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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0264

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Herolde und adlige Konflikte

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Fünf Tage nachdem der Zug in Mindelheim angekommen war, verkündete
der Herold angeblich im Auftrag der ihm übergebenen minderjährigen Kinder
in Bayern, dass alle Hauptleute die Kampfhandlungen einstellen sollten, um
Verhandlungen mit dem König zu ermöglichen. Dahinter ist wahrscheinlich
eine Weisung Maximilians an den Herold zu sehen, der zum Sprecher inner-
halb des königlichen Plans wurde, welcher darauf beruhte, den Zugriff auf die
Herzogskinder als politisches Druckmittel gegenüber den Anhängern der
gegnerischen Partei zu nutzen.789 Nicht nur wegen dieser herzoglichen Geiseln
konnte Maximilian I. als königlicher Schiedsrichter auf dem Kölner Reichstag
den Landshuter Erbfolgekrieg im Jahr 1505 beilegen. Wie es für hochrangige
Gefangene üblich war, wurden sie nach Ablauf ihres politischen Nutzens frei-
gelassen und im Fall der beiden Herzogssöhne mit Besitzungen aus dem Erbe
ihrer Mutter Elisabeth investiert.790
Zusammenfassend gilt es im Allgemeinen die höhere Ebene des Konfliktes
zu unterstreichen, die durch die Einbeziehung des Königs als Fixpunkt des
Reichsacht Verfahrens bedingt war. Bezüglich der Rolle der Herolde im Spezi-
ellen kann festgehalten werden, dass sie erstens außerhalb des üblichen Rah-
mens der adlig-höfischen Kultur in ein Rechtsverfahren eingebunden wurden,
obwohl ihre Einbeziehung in den Modalitäten nicht vorgesehen war. Dies
geschah zweitens in einem Prozess, der mit der Indienstnahme von Herolden
als Träger von Nachrichten in Rechtsfällen durch Sigmund begann, was durch
die erste Einbeziehung in ein Reichsachtverfahren unter Friedrich III. erweitert
wurde und der schließlich mit der Betrauung unterschiedlicher Aufgaben
seinen vorläufigen Abschluss fand. Die Funktion der Herolde kann drittens als
Repräsentanten des Königs, vertrauenswürdiger Überbringer von Rechtsdo-
kumenten mit politisch bedeutsamem Inhalt und Medium der öffentlichen
Bekanntmachung beschrieben werden.
7.4 Die Kriegserklärung im europäischen Kontext
Absagen stellen auch die Form dar mittels derer sich souveräne Fürsten laut
Aussage der kriegsrechtlichen Abhandlungen des 14. und 15. Jahrhunderts
gegenseitig den Krieg erklären sollten (bellum indicere).791 Allerdings bedingte
789 Ebd., Nr. 19491. Zur Instrumentalisierung von Geiseln und Unterschieden sowie Gemein-
samkeiten zwischen Geisel- und Gefangenschaft siehe Martin Kintzinger: Geiseln und Ge-
fangene im Mittelalter. Zur Entwicklung eines politischen Instruments, in: Ausweisung und
Deportation. Formen der Zwangsmigration in der Geschichte, hgg. von Andreas Gestrich,
Gerhard Hirschfeld, Holger Sonnabend, Stuttgart 1995 (Stuttgarter Beiträge zur histori-
schen Migrationsforschung, 2), S. 41-59.
79° Durch den Kölner Schiedsspruch vom 30.07.1505 fällt zwar der Hauptteil des Landshuter
Erbes Albrecht VI. von Bayern-München zu und die Söhne Ruprechts von der Pfalz erhalten
Besitzungen, aus denen das Herzogtum Pfalz-Neuburg entsteht, aber Maximilian I. verbucht
ebenfalls Gebietsgewinne; vgl. Deutsche Reichstagsakten, Mittlere Reihe, Deutsche Reichs-
tagsakten unter Maximilian I., Bd. 8: Der Reichstag zu Köln 1505, bearb. von Dietmar HEIL,
München 2008, S. 87-97 und Dietmar Heil: Kölner Schiedsspruch, 30. Juli 1505, in: Histori-
sches Lexikon Bayerns (http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45743;
letzter Zugriff am 17.04.2014).
Vgl. oben Anm. 734.

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