich deutlich umschlug. Konrad III. selbst kehrte
gesundheitlich mehr als angeschlagen zurück und konnte in den folgenden Jahren
bis zu seinem Tod über längere Phasen kaum noch die Regierungsgeschäfte
führen^. Persönliche Schicksalsschläge wie der Tod seines ältesten Sohnes und Mit-
königs Heinrich (VI.) 1150 mußten den Herrscher in dieser Verfassung besonders

159 Vgl. dazu SCHMIDT, Königswahl, S. 106f.
160 Vgl. dazu ENGELS, Die Staufer, S. 29: »Konrad III. konnte demgegenüber auf seine kaiserlichen
Vorfahren hinweisen und tat es zwischen Aachener Krönung und Bamberger Reichstag in einer
Weise, die auf eine Identifizierung der Staufer mit den Saliern hinauslaufen mußte.« Vgl. auch
DERS., Beiträge, S. 43-50; DERS., Die kaiserliche Crablege, S. 228; ScHMiD, De regia stirpe,
S. 454-464; BÜHLER, Königshaus und Fürsten, S. 82-85; SCHMIDT, Königswahl, S. 106.
161 So REULiNG, Die Kur, S. 182.
162 Vgl. oben S. 121.
163 Erstmals wird die Krankheit um Weihnachten 1147 erwähnt, die Konrad bis in den Januar 1148
zu schaffen machte; vgl. BERNHARDi, Konrad III., S. 648. Im August 1149 ereilte sie den Staufer
erneut, und diesmal klang sie nicht vor April 1150 ab. 1152 machten sich die ersten Symptome
bereits zu Beginn des Bamberger Hoftags bemerkbar, bevor Konrad seinem Leiden wenige Tage
später erlag. Wahrscheinlich handelte es sich um Malaria, wie schon Bernhardi, ebd., S. 774, ver-
mutete.
 
Annotationen