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Die Beigabenausstattung
Sporenpaar im Grab Kazimierz' III Wielki (+1370) in Krakow/Krakau194 bleiben
Sporen in norddeutschen, polnischen, englischen196 und vor allem skandinavischen
Gräbern196 fremd.
6. Fingerringe
Fingerringe wählte die romanisch geprägte Bevölkerung der Spätantike und des
frühen Mittelalters neben wenigen anderen Gegenständen aus, wenn sie ihren
Toten zuweilen etwas mit ins Grab gab197. Doch auch in den ungleich reicher
ausgestatteten Gräbern mit germanischer Beigabensitte sind Fingerringe häufig -
zum Thema Königsgräber sei nur an die Ringe Childérics Ier (+482) aus Tournai,
aus Saint-Denis (Arégonde) (Abb. 71) oder Apahida I erinnert198.
In slavischen Gräberfeldern bleiben Fingerringe als persönlicher Schmuck bis
in die Spätzeit anzutreffen199. Etwa aus dem 11. Jahrhundert stammen goldene Fin-
gerringe aus Gräbern bei frühen slavischen Kirchen, so aus Oströw Lednicki/Led-
nogöra, aus einem Annex der Marienrotunde in Krakow/Krakau und mehrfach aus
Alt-Lübeck/Stara Liubice (Abb. 72)200. Vor allem wegen des wertvollen Materials,
das aus dem üblichen Fundspektrum der slavischen Nekropolen heraussticht,
schlägt Michael Müller-Wille für Oströw Lednicki Angehörige Boleslaws I Chrobry,
z.B. seine Söhne Bezprym (+1032) oder Otto (+1033), für Alt-Lübeck/Stara Liubice
Angehörige der abodritischen Königsfamilie vor201.
Westlich der Elbe hingegen scheint die Ringbeigabe mit dem Ende der allge-
meinen Beigabensitte um 700 für einige Jahrhunderte zum Erliegen gekommen zu
sein. Doch sind Fingerringe nun unter archäologischen Gesichtspunkten besonders
ungünstigen Uberlieferungsbedingungen ausgesetzt: Klein und häufig wertvoll
überdauerten sie oft als Raritäten und Preziosen in Privatsammlungen, also los-
gelöst von ihrem historischen Kontext; hier lassen sie sich auch besonders leicht
verwechseln und verlieren. Bildquellen, die im folgenden Kapitel den sehr redu-
zierten archäologischen Bestand ergänzen helfen werden, fallen wegen der gerin-
gen Objektgröße für Fingerringe aus. Und selbst bei archäologischen Untersuchun-
194 Kazimierz III (+1370): Kat. Krakow 1964, 179f., Nr. 192; Kat. Lodz 1978, 88, Nr. 187, Tabl. 38;
Turska 1987, 51, ryc. 23.
195 Für die Sporen, die 1529 im Grab Johns Lackland (+1216) beobachtet worden sein sollen, s.o.
sinngemäß S. 52. Ein tauschierter Sporn soll aus einem Grab in Chardstock St Andrew bei
Beaminster (Devon) stammen (Dufty 1968,13, Taf.160 oben), doch bleiben Zweifel, ob nicht der
Fund des Sporns erst diese Legende zur Erklärung schuf.
196 Für einen Sporn aus einem Hügel bei 0rum nahe Sonderlyng (Viborg amt), in dem die Legende
einen König beerdigt weiß (NM Kobenhavn D 709; ich danke Poul Grinder-Hansen für diese
Information), gilt sinngemäß die gleiche Frage, wie für den Sporn von Chardstock (s. vorige
Anm.).
197 Martin 1976/91, 1, 293f., 298f.; vgl. die große Zahl von Fingerringen aus den römischen Kata-
komben: Fourlas 1971, 88. - Ein Fingerring soll auch aus dem Grab Papst Caius' (+ 296) stam-
men: Oman 1930, 28.
198 S.u. S. 151-153.
199 Rempel 1966, 62-64; Harck 1976,137.
200 Oströw Lednicki/Lednogöra (Gern. Lubowo, Woiw. Poznan): Zoll-Adamikowa 1991, 118,
Nr. 4.2. — Krakow/Krakau: Zoll-Adamikowa 1991, 114, 127f., Abb. 10 (als Kettenglied be-
zeichnet). -Alt-Lübeck/Stara Liubice: Müller-Wille 1996, 23-32, 41 f.
