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II. Die Verwaltung der Stadt
liegt der Prozentsatz derjenigen, die vor oder nach dieser Tätigkeit ebenfalls dem
Rat der CC angehört haben, immerhin noch bei 17 Prozent, bei den Läufern hinge-
gen nur noch bei 12 Prozent, ist also nur gerade noch halb so hoch wie bei den Wei-
belrPA Das hohe Ansehen des Weibelamts war einerseits sicherlich darin begrün-
det, dass es seit der Gründung der Stadt Bern existierte, während die beiden
anderen Ämter erst um 1400 geschaffen wurden. Andererseits dürfte es gerade für
ältere Amtsträger aber auch angenehmer gewesen sein, den Dienst in der eigenen
Stadt verrichten zu können und nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit auf dem
Sprung zu sein, um die Stadt im Auftrag der Obrigkeit zu verlassen. Ebenfalls ver-
ständlich ist, dass das Amt eines Reiters mehr Prestige mit sich brachte als das eines
Läufers. So bot zum einen ein Bote, der »hoch zu Ross« unterwegs war, einen ganz
anderen Anblick als ein Läufer, der sich ganz gewöhnlich zu Fuss fortbewegte. Zum
anderen dürften aber auch die Aufgaben für die Angehörigen der beiden Ämter
unterschiedlich ausgesehen haben. Während die Boten wohl in erster Linie einfa-
chere Aufträge innerhalb des bernischen Untertanengebiets ausführten, wurden
Reiter mehrheitlich für weitere Distanzen eingesetzt oder aber als Begleiter der
Ratsherren, die als Diplomaten unterwegs waren.
2.2 Die Kanzlei und das städtische Verwaltungsschriftgut
Wie in anderen mittelalterlichen Städten, bildete auch in Bern die Kanzlei^ das
Nervenzentrum der gesamten Verwaltung - sowohl der städtischen als auch derje-
nigen des grossen Territoriums. Sie war zwar nicht handlungsbefugt und agierte
praktisch ausschliesslich »auf Anweisung von oben«, doch wäre der Rat ohne das
Wissen ihrer Mitarbeiter völlig hilflos gewesen. Nicht nur fertigten diese die zahlrei-
chen Schreiben aus, die eine reibungslose Kommunikation sowohl mit den eigenen
Untertanengebieten als auch mit den Nachbarn und anderen Mächten erforderte,
sondern garantierten mindestens ebenso sehr die Rechtssicherheit für die Stadt und
ihr Landgebiet, indem sie die Verträge und überhaupt das gesamte anfallende
Schriftgut verwalteten. Darüber hinaus wurden sie vom Rat als Diplomaten einge-
setzt und traten gegen aussen auch immer wieder als offizielle Repräsentanten der
Stadt auf^L Besonders wichtig war in Bern zudem, dass der jeweilige Vorsteher der
Kanzlei über juristische Fähigkeiten verfügte. Da die Berner Ratsherren in der Regel
nicht selber studiert hatten^, waren sie darauf angewiesen, in Rechtshändeln auf
325 Wie beim Weibelamt war auch beim Reiter und Läufer eine gleichzeitige Mitgliedschaft im
Grossen Rat nicht möglich, da auch sie gemäss ihrem Eid dieser Institution zu Diensten zu
sein hatten.
326 Eine umfassende Arbeit zur bernischen Kanzlei fehlt abgesehen von einigen spezifischen
Untersuchungen (z.B. SuLSER, Cyro, insbes. S. 68-74, EscH, Alltag, S. 36-43, ZAHND, Studium,
S. 453-476) leider noch immer. Da eine entsprechende Untersuchung an dieser Stelle nicht
geleistet werden kann (sie würde den Rahmen bei weitem sprengen!), sollen im Folgenden
zumindest die wichtigsten Grundzüge dieser Institution nachgezeichnet werden.
327 Genau diese Vielfalt von Aufgaben kommt denn auch im Eid der Stadtschreiber aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts zum Ausdruck. Vgl. RQ Bern Stadt 1/11, S. 523 (Stadtbuch, Art. 125).
