B. Die Beigabenausstattung
Der folgende Abschnitt will die Beigabensitte in mittelalterlichen Königsgräbern her-
ausarbeiten und so ein Fundament für ihre Interpretation legen. Eine antiquarische
Einordnung der Gegenstände ist nicht beabsichtigt. Für einzelne Stücke ist solch eine
Analyse in der Literatur vorhanden, auf sie wird in den Fußnoten verwiesen. Andere
Gegenstände würden in antiquarischer Hinsicht eine derart eingehende Betrachtung
erfordern, daß dadurch der Rahmen dieser Arbeit gesprengt würde.
Weiterhin sei vorausgeschickt, daß ich nur in Ausnahmefällen, so etwa bei den
Kronhauben, Textilien berücksichtigt habe. Beigabenlos im Sinne dieser Arbeit be-
deutet also nicht, daß nicht reiche Gewänder im Grab vorhanden sein könnten. Zum
einen ist diese >Ignoranz< gegenüber den Textilien die Sicht des Archäologen, der nor-
malerweise keine Textilien vorfindet, da diese wie alle organischen Materialien im Bo-
den in kürzester Zeit vergehen; die Textilien auch hier zu vernachlässigen, gewähr-
leistet also in gewisser Weise die Vergleichbarkeit zu anderen, früheren Perioden.
Zum zweiten werden im Rahmen einer Neubearbeitung der Speyerer Königsgräber
die zahlreichen dort gefundenen Textilien gerade unter dem Aspekt der Beigabensitte
neu untersucht1. Auch die gleichfalls zahlreichen Textilien aus der Prager Königsgruft
sind derzeit in Bearbeitung, doch noch nicht publiziert2 3. Da es sich in beiden Fällen
um sehr umfangreiche Ensembles handelt, die als Ausgangspunkt weiterer Fra-
gestellungen hervorragend geeignet sind, scheint es mir müßig, nun Textilien zu be-
handeln, wenn die Ergebnisse wohl in Bälde zu revidieren sein würden.
Mir sind gut fünfundsiebzig Königsgräber und fünfundzwanzig Königinnen-
gräber aus dem christlichen Europa des Mittelalters bekannt, über deren Beigaben-
ausstattung Informationen vorliegen. Anders ausgedrückt wissen wir also für die
meisten königlichen Begräbnisse nichts über ihre einstige Ausstattung. Da heute
nur noch wenige mittelalterliche Königsgräber unversehrt erhalten sind, ließe sich
diese bescheidene Basis nur noch punktuell durch Grabungen verbessern '. Weiter
sind die wenigsten Gräber derart überliefert, untersucht, dokumentiert und publi-
ziert, daß sie auch als Negativbefund ausgewertet werden können, d.h. daß eine be-
stimmte Beigabe mit Sicherheit nicht in ihnen enthalten war. Eine Zusammenschau
aller königlichen Begräbnisse, für die ich archäologisch relevante Nachrichten fin-
den konnte, versucht, der sehr unterschiedlichen Belastbarkeit der Quellen Rech-
nung zu tragen (Abb. 13). Mir ist bewußt, daß Fallstudien einzelner Gräber die eine
1 Die Königsgräber im Speyerer Dom wurden von mir im ersten Teil meiner 1998 abgeschlossenen
Dissertation behandelt, die dortigen Bischofsgräber sind derzeit durch B. Päffgen (Bonn) in Bear-
beitung. In beiden Fällen werden die Textilien durch Julia Dummer (Köln) neu bestimmt. Beiden
sei für die gute Zusammenarbeit herzlich gedankt.
2 Bislang ist ein knapper Vorbericht erschienen (Bazantovä 1993); eine Publikation der Gewänder
Rudolfs I. (+1307) ist seit 1993 angekündigt (Bazantovä et al. in Vorb.).
3 Für das deutsche Reich wäre an die Gräber Rudolfs von Rheinfelden (11080) in Merseburg und
Friedrichs III. (+1493) in Wien zu denken.
