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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0164

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sich allerdings auf Adlige als Boten, die sich aufgrund ihres eigenen hohen
sozialen Status deutlich von Herolden unterscheiden, was es zu berücksichti-
gen gilt. Bei den Vorstellungen handelt es sich erstens um die körperliche Re-
präsentation. Dieses in den grundlegenden Studien von Horst Wenzel analy-
sierte Phänomen beschreibt den Status von Gesandten und Boten als vertraute,
persönliche, sogar körperliche Repräsentanten ihres Herrn, durch den dieser
gleichsam unmittelbar und selbst zu einem gleichrangigen, fürstlichen Kom-
munikationspartner sprechen kann. Es scheint der Wunsch gewesen zu sein,
die Kommunikation über Distanz wie ein Gespräch ablaufen zu lassen,
wodurch die gesamte Breite der Beziehungsaspekte, das ganze Spektrum
nonverbaler Kommunikation erhalten blieb.504 Hinzu kam die Vorstellung,
dass besonders bedeutsame und folgenreiche Handlungen, insbesondere Ver-
tragsabschlüsse nur in der direkten Begegnung von Herrschaftsträgern ge-
schlossen werden konnten.505 Diesem Bedürfnis nach face-to-face Kommuni-
kation kann die Vorstellung vom Boten als Träger von vox und fortitudo seines
Herren gerecht werden.506
Der Bote vertritt somit als Person den Herrscher, was zu einer Gleichset-
zung von Medium und Botschaft führen und in der Praxis fürstliche Beloh-
nung oder grausame Bestrafung zur Folge haben konnte.507 Aus diesem Grund
haben zum einen Gaben an Stellvertreter über diesen hinaus auch Verweis-
kraft auf seinen Herrn und zum anderen kommt er in den Genuss des Gast-

telalters, 16), S. 315-329; Ders.: Boten im frühen Mittelalter. Studie zur zeitgenössischen Pra-
xis von Kommunikation und Mobilität (im Druck); HÜBNER, Im Dienste ihrer Stadt; WALTER:
Informationen, Wissen und Macht.
504 Horst WENZEL: Boten und Briefe. Zum Verhältnis körperlicher und nichtkörperlicher Nach-
richtenträger, in: Gespräche, Boten, Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mit-
telalter, hg. von Dems., Berlin 1997 (Philologische Studien und Quellen, 143), S. 86-105, hier
S. 88. Diese Form der Kommunikation habe, so Wenzel weiter, darüber hinaus den Vorteil,
dass Bote und Botschaft wechselseitig substituiert werden können. Diese Form spiegle zu-
gleich eine gewisse Unsicherheit gegenüber dem geschriebenen Wort wieder, da der Verfas-
ser Formulierungen und die gewollte Deutung durch seine eigene Präsenz nicht länger absi-
chern könne. „Die mangelnde Determiniertheit eines solchen Textes lässt sich durch den in-
formierten (hörenden und sehenden) Boten oder Zeugen und später durch den Interpreten
als Mittler zwischen dem Autor und seinem Publikum beheben. Bis die Botschaften so aus-
differenziert werden, daß [sic] sie für sich selbst sprechen können, bleiben boteschaft und bote,
buch und bote lange Zeit so eng miteinander verbunden und so weitgehend austauschbar wie
die Verfahren des Hörens und Lesens."; Ebd., S. 92-93.
505 Jean-Marie Moeglin: La place des messagers et des ambassadeurs dans la diplomatie prin-
cière à la fin du Moyen-Âge, in: Le diplomate en question (XVe-XVIIIe siècles), hgg. von Eva
Pibiri, Guillaume POISSON, Lausanne 2010 (Études de lettres, 286), S. 11-35, hier S. 13.
506 Wenzel, Boten, S. 92 Anm. 13. Dabei stellt sich das Verhältnis von Brief und Botenkörper als
Nachrichtenträger als komplementär dar. Der Brief wird durch den Boten mündlich vorge-
tragen, kommentiert und ergänzt. Auch gibt es viele Beispiele, in denen der Wortlaut des
Textes gar nicht erkennen lässt, ob eine Botschaft mündlich oder schriftlich weitergegeben
wurde. Es konnte sogar geschehen, dass der ausgehändigte Brief nur eine Beglaubigung des
Boten und dessen Botschaft darstellte und keine konkrete Nachricht enthielt. So spricht der
Brief gelegentlich über den Boten, während dieser durch die Überbringung der Nachricht
zugleich den Brief in das Gespräch transportiert und ihn thematisiert; Ebd., S. 94.
507 ebd., S. 97.
 
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