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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0109

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108

Entwicklung. Die Rolle der Herolde im mittelalterlichen Turnier

zum fürstlichen Haus verfügte. Den Herausforderern hingegen genügten als
Zugangsvorrausetzungen die geringste Adelszugehörigkeit und das Aufbrin-
gen der finanziellen Mittel, während ausländische Gäste häufig Schreiben
ihrer Herren mit sich führten und Zeugen aufbrachten, die ihre sozialständi-
sche Qualität bestätigten.308 Hinzu kam, dass die Initiatoren der Pas d'armes
durch die Versendung von Einladungsschreiben mittels Herolden schon im
Vorfelde eine Selektion der möglichen Kämpfer Vornahmen. Diese Regelun-
gen hatten zur Folge, dass der Kreis der Teilnehmer weitestgehend bekannt
war, der finanzielle Aufwand den niederen Adel ausschloß und die Beziehung
zum Fürsten darüber entschied, wer überhaupt in Betracht kam eine solche
Veranstaltung ausrichten zu können.309 Es lässt sich daher festhalten, dass in
Frankreich die Struktur der Pas d'armes die Durchsetzung von so strengen
Zulassungskriterien wie bei den Turnieren der Vier-Fande, unnötig machte.
Da die Pas d'armes das Ziel verfolgten den Verteidigern wie Herausforde-
rern die Möglichkeit zu offerieren, sich einen möglichst großen Zugewinnn
sozialer Auszeichnung anzueignen und die materielle Potenz des Veranstal-
ters zur Schau zu stehen, lag das Hauptaugenmerk der Veranstaltung darauf,
einen äußerlichen Rahmen zu bieten, der einem höhschen Fest angemessen
war. Bei der Überwachung der Taten und der Umsetzung der formalen Aus-
gestaltung der Veranstaltung kam den Herolden eine große Bedeutung zu. Sie
boten sich aufgrund ihres Wissens um Formen, Personen und Wappen als
ausgewiesenes Fachpersonal vor und während der Veranstaltung an. Dem
Schiedsgericht standen sie als institutionale Registratoren mit ihren Aufzeich-
nungen zur Seite, aus denen die Taten der Kämpfer und die Konformität mit
den Regeln des Kampfes hervorgingen und die die Bewertungsgrundlage für
die Zuerkennung sozialer Anerkennung darstellten. Diese Aufzeichnungen,
die von den Historiographen als zuverlässigste Quelle zu den Veranstaltungen
bewertet wurden, dienten abschließend dem Kampfgericht als Grundlage zur
Bestimmung des Siegers, der von den Damen oder in deren Namen von den
Herolden ausgezeichnet wurde. Diese Ergebnisse lassen bereits strukturelle
Unterschiede in der Einbeziehung der Herolde in den Turnierablauf im Ver-
gleich zu den Aufgaben der Herolde im Rahmen der Turniere der Vier-Fande
erkennen, die es abschließend zu verdeutlichen und zu kontextualisieren gilt.
Aus diesen Ausführungen folgt, dass die deutschen wie französischen He-
rolde in ihrer Eigenschaft als institutionale Funktionsträger bei der Durchset-
zung der gewünschten Formalisierung und Stilisierung des Turniers überein-
stimmten.

308 So beim besprochenen Pas de la Fontaine des Pleurs: [...] tous nobles chevaliers et aussi escuyers,
nobles de quatre lignées et sans reproche, lesquels de leur noblesse seront tenus défaire apparoir par les
scellés d'aucuns princes ou chevaliers ou d'un officier d'armes digne defoy, qu'ils soinet des condi-
tions dessus dites, par ainsy que celuy qui touchera le premier aucune desdites journées, sera tenu, en
dedans le sixième jour après ensuivant, [...]; Chastellain, Le livre des faits de Jacques de La-
laing, S. 189.
3°9 Nadot, Joutes, S. 269-271.
 
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