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Meier, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Archäologie des mittelalterlichen Königsgrabes im christlichen Europa — Mittelalter-Forschungen, Band 8: Stuttgart, 2002

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34722#0179

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C. Die Kennzeichnung des Grabes

Mit der Frage nach der Kennzeichnung des Grabes einen neuen Abschnitt zu begin-
nen, entspricht in etwa der konventionellen Grenze zwischen den Disziplinen der Ar-
chäologie, die sich mit dem Grab selber beschäftigt, und der Kunstgeschichte, der es
um die obertägig sichtbare Gestaltung des Grabes zu tun ist. Eine im Forschungsge-
genstand begründete Notwendigkeit für solch eine Einteilung liegt nicht vor, so daß
die Trennung künstlich und damit unbefriedigend bleiben muß. Dies gilt umso mehr,
als die Inschriften, ein zentraler Aspekt der Grabkennzeichnung, von Archäologie und
Kunstgeschichte an die historische Hilfswissenschaft der Epigraphik überwiesen
werden. Das Verständnis und damit der Austausch der drei Fächer untereinander ist
in Deutschland traditionell gering. Im Fall des mittelalterlichen Adelsgrabes wird
das Künstliche dieser Trennung besonders deutlich, da hier Inhalt, äußere Gestal-
tung und Schriftlichkeit des Grabes eng verschränkt sind. Um die zum Verständnis
der mittelalterlichen Begräbnisse unerläßlichen Stränge nicht völlig zu zerstören,
sehe ich mich daher genötigt, Inschrifttafeln, die sich in Gräbern finden, nicht unter
den Grabbeigaben, sondern hier unter der Kennzeichnung des Grabes zu behandeln.

1. Die verborgene Kennzeichnung durch Inschriften
Es ist eine Eigenheit mittelalterlicher Bestattungen, daß sie gelegentlich mit Schrift-
zeugnissen im Grab versehen sind, die uns über die Identität des Toten unterrichten.

Siegel- und Namensringe
Im Hinblick auf das frühe Mittelalter ist hier zuerst an Siegel-, Namens- und Mono-
grammringe zu denken. Am bekanntesten unter ihnen ist zweifellos der Siegelring, der
sich 1653 in Tournai in einem reich ausgestatteten Grab fand, das durch die Spiegel-
schrift des Rings dem fränkischen König Childéric Ier (t 482) zugewiesen werden konn-
te1 . Die Ringe Rodchis' und Ansualdos aus der langobardischen Nekropole von Trezzo
sull'Adda erwähnte ich ebenfalls bereits2. Für weitere frühmittelalterliche Siegel-
ringe bleibt die Herkunft aus einem Grab fraglich oder ist sogar unwahrscheinlich3.

1 Zum Childéric-Grab s.o. S. 151, Anm. 419.
2 S.o. S. 155, Anm. 450.
3 Deloche 1900, lvi-lix. Beispiele: Alarich II (+507), o. Fd.ort (iberische Halbinsel): Koenig 1980,223;
Kat. Wien 1996,110, Nr. 156, Abb. 139. - Graifarius (6./7. Jh.), Géronde b. Siders (Kt. Wallis): Del-
brueckl949,72-78; Jörg 1977,78f.,Nr. 22, Fig. 27-29; Kaiser 1994.-Berchtilde, Laon? (Dép. Aisne):
Le Blant 1856,2,569, Nr. 678A; Deloche 1900, lvii, 203-205, Nr. 186. - Abbo, o. Fd.ort: Kat. Dumbar-
ton Oaks 1965,129-131, Nr. 177. - Launoberga, Allones b. Mons/Bergen (Prov. Hainaut): Linden-
schmit 1880/89,403. - Ragnetramnus, St-Bohair b. Blois (Dép. Loir-et-Cher): Le Blant 1856,1,225,
Nr. 164. - Cams, Sens (Dép. Yonne): Perrugot 1993; Kat. Paderborn 1999,74, Nr. 11.37 (Perrugot).
 
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