201 Müller-Wille 1996, 7, 42f.
Die Beigabenausstattung
Sporenpaar im Grab Kazimierz' III Wielki (+1370) in Krakow/Krakau194 bleiben
Sporen in norddeutschen, polnischen, englischen196 und vor allem skandinavischen
Gräbern196 fremd.
6. Fingerringe
Fingerringe wählte die romanisch geprägte Bevölkerung der Spätantike und des
frühen Mittelalters neben wenigen anderen Gegenständen aus, wenn sie ihren
Toten zuweilen etwas mit ins Grab gab197. Doch auch in den ungleich reicher
ausgestatteten Gräbern mit germanischer Beigabensitte sind Fingerringe häufig -
zum Thema Königsgräber sei nur an die Ringe Childérics Ier (+482) aus Tournai,
aus Saint-Denis (Arégonde) (Abb. 71) oder Apahida I erinnert198.
In slavischen Gräberfeldern bleiben Fingerringe als persönlicher Schmuck bis
in die Spätzeit anzutreffen199. Etwa aus dem 11. Jahrhundert stammen goldene Fin-
gerringe aus Gräbern bei frühen slavischen Kirchen, so aus Oströw Lednicki/Led-
nogöra, aus einem Annex der Marienrotunde in Krakow/Krakau und mehrfach aus
Alt-Lübeck/Stara Liubice (Abb. 72)200. Vor allem wegen des wertvollen Materials,
das aus dem üblichen Fundspektrum der slavischen Nekropolen heraussticht,
schlägt Michael Müller-Wille für Oströw Lednicki Angehörige Boleslaws I Chrobry,
z.B. seine Söhne Bezprym (+1032) oder Otto (+1033), für Alt-Lübeck/Stara Liubice
Angehörige der abodritischen Königsfamilie vor201.
Westlich der Elbe hingegen scheint die Ringbeigabe mit dem Ende der allge-
meinen Beigabensitte um 700 für einige Jahrhunderte zum Erliegen gekommen zu
sein. Doch sind Fingerringe nun unter archäologischen Gesichtspunkten besonders
ungünstigen Uberlieferungsbedingungen ausgesetzt: Klein und häufig wertvoll
überdauerten sie oft als Raritäten und Preziosen in Privatsammlungen, also los-
gelöst von ihrem historischen Kontext; hier lassen sie sich auch besonders leicht
verwechseln und verlieren. Bildquellen, die im folgenden Kapitel den sehr redu-
zierten archäologischen Bestand ergänzen helfen werden, fallen wegen der gerin-
gen Objektgröße für Fingerringe aus. Und selbst bei archäologischen Untersuchun-
194 Kazimierz III (+1370): Kat. Krakow 1964, 179f., Nr. 192; Kat. Lodz 1978, 88, Nr. 187, Tabl. 38;
Turska 1987, 51, ryc. 23.
195 Für die Sporen, die 1529 im Grab Johns Lackland (+1216) beobachtet worden sein sollen, s.o.
sinngemäß S. 52. Ein tauschierter Sporn soll aus einem Grab in Chardstock St Andrew bei
Beaminster (Devon) stammen (Dufty 1968,13, Taf.160 oben), doch bleiben Zweifel, ob nicht der
Fund des Sporns erst diese Legende zur Erklärung schuf.
196 Für einen Sporn aus einem Hügel bei 0rum nahe Sonderlyng (Viborg amt), in dem die Legende
einen König beerdigt weiß (NM Kobenhavn D 709; ich danke Poul Grinder-Hansen für diese
Information), gilt sinngemäß die gleiche Frage, wie für den Sporn von Chardstock (s. vorige
Anm.).
197 Martin 1976/91, 1, 293f., 298f.; vgl. die große Zahl von Fingerringen aus den römischen Kata-
komben: Fourlas 1971, 88. - Ein Fingerring soll auch aus dem Grab Papst Caius' (+ 296) stam-
men: Oman 1930, 28.
198 S.u. S. 151-153.
199 Rempel 1966, 62-64; Harck 1976,137.
200 Oströw Lednicki/Lednogöra (Gern. Lubowo, Woiw. Poznan): Zoll-Adamikowa 1991, 118,
Nr. 4.2. — Krakow/Krakau: Zoll-Adamikowa 1991, 114, 127f., Abb. 10 (als Kettenglied be-
zeichnet). -Alt-Lübeck/Stara Liubice: Müller-Wille 1996, 23-32, 41 f.
201 Müller-Wille 1996, 7, 42f.