Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0131

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
130

Heroldsamt. Ursprung, Ausbildung, Institutionalisierung

ben Johannas von Valois, Frau Wilhelms III. von Holland (Haus Avesnes) und
Schwester des französischen Königs. Unter zahlreichen Zahlungen an
ménestrels, trompeurs und jongleurs365 findet auch der Heroldsbegriff gemessen
an späteren Jahren in noch bescheidener Weise Verwendung. Bei Turnieren
waren die Herolde wie in den höfischen Romanen als Ausrufer und
Lobpreiser tätig und erhielten dafür Geschenke; so beispielsweise im Rahmen
eines Turniers zu Mons (Hennegau) im Jahr 1327 und weiteren in den Jahren
1341 und 1363.366 Auch das bereits angesprochene Phänomen der „Li ter arisi e-
rung" der Turniere findet sich in den Rechnungsbüchern wieder. So erschien
im Jahr 1346 ein Marschall der Herolde von Brabant am holländischen Gra-
fenhof, der das Fest von König Priamos zu Brügge ankündigte, worin ein
Hoffest nach dem literarischem Vorbild des Aneasroman zu sehen ist.367 Im
Jahr 1363 erhalten zwei coninghen van den hyrauden Geschenke im Rahmen
eines steecspele van der Karre, wobei es sich um ein Turnier gehandelt haben
wird, das auf das Vorbild des bereits mehrfach erwähnten Romans des /Kar-
renritters' (Le chevalier de la charette) des Chrétien de Troyes ausgerichtet
war.368 Dieses Beispiel macht zugleich darauf aufmerksam, dass das Konzept
der „Könige der Herolde" auch in Holland bekannt war. In bekannter Weise
fällt ihnen die Aufgabe zu, die Verteilung von Geschenken unter den anwe-
senden Herolden vorzunehmen.369 Hinweise auf eine klare hierarchische Or-
ganisation finden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Am Beispiel der holländischen Rechnungen unter Albrecht I. von
Straubing-Holland, zweitem Grafen von Holland aus dem Haus Wittelsbach,
lassen sich auch Informationen über die Konstitution der Gruppe der Herolde
und ihr Verhältnis zur funktionalen Gruppe der Hofunterhalter gewinnen.370
Ein Teil der Herolde scheint im 14. Jahrhundert nämlich ihren Vorgängern des
13. Jahrhunderts ähnlich weiterhin ohne feste Herren geblieben und in ihrer
Tätigkeit noch eng mit anderen Mitgliedern aus der Gruppe der fahrenden
Leute verbunden gewesen zu sein. Dort begegnet in den Jahren 1361-1364
z. B. der Herold Vrouwentroest, dessen lautmalerischer Name ,FrauentrosT sich
stark an literarisch-höfische Beispiele anlehnt. Bezeichnend hierfür ist, dass er
an anderer Stelle auch als fleuter bezeichnet wird.371 Vergleichbare Beispiele
sind die Erwähnung Jan Dille, Jan Visieres oder Godekins von Maastricht, die

365 Rekeningen, Bd. 1, hg. von SMIT, S. 555 (u.a.).
366 Rekeningen, Bd. 3, hg. von Hamaker, S. 33 und Geschiedenis, Bd. 3, hg. von Jonckbloet,
S. 595 (1341) und Ebd., S. 626 (1363).
367 Ebd., S. 597. Zum literarischen Vorbild siehe Carla CREMONESI: Art. Aeneasroman, in: Lexi-
kon des Mittelalters, Bd. 1 (1980), Sp. 182-184.
368 (1363) Item 2 coninghen van den hyrauden, van den danc die miin here hadde van den steecspele van
der Karre 12 mott., tstic 17 st. 8 d., ft. 11 Ib. 4 st. Geschiedenis, Bd. 3, hg. von Jonckbloet,
S. 626. Siehe auch oben Anm. 368.
369 Rekeningen, Bd. 3, hg. von HAMAKER, S. 108,163 und 171.
370 Für die Regentschaft Wilhelms I., Bruder des Vorgenannten und erster holländischer Graf
aus dem Haus Wittelsbach, liegen keine edierten Rechnungsbücher vor.
Ebd., S. 571 und 577; Geschiedenis, Bd. 3, hg. von Jonckbloet, S. 631.

371
 
Annotationen