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Studer Immenhauser, Barbara; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Verwaltung zwischen Innovation und Tradition: die Stadt Bern und ihr Untertanengebiet 1250 - 1550 — Mittelalter-Forschungen, Band 19: Ostfildern, 2006

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34733#0017
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I. Einleitung
Territoriale Gebilde aller Art - ihre Entstehung ebenso wie ihre Verwaltung - ver-
mochten die historische Forschung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zu faszi-
nieren. Dieses Interesse stand oft im Zusammenhang mit den damals entstehenden
Nationalstaaten, bildeten sich doch viele Grenzen und Räume, die bis in die Gegen-
wart eine Rolle spielen, bereits im späten Mittelalter ausb Die wissenschaftliche
Beschäftigung mit dem Thema ist seither nicht abgerissen. Insbesondere Studien
zur Verwaltung mittelalterlicher Fürstentümer^ sowie zur Administration mittelal-
terlicher und frühneuzeitlicher Städte^ standen dabei im Zentrum des Forschungs-
interesses. Vereinzelt lag das Augenmerk auch auf den städtischen Territorien, doch
eigenartigerweise fand Bern, das mit 9'000 Quadratkilometern bei weitem das
grösste Untertanengebiet nördlich der Alpen besass, so gut wie keine BeachtungT In
bernischen Publikationen wurde zwar immer wieder mit grossem Stolz auf den
enormen Umfang des eigenen Territoriums hingewiesen und auch in Arbeiten aus
anderen eidgenössischen Orten war (und ist) dessen Grösse bekannt, doch über die
Fandesgrenzen hinaus gelangte diese Erkenntnis offensichtlich nur sehr bedingt. So
kam es wiederholt zu gravierenden Fehlurteilen, indem etwa Heinz Dannenbauer
1928 die Ansicht vertrat, Nürnberg habe im Spätmittelalter das grösste Territorium
aller Reichsstädte besessen^. Hermann Kellenbenz schloss sich 1991 dieser Meinung
vorbehaltlos arü, und auch Ernst Schubert missachtet die wirklichen Grössenver-
hältnisse, wenn er meint, die Randgebiete der Reichsstädte Schwäbisch Hall,
Gmünd, Rottweil und Rothenburg seien nur von den Territorien der Städte Strass-
burg, Ulm und Nürnberg übertroffen worden^. Immerhin gehörten Bern, Zürich
oder Fuzern ebenso wie die von ihm erwähnten Städte zur Kategorie der Reichs-
städte und waren im Spätmittelalter noch vollwertige Mitglieder des Alten Reichs!
Es ist deshalb eines der Ziele der vorliegenden Studie, diese Forschungslücke zu
schliessen und die Stadt Bern und ihr Territorium wieder stärker ins Bewusstsein
der Forschung zu rücken.
Doch wie hatte es dazu kommen können, dass ausgerechnet die mittelgrosse
Stadt Bern ein Territorium in ihren Besitz bringen konnte, das sechs Mal grösser war
als die nächstkleineren städtischen Untertanengebiete? Der Umstand, dass Bern

1 Vgl. dazu Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 5-7.
2 Vgl. z.B. ScHLEiDGBN, Territorialisierung; DIESTELKAMP, Territorialausbau sowie jüngst HESSE,
Amtsträger.
3 Vgl. etwa ENDERLB, Ulm; DBRS., Rottweil; ENDRBS, Nürnberg; KELLENBENZ, Verfassungsge-
schichte; KROPAc/BozEM, Regensburg, MEISBL, Konstanz; QuARTHAL, Verfassung; SCHILLING,
Stadt; STOLLEis, Recht.
4 Zu diesem Territorium gehörte nicht nur der gesamte moderne Kanton Bern (abgesehen von
den drei südjurassischen Amtsbezirken Courtelary, La Neuveville und Moutier, die erst 1815
dazu kamen), sondern auch der 1803 abgetrennte heutige Kanton Waadt sowie der westliche
Teil des Kantons Aargau. Vgl. dazu Karte 5 im Anhang.
5 DANNENBAUER, Nürnberg, S. 4. Das nürnbergische Untertanengebiet umfasste etwa T500 knü
und war damit ziemlich genau sechs Mal kleiner als das bernische!
6 KELLENBENZ, Verfassungsentwicklung, S. 7.
7 SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 12.
 
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