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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0169

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Heroldsamt. Ursprung, Ausbildung, Institutionalisierung

gewiesen. Ähnliches hatten sie, wie bereits gesehen, zuvor schon im Rahmen
des Turniers verrichtet, indem sie Einladungen zu den Veranstaltungen ver-
teilt haben. Nun werden sie auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen
eingesetzt und über bringen Proteste, Kriegserklärungen oder Verhandlungs-
aufforderungen.519 Vor allem aber sprachen die Herolde jetzt für ihre Herren
und dies permanent. Während beispielsweise Gesandte oder Spielleute in
unterschiedlicher Intensität okkasionell als Vertreter ihrer Auftraggeber agie-
ren, repräsentieren die Herolde ihren Herrn immer und in allen Belangen.
Gleichzeitig wurde ihnen für ihre Missionen der Wappenrock ihres Herrn
überreicht, der zusammen mit dem Amtsnamen ihren Status als Repräsentan-
ten noch weiter bestärkte, wie er sich ab dem ersten Drittel des 14. Jahrhun-
derts herausbildete. Dieser Prozess bildet die Basis für die fortschreitende
Institutionalisierung der Herolde. Dies wird verständlich vor dem Hinter-
grund der Beobachtungen zu den hochmittelalterlichen Boten, da in dieser
Tradition die Sorge um ihre Vertrauenswürdigkeit und Wahrhaftigkeit deut-
lich hervortritt und nach Maßnahmen gesucht wird, eine gewisse Erwartungs-
sicherheit herzustellen.

5.1.4 Mehrfachloyalität
Herolde unterhielten aber nicht nur eine Beziehung zu einem, sondern gleich-
zeitig zu mehreren Adligen. Darauf deuten die oben aufgeführten Darstellun-
gen der Vergabe von Geschenken an die frühen Herolde des 13. Jahrhunderts
hin, was sich zeichnerisch umgesetzt auch in den Handschriftenillustrationen
der angeführten literarischen Werke wiederfindet. Die grogiere in der Mün-
chener Handschrift des „Willehalm von Orlens" aus dem letzten Drittel des
13. Jahrhunderts werden mit Mänteln und teilweise mit Pferdedecken gezeigt,
die ganze Sammlungen unterschiedlicher Wappen aufweisen und damit auf
ihre Gönner hindeuten.520
Diese Tradition setzte sich fort bis in das 15. Jahrhundert. Hier kann die
Darstellung eines Herolds im Basler Totentanz um 1440 oder das Bildnis des
Herolds Anton Tirol angeführt werden (Abb. 7 und 8).521 Als Kette oder auf
dem Mantel der Herolde waren Sammlungen von Wappen europäischer Adli-
ger angebracht. Die beabsichtigte Aussage bestand darin, den Herold als weit-

519 Die Darstellung bei Froissart enthält zahlreiche Beispiele für diese Tätigkeit, von denen
einige schon aufgeführt wurden; siehe oben Anm. 350. Schubert hat den Herold einen be-
sonderen Typ des Boten genannt, „den das Mittelalter mit seinem Hang, Funktionen zu ritu-
alisieren, hervorgebracht [hat]." Schubert, Fahrendes Volk, S. 102.
520 Vgl. oben Anm. 93.
521 Basler Totentanz, hg. von Franz EGGER, Basel 1990; François MAURER: Das einstige Toten-
tanzgemälde, in: Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Bd. 5: Die Kirchen, Klöster
und Kapellen, TI. 3, Basel 1966 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, 52), S. 289-315; Uli WUN-
DERLICH: Ein Bild verändert sich. Die Bedeutung der neuentdeckten Gouachen für die Re-
konstruktion des Basler Totentanzes, in: Totentanz-Forschungen. Handbuch zum 9. Interna-
tionalen Totentanz-Kongress. 17.-20. September 1998, Düsseldorf 1998, S. 87-111. Die Dar-
stellung des Herolds Anton Tirol findet sich am Anfang des von ihm ausgearbeiteten Wap-
penbuchs (München, BSB, cod. 310, fol. lar).
 
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