Der folgende Abschnitt will die Beigabensitte in mittelalterlichen Königsgräbern her-
ausarbeiten und so ein Fundament für ihre Interpretation legen. Eine antiquarische
Einordnung der Gegenstände ist nicht beabsichtigt. Für einzelne Stücke ist solch eine
Analyse in der Literatur vorhanden, auf sie wird in den Fußnoten verwiesen. Andere
Gegenstände würden in antiquarischer Hinsicht eine derart eingehende Betrachtung
erfordern, daß dadurch der Rahmen dieser Arbeit gesprengt würde.
Weiterhin sei vorausgeschickt, daß ich nur in Ausnahmefällen, so etwa bei den
Kronhauben, Textilien berücksichtigt habe. Beigabenlos im Sinne dieser Arbeit be-
deutet also nicht, daß nicht reiche Gewänder im Grab vorhanden sein könnten. Zum
einen ist diese >Ignoranz< gegenüber den Textilien die Sicht des Archäologen, der nor-
malerweise keine Textilien vorfindet, da diese wie alle organischen Materialien im Bo-
den in kürzester Zeit vergehen; die Textilien auch hier zu vernachlässigen, gewähr-
leistet also in gewisser Weise die Vergleichbarkeit zu anderen, früheren Perioden.
Zum zweiten werden im Rahmen einer Neubearbeitung der Speyerer Königsgräber
die zahlreichen dort gefundenen Textilien gerade unter dem Aspekt der Beigabensitte
neu untersucht1. Auch die gleichfalls zahlreichen Textilien aus der Prager Königsgruft
sind derzeit in Bearbeitung, doch noch nicht publiziert2 3. Da es sich in beiden Fällen
um sehr umfangreiche Ensembles handelt, die als Ausgangspunkt weiterer Fra-
gestellungen hervorragend geeignet sind, scheint es mir müßig, nun Textilien zu be-
handeln, wenn die Ergebnisse wohl in Bälde zu revidieren sein würden.
Mir sind gut fünfundsiebzig Königsgräber und fünfundzwanzig Königinnen-
gräber aus dem christlichen Europa des Mittelalters bekannt, über deren Beigaben-
ausstattung Informationen vorliegen. Anders ausgedrückt wissen wir also für die
meisten königlichen Begräbnisse nichts über ihre einstige Ausstattung. Da heute
nur noch wenige mittelalterliche Königsgräber unversehrt erhalten sind, ließe sich
diese bescheidene Basis nur noch punktuell durch Grabungen verbessern '. Weiter
sind die wenigsten Gräber derart überliefert, untersucht, dokumentiert und publi-
ziert, daß sie auch als Negativbefund ausgewertet werden können, d.h. daß eine be-
stimmte Beigabe mit Sicherheit nicht in ihnen enthalten war. Eine Zusammenschau
aller königlichen Begräbnisse, für die ich archäologisch relevante Nachrichten fin-
den konnte, versucht, der sehr unterschiedlichen Belastbarkeit der Quellen Rech-
nung zu tragen (Abb. 13). Mir ist bewußt, daß Fallstudien einzelner Gräber die eine
1 Die Königsgräber im Speyerer Dom wurden von mir im ersten Teil meiner 1998 abgeschlossenen
Dissertation behandelt, die dortigen Bischofsgräber sind derzeit durch B. Päffgen (Bonn) in Bear-
beitung. In beiden Fällen werden die Textilien durch Julia Dummer (Köln) neu bestimmt. Beiden
sei für die gute Zusammenarbeit herzlich gedankt.
2 Bislang ist ein knapper Vorbericht erschienen (Bazantovä 1993); eine Publikation der Gewänder
Rudolfs I. (+1307) ist seit 1993 angekündigt (Bazantovä et al. in Vorb.).
3 Für das deutsche Reich wäre an die Gräber Rudolfs von Rheinfelden (11080) in Merseburg und
Friedrichs III. (+1493) in Wien zu denken.