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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0247

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246

Medium adliger Kommunikation

Duell am Ende tatsächlich stattfand, bestand seine soziale Funktion doch darin
Auseinandersetzungen in einen Rahmen zu verlagern, der durch die im Ver-
gleich zum Krieg geringeren eingesetzten Mittel weniger Risiko in sich barg
und dennoch ein breites Spektrum an Eskalationsstufen offerierte. Es war ge-
rade die performative Funktion der Herausforderungen zu Zwei- und Grup-
penkämpfen innerhalb der adligen Kommunikation des späten Mittelalters,
welche sie zur Darstellung „ritterlicher" wie anderer Inhalte prädestinierte.742
Zur Durchführung solcher verabredeter Kämpfe im späten Mittelalter wurden
viele Bestandteile des Turniers übernommen, was zum einen auf der auch
diese Veranstaltungen prägenden adligen Kultur und ihren Normen beruhte.
Zum anderen qualifizierte dies die Einbeziehung der Herolde aufgrund ihrer
fachlichen Kompetenz, wie ihres Status zu deren Umsetzung, obwohl sie mit
der Durchführung von gerichtlichen Zweikämpfen originär nicht betraut wa-
ren.743
Zusammenfassend lassen sich bezüglich des Ursprungs der doppelten
Ausrichtung des Kriegsrechts auf eine moralisch-ethische und eine formal-
rechtliche Komponente zwei Erklärungsansätze vorstellen. Zum einen hat
Auch fühlt sich der englische König bei seiner Ehre angegriffen - puisque vous touchez nostre
honneur, nous vous voulons respondre. Für deren Umsetzung griffen beide Parteien auf Herolde
zurück, über die der Austauschprozess stattfand. Das Publikmachen der Auseinanderset-
zung war ebenfalls Teil der Konfliktführung, dem wir wahrscheinlich die Abschriften der in
der Chronik des Euguerrand de Monstrelet eingefügten Briefe verdanken; Monstrelet,
Chronique, Bd. 1, S. 49-67. Zur Motivik und der Unwahrscheinlichkeit von Fürstenduellen
trotz aufwendiger Vorbereitungen siehe Kintzinger, Westbindungen, S. 289-290; Gerald
Schwedler: Herrschertreffen des Spätmittelalters. Formen, Rituale, Wirkungen, Stuttgart
2008 (Mittelalter-Forschungen, 21), S. 243-253.
742 Während Huizinga im Duell eine „besondere Form ritterliche[r] Fiktion zum Zweck politi-
scher Reklame" sah; Huizinga, Herbst, S. 108, haben neuere Studien den Einfluss von Her-
ausforderungen zum Zweikampf auf die politische Realität und seine performative Feistung
herausgehoben siehe Moeglin, Fürstliche Ehre; Prietzel, Kriegführung, S. 297-302. Zur äl-
teren Forschung siehe den sich hiervon abwendenden und einen neuen Ansatz anbietenden
Aufsatz von Israel, Der vereitelte Zweikampf. Die gescheiterte Zweikampfverabredung
zwischen Karl I. von Anjou und Peter III. von Aragon interpretiert Israel überzeugend als
geplante Inszenierung, damit beide Fürsten sich als tapfere Ritter darstellen konnten. Auch
die Darstellung anderer Inhalte ist durch die performative Funktion der Herausforderungen
zum Zwei- und Gruppenkampf möglich; vgl. Martin KINTZINGER: Inszenierungen der Kai-
serherrschaft bei Karl V. Überlegungen zum Verhältnis von imperialer Tradition und univer-
salen Herausforderungen, in: Francia 38 (2011), S. 207-227, hier S. 222-224.
743 Zum Verhältnis von gerichtlichem Zweikampf und Herolden siehe Hiltmann, Herolds-
kompendien, S. 300-331. Im Winter 1380/81 kam beispielsweise einem englischen Ritter, der
unter Thomas von Woodstock, Graf von Buckingham, in den englischen Truppen diente,
welche die Belagerung von Nantes aufrecht erhielten, die Idee zu einem Gruppenkampf
(15 gegen 15) mit den Franzosen in der Stadt auf einer Insel in der Foire, um der Fange weile
zu begegnen. Durch den Abbruch der Belagerung kam es aber nicht dazu und der Kampf
wurde durch ein Turnier (5 gegen 5) in Vannes im März 1381 ersetzt. Weitere Übereinstim-
mung mit Turnieren in Friedenszeiten bildet die Art der Kämpfe, die in der Form des Tjostes,
also eines Fanzenstechens zwischen zwei Rittern abgehalten wurde. Mit der formal richtigen
Umsetzung, die von der Herausforderung, über die Einholung der Zustimmung des Herzogs
der Bretagne als Fandesherr, der Überbringung von Geleitbriefen für die Gegner bishin zur
Rolle der Schiedsrichter reichte, wurden ein englischer und ein französischer Herold betraut.
Jean Cabaret d'Orville : Fa chronique du bon duc Toys de Bourbon, hg. von Alphonse-
Martial Chazaud, Paris 1876 (Société de l'Histoire de France), S. 127-132.
 
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