Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meier, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Archäologie des mittelalterlichen Königsgrabes im christlichen Europa — Mittelalter-Forschungen, Band 8: Stuttgart, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34722#0297

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Realien auf/über dem Grab

283

grab. ... Einen gêlwen geruhten semit mitt szuarzen adelaren, drü stukk, wz unsers Herren
und vatters chiinig Albreh[tes] waffenkleit489. Zumindest für das silberne Szepter und
die sphaira aus gleichem Metall, Funeralanfertigungen also, ist damit die Deponie-
rung auf dem Kenotaph zu den Jahrtagen gesichert. Bei der Vigil für Premysl Ota-
kar II. legte man im Prager Veitsdom auf einem mit Teppichen verhängten Katafalk
Repliken von Krone, sphaira und Szepter aus vergoldetem Silber nieder; dieser
Brauch ist allerdings erst für das letzte Viertel des 14. Jahrhunderts bezeugt, die er-
haltenen Funeralinsignien aus vergoldetem Kupfer stammen gar erst aus dem
frühen 17. Jahrhundert490. Im späten 17. Jahrhundert breitete man in der Kartause
Mauerbach über den Kasten mit den Gebeinen Friedrichs (III.) eine Decke und de-
ponierte eine Krone darauf491. Noch heute wird in Kremsmünster am Vorabend des
11. Dezember zur sog. Gunthervesper in der Kirche ein Katafalk aufgebaut, auf dem
in Angedenken an den 778 bei der Eberhatz zu Tode gekommenen Gunther und sei-
nen Vater Herzog Tassilo III. von Baiern, den Stifter Kremsmünsters, Herzogshut,
Schwert und Szepter niedergelegt werden - zweifellos kein karolingerzeitlicher,
vielleicht aber doch ein spätmittelalterlicher Brauch492.
Die Funeralinsignien der französischen Königsbegräbnisse verfielen zwar den
Kirchen Saint-Denis und Notre-Dame in Paris, doch wurden sie offenbar im Kir-
chenschatz aufbewahrt und nicht an den Gräbern ausgestellt493; ähnlich schenkte
Alfonso II (+1196) seine Krone dem Zisterzienserkloster Pöblet, doch um sie über
dem Altar und nicht über dem Grab aufzuhängen494. Ebensowenig scheint die
Krone der ungarischen Königin Gizella, die bis 1217 in der Kathedrale von Vesz-
prém/Weißbrunn aufbewahrt wurde, mit ihrem Grab verbunden gewesen zu
sein495.
4. Die mittelalterlichen Formen der Grabkennzeichnung -
Vergleich und Zusammenfassung
Das frühe Mittelalter läßt, vergleicht man mit Antike oder spätem Mittelalter, den
Bestattungsplatz weitgehend anonym; nur die Oberschicht errichtete mancherorts
redselige Epitaphien für ihre Toten. Der Schwerpunkt solch sichtbaren Mühens um
bleibendes Angedenken lag in Italien und hier wiederum bei den römischen Papst-
gräbern. In Gallien finden wir sie vor allem in Aquitanien und im Burgund, Gebie-
ten, in denen die romanische Kultur im frühen Mittelalter dominierend geblieben
war. Das gleiche Gebiet praktizierte die Kennzeichnung von Heiligengebeinen, in-
dem es ihnen Authentiken im Grab/Schrein beilegte. Bevorzugt an Punkten beson-
ders engen germanisch-romanischen Kulturkontakts entstand als Mischform die
Kennzeichnung von Oberschichtgräbern durch Inschriften im Grab. Das Epitaph

489 StA. Aargau KU 276a (zitiert nach Maurer 1954,251f.). Schramm u. Fillitz 1978,30,52,114, Nr. 8.
490 Kletzl 1931/32, 267f.; Twining 1960, 73, pl. 34b; Poche 1978, 491.
491 Meyer 2000, 72, Abb. 31.
492 Kat. Rosenheim/Mattsee 1988, 422, Nr. M.XV.41 (Kramml).
493 Giesey 1960, 36; Erlande-Brandenburg 1975, 8D86.
494 Marés Deulovol 1952, 20.
495 Uzsoki 1982,126.
 
Annotationen