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Studer Immenhauser, Barbara; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Verwaltung zwischen Innovation und Tradition: die Stadt Bern und ihr Untertanengebiet 1250 - 1550 — Mittelalter-Forschungen, Band 19: Ostfildern, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.34733#0235
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1. Territorialisierung

219

Während St. Johannsen, Gottstatt und Hettiswil bis zum Ende des Ancien Re-
gime in dieser Form erhalten blieben, wurde Thorberg in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts in den Status einer Vogtei erhoben (allerdings weiterhin ohne
Hochgericht), Herzogenbuchsee der Vogtei Wangen eingegliedert und Thunstetten
1721 schliesslich noch als patrizische Twingherrschaft an den General Hieronymus
von Erlach verkauft^. Hochgerichtlich blieb sie allerdings weiterhin dem Vogt von
Aarwangen unterstellt. Alle übrigen ehemals klösterlichen Güterkomplexe waren,
weil sie nur über wenig Besitz verfügten respektive ihre Klostergüter allzu zerstreut
lagen, direkt nach der Reformation in die sie umgebenden Vogteien eingegliedert
worden: der Vogtei Signau, TTtt& Trachselwald, Rhcgsan Brandis und
Wanygrz der gleichnamigen Vogtei (vgl. Anhang, Karte 4).
Nur gerade acht Jahre nach diesem gewaltigen Gebietszuwachs im Zusam-
menhang mit der Reformation gelang es der Stadt Bern erneut, ihr Untertanengebiet
weiter auszudehnen. Indem Bern das gesamte Waadtland zwischen dem Neuen-
burgersee und Genf nun endgültig eroberte, konnte es sein Untertanengebiet auf
einen Schlag beinahe verdoppeln/^/ Das Gebiet wurde reformiert - was offiziell
der Grund für den Eroberungszug gewesen war - und zuerst nur in die sechs
yes (oder Vogteien) Yverdon, Moudon, Vevey, Lausanne, Thonon und Gex geglie-
dert^/ Bereits 1563/64 musste Bern allerdings das südlich des Genfersees gelegene
Pays de Gex an die Herzoge von Savoyen zurückerstatten^L Nur wenige Jahre
später kam es zudem zu einer völligen Neuorganisation der eroberten Gebiete. Die-
se wurden nun in die zehn Vogteien Avenches, Haut-Cret, Lausanne, Morges,
Moudon, Nyon, Payerne, Romainmötier, Vevey und Yverdon eingeteilposo (vgl.
Anhang, Karte 5).

1.3 Die Gründe für die exzeptionelle Grösse von Berns Territorium
Versucht man die Gründe, die dazu geführt haben, dass Bern in der Mitte des
16. Jahrhunderts über ein Territorium herrschte, das mit 9'000 knV gut fünfeinhalb
mal so gross war wie das nächst grössere städtische Territorium (Zürich), zusam-
menzufassen, so lassen sich folgende Punkte festhalten:
Der Stadt Bern gelang es bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Terri-
torialrechte ausserhalb ihrer Stadtmauern in ihren Besitz zu bringen. Dies bedeutet,
dass sie mindestens ein halbes Jahrhundert früher damit begann, sich ein eigenes
Untertanengebiet aufzubauen, als alle anderen eidgenössischen Städte. Zürich

1076 RQ Oberaargau, S. LXXV.
1077 Neuere Literatur zu diesem Thema existiert nur beschränkt: Vgl. z.B. De Tours ä la cocarde,
S. 117 sowie Karte S. 11 und HuBLBR, Histoire, S. 94-100. Für eine ausführliche und detaillierte
Darstellung der Ereignisse vgl. das 1936 zur 400-Jahr-Feier der Eroberung auf Französisch
und fünf Jahre später auch auf Deutsch übersetzte Werk von CHARLES GiLLARD.
1078 GiLLARD, Eroberung, S. 146.
1079 Vgl. HLS-Artikel >Pays de Gex< (z. Zt. nur elektronisch abrufbar).
1080 Als weitere Vogteien im heutigen Waadtland kamen 1701 noch die NfOMm'e d'Aubonne dazu
und 1711 wurde schliesslich auch das Gebiet der ehemaligen Abtei Bonmont in eine gleichna-
mige hnlhäge umgewandelt. Vgl. FluBLER, Histoire, S. 102f.; mit Karte.
 
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