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Studer Immenhauser, Barbara; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Verwaltung zwischen Innovation und Tradition: die Stadt Bern und ihr Untertanengebiet 1250 - 1550 — Mittelalter-Forschungen, Band 19: Ostfildern, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.34733#0025
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2. Forschungsstand

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der Folge nach dem wesentlich einfacheren, auch im 16. Jahrhundert noch zu einem
grossen Teil auf Mündlichkeit beruhenden bernischen System der Vogteiverwal-
tung, organisiert. Weil die Verwaltungsform der Gemeinen Herrschaft aber eine
gegenseitige Kontrolle bedingte, setzen hier die Ämterrechnungen immerhin ein
halbes Jahrhundert früher ein als in den übrigen untersuchten Vogteien.
In den Landstädten präsentiert sich die Quellenlage schliesslich besser als in
den dörflichen Untertanengebieten, weil diese in der Regel viel früher über fest
angestellte Schreiber verfügten. Zudem war die Chance, dass die Dokumente in den
steinernen Archivräumlichkeiten der Städte die Jahrhunderte überdauerten,
wesentlich grösser als auf der Landschaft. So wissen wir nicht nur über die inneren
Verhältnisse der beiden ehemaligen Kyburgerstädte Burgdorf und Thun verhältnis-
mässig gut Bescheid, sondern auch über die Situation in der Stadt Nidau am Bieler-
see. Hier bietet insbesondere das erste so genannte »Stadtbuch«^, ein UTcr dzücrs-
anwz mnmt, einen einmaligen Einblick in das Funktionieren der Verwaltung der
höchstens 400 Einwohnerinnen und Einwohner umfassenden Kommune.

2. Forschungsstand
Während sowohl im Bereich der Verwaltung von städtischen Gebilden als auch zu
fürstlichen Territorien in den letzten Jahren zahlreiche Arbeiten entstanden sindÄ
findet die Geschichte der Verwaltung von städtischen Untertanengebieten heute
wenig Beachtung. Dies war allerdings nicht immer so. Insbesondere in den 20er und
30er Jahren des 20. Jahrhunderts sowie um 1970 hatte das Thema Konjunktur und es
entstanden verschiedene, zum Teil bis heute zitierte Arbeiten, so etwa zur Territo-
rialisierung und Landschaftsverwaltung von Nürnberg, Solothurn, Zürich und
Luzern^. Elisabeth Raiser, Gerd Wunder und Wolfgang Leiser lieferten zudem
Überblicksdarstellungen, die jeweils die Verhältnisse mehrerer Städte miteinander
vergleichen^. Sie alle sind jedoch stark in ihrer Zeit verhaftet und gehen dement-
sprechend ausschliesslich institutionengeschichtlich vor. Neuere Untersuchungen
zum Thema fehlen völlig. Welch kleiner Stellenwert der Verwaltungsgeschichte von
städtischen Territorien in der modernen Forschung beigemessen wird, lässt sich
zudem auch am 1983 erschienenen, knapp l'OOO Seiten umfassenden ersten Band
der Deutschen Verwaltungsgeschichte ablesen: Er widmet dem Verwaltungsaufbau
von städtischen Untertanengebieten nur gerade etwas mehr als eine SeitöN

36 Das Buch umfasst die Jahre 1436-1521 und befindet sich heute im Burgerarchiv der Stadt
Nidau, Signatur AII a, la. Da es während mehreren Jahrhunderten im feuchten Rathauskeller
lagerte, ist es allerdings in einem relativ schlechten Zustand. Zu Nidau vgl. unten, Teil III,
Kap. 2.1.4.
37 Zu den Städten: ENDERLB, Ulm; DBRS., Rottweil; ENDRES, Nürnberg; KELLENBENZ, Verfassungs-
geschichte; KROPAc/BozEM, Regensburg, MBiSEL, Konstanz; QuARTHAL, Verfassung; SCHIL-
LING, Stadt; STOLLEis, Recht. Zu fürstlichen Territorien z.B. ScHLEiDGEN, Territorialisierung;
DIESTELKAMP, Territorialausbau sowie jüngst HESSE, Amtsträger.
38 Nürnberg: DANNENBAUER, Nürnberg; Solothurn: AMiET, Territorialpolitik; Zürich: LARGiADER,
Landschaftsverwaltung und Luzern: GLAUSER/SiEGRiST, Pfarreien.
39 RAISER, Territorialpolitik; WUNDER, Reichsstädte; LEISER, Territorien.
40 Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 677ff.
 
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