328 ZAHND, Studium, S. 474f.
II. Die Verwaltung der Stadt
liegt der Prozentsatz derjenigen, die vor oder nach dieser Tätigkeit ebenfalls dem
Rat der CC angehört haben, immerhin noch bei 17 Prozent, bei den Läufern hinge-
gen nur noch bei 12 Prozent, ist also nur gerade noch halb so hoch wie bei den Wei-
belrPA Das hohe Ansehen des Weibelamts war einerseits sicherlich darin begrün-
det, dass es seit der Gründung der Stadt Bern existierte, während die beiden
anderen Ämter erst um 1400 geschaffen wurden. Andererseits dürfte es gerade für
ältere Amtsträger aber auch angenehmer gewesen sein, den Dienst in der eigenen
Stadt verrichten zu können und nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit auf dem
Sprung zu sein, um die Stadt im Auftrag der Obrigkeit zu verlassen. Ebenfalls ver-
ständlich ist, dass das Amt eines Reiters mehr Prestige mit sich brachte als das eines
Läufers. So bot zum einen ein Bote, der »hoch zu Ross« unterwegs war, einen ganz
anderen Anblick als ein Läufer, der sich ganz gewöhnlich zu Fuss fortbewegte. Zum
anderen dürften aber auch die Aufgaben für die Angehörigen der beiden Ämter
unterschiedlich ausgesehen haben. Während die Boten wohl in erster Linie einfa-
chere Aufträge innerhalb des bernischen Untertanengebiets ausführten, wurden
Reiter mehrheitlich für weitere Distanzen eingesetzt oder aber als Begleiter der
Ratsherren, die als Diplomaten unterwegs waren.
2.2 Die Kanzlei und das städtische Verwaltungsschriftgut
Wie in anderen mittelalterlichen Städten, bildete auch in Bern die Kanzlei^ das
Nervenzentrum der gesamten Verwaltung - sowohl der städtischen als auch derje-
nigen des grossen Territoriums. Sie war zwar nicht handlungsbefugt und agierte
praktisch ausschliesslich »auf Anweisung von oben«, doch wäre der Rat ohne das
Wissen ihrer Mitarbeiter völlig hilflos gewesen. Nicht nur fertigten diese die zahlrei-
chen Schreiben aus, die eine reibungslose Kommunikation sowohl mit den eigenen
Untertanengebieten als auch mit den Nachbarn und anderen Mächten erforderte,
sondern garantierten mindestens ebenso sehr die Rechtssicherheit für die Stadt und
ihr Landgebiet, indem sie die Verträge und überhaupt das gesamte anfallende
Schriftgut verwalteten. Darüber hinaus wurden sie vom Rat als Diplomaten einge-
setzt und traten gegen aussen auch immer wieder als offizielle Repräsentanten der
Stadt auf^L Besonders wichtig war in Bern zudem, dass der jeweilige Vorsteher der
Kanzlei über juristische Fähigkeiten verfügte. Da die Berner Ratsherren in der Regel
nicht selber studiert hatten^, waren sie darauf angewiesen, in Rechtshändeln auf
325 Wie beim Weibelamt war auch beim Reiter und Läufer eine gleichzeitige Mitgliedschaft im
Grossen Rat nicht möglich, da auch sie gemäss ihrem Eid dieser Institution zu Diensten zu
sein hatten.
326 Eine umfassende Arbeit zur bernischen Kanzlei fehlt abgesehen von einigen spezifischen
Untersuchungen (z.B. SuLSER, Cyro, insbes. S. 68-74, EscH, Alltag, S. 36-43, ZAHND, Studium,
S. 453-476) leider noch immer. Da eine entsprechende Untersuchung an dieser Stelle nicht
geleistet werden kann (sie würde den Rahmen bei weitem sprengen!), sollen im Folgenden
zumindest die wichtigsten Grundzüge dieser Institution nachgezeichnet werden.
327 Genau diese Vielfalt von Aufgaben kommt denn auch im Eid der Stadtschreiber aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts zum Ausdruck. Vgl. RQ Bern Stadt 1/11, S. 523 (Stadtbuch, Art. 125).
328 ZAHND, Studium, S. 474f.